Mordgier
Milo hinterließ eine zornige Nachricht und wählte Wilson Goods Privatnummer.
»Niemand nimmt den Hörer ab. Scheiß auf seine Grippe, gehen wir dem Trainer auf den Wecker.«
19
Keine Autos hinter dem Maschendrahttor von Wilson Goods Haus. Keine Reaktion auf das Klingeln an der Tür.
Ein Anruf bei St. Xavier brachte die Bestätigung, dass Coach Good noch krankgemeldet war.
»Vielleicht ist er zum Arzt gegangen«, sagte ich.
Milo schaute sich den Panorama-Splitter zwischen dem Haus und seinem nördlichen Nachbarn an. »Der Bursche hat sich ein schönes Leben geschaffen … Okay, zurück in die Tretmühle.«
*
Sean Binchy schwenkte den Bentley-Schlüssel.
Seine Anwesenheit in Milos Büro bedeutete null Bewegungsfreiheit und rapiden Sauerstoffverbrauch.
»Hat Heubel ihn ohne Zögern rausgerückt?«, fragte Milo.
»Ich musste ihn ein bisschen bearbeiten, Loot. Ich hatte mir ausgerechnet, dass es ihm leichter fällt, wenn ich ihm von Shonsky erzähle, aber er ist ziemlich ausgeflippt, von wegen: ›Erzählen Sie mir doch so was nicht.‹ Die Vorstellung, dass sein Wagen in die Mangel genommen wird, gefiel ihm nicht, aber ich hab ihm klarmachen können, dass es wichtig ist.«
»Wo steht der Wagen?«
»Auf dem Parkplatz gegenüber«, antwortete Sean. »Zwei Cops haben gesehen, wie ich damit ankam, und sich köstlich amüsiert. Das ist eine besondere Erfahrung. Alle starren einen an.«
»Ich bin sicher, dass er Kat Shonsky aufgefallen ist«, erklärte ich.
Binchy sagte: »Eine Menge Frauen würden jemandem trauen, der so eine Kiste fährt.«
»Okay, Sean«, sagte Milo, »Sie werden sich die ganze Strecke bis zum Motorlabor anstarren lassen können. Ich rufe dort an und lasse den Papierkram vorbereiten.«
Binchy grinste und drehte an einem imaginären Lenkrad. »Sonst noch was, Loot?«
»Das reicht fürs Erste.«
»Da hab ich ja offenbar eine Lawine ins Rollen gebracht, was? Als ich Sie an dem Abend angerufen habe.«
»Es war offensichtlich eine Lawine, die ausgelöst werden musste, Sean.«
»Wenn Sie es so sehen«, erwiderte Binchy. »Unheimlich, oder?«
»Ohne unheimlich wäre das Leben sterbenslangweilig, Sean.«
»Apropos, würden Sie glauben, dass es eine gute Idee ist, wenn ich vielleicht in eine Position käme, wo ich wieder zum Morddezernat zurückgehen könnte?«
»Ich glaube, Sie sollten dafür sorgen, dass Sie zufrieden sind.«
»Also … haben Sie nichts dagegen?«
»Warum sollte ich was dagegen haben?«
Binchy nickte und ging.
»Vielleicht hat er eine glänzende Zukunft vor sich«, sagte ich.
»Wie kommst du denn darauf?«
»Wo er ganz alleine Lawinen ins Rollen bringen kann.«
*
Ich fuhr nach Hause, ging mit Blanche spazieren, aß Pizza mit Robin, checkte meine E-Mails.
Jede Menge dringlicher Kommunikation: sechs falsche Börsentipps, ein Angebot zur Verlängerung meines Penis, Anzeigen für zwei verschiedene Sorten organischen Viagras und Jason Blasco von DarkVisions.net , der wissen wollte, ob ich irgendwas Neues über den Bright-Tranh-Doppelmord in Erfahrung gebracht hätte, und mich informierte, dass er Bilder von einem der Köpfe gefunden habe, die Jeffrey Dahmer in seinem Kühlschrank aufbewahrt hatte (» total real fragen sie mich nicht wo ich die hehr habe« ).
Ganz unten war eine Nachricht von Sheriff George Cardenas:
Dr. Delaware, es sieht nicht so aus, als hätte Ansell Bright irgendwann Immobilien in Kalifornien unter diesem Namen oder als »Dale« besessen. Seine letzte bekannte Autozulassung stammt aus dem Jahr, in dem seine Eltern starben, und seine Adresse war ihr Haus in San Francisco. Morgen versuche ich, Ihnen ein JPG seines Führerscheinfotos zu schicken. Das Haus wurde kurz nach dem Tod von Mrs. Bright für 980.000 Dollar verkauft und hat seitdem zweimal den Besitzer gewechselt. Ich habe die Person ausfindig gemacht, die es beim ersten Mal gekauft hat. Das Geschäft wurde von Agenten abgewickelt, und der Käufer hat Ansell gar nicht kennen gelernt. Er hat aber bestätigt, dass Ansell der Verkäufer war, so dass wir annehmen können, dass Ansell einen netten Batzen Geld bekommen hat. Vielleicht hat er den Staat verlassen, um mehr Feuer für seine Kohle zu bekommen.
Ohne richterliche Anordnung konnte ich noch nicht auf Unterlagen der Sozialversicherung zugreifen, aber vielleicht hat das LAPD mehr Einfluss. Die einzige andere Sache, die mir einfiel, ist das, was Mrs. Wembley erwähnte: Leonora hätte ihr erzählt, dass Ansell Obdachlosen zu essen gegeben
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