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Mordgier

Mordgier

Titel: Mordgier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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einem laufenden Fall in L.A.«
    »Das beantwortet meine Frage nicht.«
    »Ich berate manchmal die Polizei.«
    »Sind Sie einer von diesen Gedankenlesern wie im Fernsehen?«
    »Eigentlich nicht -«
    »Ich scherze nur. Ich weiß, was ein Psychologe tut. Herrje, jeder in dieser Generation ist so verdammt ernsthaft . Dann hat er also noch jemanden umgebracht, wie?«
    »Wer?«
    »Leonoras Bruder. Halbbruder. Der hat sie und das Nagelmädchen umgebracht. George, wären Sie so nett und würden mir eine Fresca und eine Scheibe amerikanischen Käse aus der Küche holen? Machen Sie zwei Scheiben draus, ich habe die Packung zusammen mit dem süßen kleinen Messer von The Sharper Image auf die Anrichte gelegt.«
    Cardenas ging, um sich um die Bestellung zu kümmern.
    Ich zog mir einen Stuhl heran.
    *
    Mavis Wembley knabberte an ihrem Käse und trank große Schlucke von ihrer Limonade. Sie reichte Cardenas die leere Dose, wischte sich den Mund ab und schaute befriedigt auf ihr unkrautbewachsenes Grundstück. »Ich weiß, dass es der Bruder gewesen ist, weil Leonora mir ein paar Wochen zuvor anvertraut hatte, dass sie Todesangst vor ihm hatte. Sie hatten verschiedene Mütter, aber denselben Vater, und der Vater hatte Geld, und er starb kurze Zeit, bevor sie mir verriet, dass sie Angst hatte.«
    »Machte sie sich Sorgen um einen Erbschaftsstreit?«, fragte ich.
    »Sie machte sich keine Sorgen, sie hatte Angst. Das ist das Wort, das sie benutzte.«
    »Wie heißt der Bruder?«, fragte Cardenas.
    »Weiß ich nicht, sie hat den Namen nie erwähnt, sprach immer als ›mein Halbbruder‹ von ihm. Betonung auf halb . Sie machte klar, dass es keine Nähe gab.«
    »Wie kamen Sie auf das Thema zu sprechen?«, fragte ich.
    »Sie machte mir eine Tönung und ließ immer wieder Sachen fallen, richtig schusselig. Was gar nicht Leonoras Art war, sie war immer ein gut koordiniertes Mädchen. Zauberhand nannte ich sie. Manchmal massierte sie mir noch Nacken und Kopfhaut, und das war besser als … egal. Als sie von Frisco hierherzog, waren alle Frauen glücklich, weil sie so gut war. Vor ihr hatten wir Sarah Burkhardt, die hier aufgewachsen war, ein bisschen zurückgeblieben, wenn Sie mich fragen, hat sich das Haareschneiden selber aus Büchern beigebracht, etwa so elegant wie tote Tiere am Straßenrand. Wir haben uns mit ihr abgefunden, weil sie alles war, was wir hatten. Gott sei Dank hat sie einen Truckfahrer geheiratet und ist weggezogen, und wir haben Leonora bekommen. Die ihr Handwerk von einem homosexuellen Spitzencoiffeur in Frisco gelernt hatte.«
    »Zauberhand«, sagte ich, »aber nicht an jenem Tag.«
    »Ungeschickte Finger. Ich fragte sie, was los sei. Sie sagte nichts. Ich sagte: ›Kommen Sie schon, raus mit der Sprache, es ist niemand außer uns hier.‹ Was auch stimmte. Nur ich und Leonora waren in dem Salon. Sie war gut, aber die Nachfrage nach ihren Künsten war nicht so groß, weil unsere weiblichen Einwohner glaubten, sie wären mit einer Packung Toni genauso gut dran. Wenn Sie sie gesehen hätten, hätten Sie das lächerlich gefunden.«
    Sie bat Cardenas um eine weitere Limonade.
    Als er erneut in das Wohnmobil ging, sagte sie: »Wir warten auf George. Damit ich nicht alles zweimal sagen muss.«
    »Natürlich, kein Problem.«
    »Glauben Sie, dass es ein guter Tipp ist - der Bruder?«
    »Der beste, den wir bis jetzt haben.«
    Cardenas kam zurück und riss die Lasche auf.
    »Vielen Dank, George. Zurück zu Leonora an jenem Tag. Ich konnte sehen, dass sie wirklich reden wollte, also drängte ich sie, bis sie es tat. Sie sagte, ihr Vater habe ein beträchtliches Vermögen hinterlassen, ihre Mutter sei schon tot, und ihre Stiefmutter sei krank. Deshalb würde das Geld gleichmäßig zwischen ihr und ihrem Halbbruder aufgeteilt, was ihr ganz recht war, es war genug für beide da. Aber sie wusste, dass er mit lediglich einer Hälfte nicht zufrieden wäre. Ich fragte: ›Was, ist er so ein Egoist?‹ Da brach sie zusammen und weinte. Sagte: ›Oh Mavis, wenn Sie nur wüssten. Er macht den Eindruck, ein schrecklich netter Mensch zu sein, der den Leuten immer Gutes tun möchte, er gibt den Obdachlosen was zu essen, lächelt kleine Kinder an und gibt ihnen Süßigkeiten, aber das ist nur eine Fassade. Tief in seinem Innern geht es nur um ihn selber, das war schon immer so, ich weiß, dass er mir wegen diesem Geld ernste Schwierigkeiten machen wird, und deswegen habe ich Angst.‹«
    Sie trank. Limonade tropfte auf ihr Kinn, und sie wischte

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