MordLust
worden ist, wusste ich sofort, dass Sie mit mir darüber reden wollen. Es wär doch so einfach zu sagen: ›Da ist dieser schwarze Junge, er gehört zu’ner Gang, und er hat das eingefädelt.‹ Ich hab es aber nicht getan.«
»Ronnie, wir glauben nicht …«
»Lügen Sie mich nicht an, Sir«, sagte Ronnie. »Das ist eine zu ernste Sache.«
Smith nickte. »Okay.«
»Du wolltest gerade sagen …« ermunterte ihn Lucas.
»Ich wollte sagen, dass ich Tante Sugar wirklich lieb hatte,
und Mrs. Bucher mochte ich auch sehr gern.« Eine Träne lief ihm über die Wange, und er wischte sie nicht weg. »Tante Sugar hat mich großgezogen, wie meine Ma. Als Ma ihre Ausbildung gemacht hat, hat Tante Sugar die ganze Zeit auf mich aufgepasst. Als Tante Sugar den Job bei Mrs. B bekommen hat und ich auf die katholische Schule gewechselt bin, bin ich oft hierhergekommen, und Mrs. B hat mir Geld für kleinere Jobs gegeben. Sie hat mir mehr Geld gegeben, als sie gemusst hätte, und sie hat zu mir gesagt, wenn sie lange genug leben würde, würd sie mir mit dem College helfen. Ich hätte auf keinen Fall gewollt, dass diesen Menschen etwas zustößt. Ich hätte niemanden hierhergeschickt, egal wie viel es zu stehlen gab.«
Lucas kaufte ihm das ab. Falls der Junge log und mit Absicht diese Tränen erzeugen konnte, dann war er ein geborener kleiner Psychopath. Was natürlich möglich war.
Lucas spürte, dass John Smith genug hatte, Schuber zuckte mit den Schultern, deshalb hakte Lucas noch mal nach. »Was wurde denn gestohlen, mein Junge?«
»Das weiß ich nicht. Es wollte mich niemand nachsehen lassen«, sagte Ronnie.
»Kann ich mit ihm durchs Haus gehen?«, fragte Lucas Smith.
Smith nickte. »Mach nur. Sag mir hinterher Bescheid.«
»Sind wir jetzt fertig?«, fragte Ronnie.
»Vorläufig«, sagte Smith und lächelte zum ersten Mal. »Buch aber keine Trips nach Südamerika.«
Ronnies Gesicht war todernst. »Nein, Sir.«
Draußen im Flur stand Mrs. Lash mit dem Rücken an die Wand gelehnt und starrte auf die Tür. Sobald Lucas herauskam, fragte sie: »Was ist?«
Lucas zuckte mit den Schultern. »Ronnie hat angeboten, dass er mich durchs Haus führt.«
»Haben die irgendwas zu dir gesagt?«, wollte sie von Ronnie wissen.
»Nein. Sie glauben nicht, dass ich es getan hab«, erwiderte Ronnie.
Zu Lucas: »Ist das wahr?«
»Das haben wir nie wirklich geglaubt«, sagte Lucas. »Aber wir müssen alles überprüfen. Ist es okay, wenn er mich herumführt?«
Sie musterte ihn einen Moment lang mit jener Skepsis, der Lucas immer begegnete, wenn er als weißer Cop mit Schwarzen zu tun hatte. Dann wanderte ihr Blick zu ihrem Sohn hinüber. »Ich muss mit der Polizei über Sugar reden. Wegen dem Begräbnis. Du kannst diesem Mann helfen, aber wenn er versucht, dir irgendwas anzuhängen, hältst du den Mund, und wir holen uns einen Anwalt.«
»Ich möchte wissen, was diese Leute mitgenommen haben«, erklärte Lucas Ronnie. »Wir wissen, dass sie ein paar Elektronikgeräte gestohlen haben … eine Spielkonsole, wahrscheinlich einen DVD-Player. Was sonst noch?«
Sie fingen im Fernsehraum an. »Die haben einen DVD-Player, eine Xbox und einen CD-Player mitgenommen. Mrs. B hat gern hier gesessen und sich ihre Alben angehört. Sie hat rausgekriegt, wie man den CD-Player mit der Fernbedienung bedient, und da er hier an der Seite stand, brauchte sie sich nicht zu bücken, um eine CD einzulegen. Der DVD-Player war auf dem Regal unter dem Fernseher, und wenn sie sich so weit runterbeugte, kam sie nicht mehr hoch, deshalb musste Tante Sugar das machen«, sagte Lash. Er blickte in den Schrank. »Oh. Die haben die Spiele ja gar nicht mitgenommen.« Er wirkte nachdenklich, aber irgendwie anders, wie ein anderer Ronnie Lash, der über das Leben auf der Straße Bescheid wusste. »Die Spiele sind doch so gut wie Cash«, murmelte er vor sich hin.
»Deine Spiele?«, fragte Lucas.
»Ja. Aber warum haben sie die nicht mitgenommen?«
Lucas kratzte sich an der Nase. »Was sonst noch?«
»Im Anrichtezimmer des Butlers war eine Dose mit Geld.« Ronnie führte Lucas in die kleine Küche, in der er Rose Marie und die weinende Politikerin angetroffen hatte.
»Das ist ein Anrichtezimmer?«, fragte Lucas und blickte sich um. »Wozu zum Teufel braucht man das denn?«
»Die richtige Küche ist unten im Keller. Wenn ein großes Dinner gegeben wurde, wurde das Essen unten gekocht und kam dann mit diesem kleinen Aufzug hoch – das nennt man einen Stummen
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