Mords-Bescherung
scho gewaltig, wia die Sun iatz plötzlich oabrennt, ha? Wern ma
heier koane weißn Weihnachtn håb’n, wenn des so weidatuat.« 21
Als sein Blick weiterwanderte, hielt er plötzlich inne und starrte
verwundert auf den Fleck, an dem eine knappe halbe Stunde zuvor noch ein
prachtvoller Schneemann mit aufgemaltem Frackjackett gestanden war. Stattdessen
befand sich nun an dieser Stelle ein kleiner vereister Schneeklumpen, auf dem
ein schwarzer, feuchter Filzhut lag. Die Schneeglöckchen waren wenige
Millimeter unter dem glitzernden Eis gut sichtbar eingeschlossen. Aber das
Seltsamste war, dass unübersehbar und unmissverständlich ein breiter, mehrere
Meter langer Pfeil aus schwarzer Lebensmittelfarbe genau auf den Eingang des
Hauses zeigte. So, als hätte ihn jemand absichtlich in den Schnee gemalt.
»Wos is etz eppa des?! Unhoamlich, ha?!« 22
Der Chefinspektor zuckte die Schultern. »Des muass eppa ganz frisch
g’macht hab’n. Daweil ees inna auf mi gwort håb’s. Schåd um den Schneemånn. Der
wor schea. Mei, de Kinder wer’n bläan.« 23
»Und der Pfeil?!« Keffl schaute sich nach frischen Fußspuren um.
»Koa Åhnung, schaug wirklich ead aus.« 24
»Moanst is des a Zuafoi oder Åbsicht?« 25
»I woas net. Is ma eig’ntlich a egal. Semma dahi, Kollegen, mir
san eh scho z’spat dru.« 26
Dann setzten sich die drei Polizisten in ihren Dienstwagen und
rollten vorsichtig den schmalen, winterlichen Forstweg hinunter. Bereits wenige
Meter nachdem sie den abschüssigen Weg gefahren waren, noch vor der ersten
engen Kurve, verloren die metallenen Glieder der Schneeketten die Bodenhaftung,
und der Wagen begann zu rutschen. Er nahm mehr und mehr Geschwindigkeit auf,
war nicht zu beherrschen, schlitterte unkontrolliert über die Spurrillen
hinaus, kam in der Biegung vom Weg ab und rutschte in hohem Tempo geradeaus
über den Wegrand. Das Auto flog in weitem Bogen den steilen Abhang hinunter,
krachte durchs berstende Geäst der jungen Kiefern, die dem Gefährt keinen
nennenswerten Widerstand boten, überschlug sich mehrmals und kam nach dieser
brachialen Talfahrt mit einem dumpfen Aufprall auf dem Dach zu liegen. Der
Motor heulte laut, so als klemmte das durchgedrückte Gaspedal, und auch der
durchdringende Dauerhupton ließ unmissverständlich erkennen, dass das Steuer
des Wagens nicht mehr unter Kontrolle jener Person war, die ihn gelenkt hatte.
Und Herr Schneeberger fühlte das erste Mal so etwas wie Genugtuung.
Er hatte die Farbe seines Fracks in Form eines Pfeiles kunstvoll und unter
großer Kraftaufwendung vor dem Häuschen platziert. Er wollte den beiden Polizisten
Keffl und Christian unmissverständlich den Weg zum Mörder seiner Freundin
zeigen, falls sie trotz der eindeutigen Sachlage Zweifel gehabt haben sollten.
Da die beiden jedoch mit dem Mörder gemeinsame Sache machten, wollte
Herr Schneeberger keinen von den dreien entkommen lassen. Zu enttäuscht war er
über die unerfüllte Hoffnung auf Entlarvung des Täters durch die beiden Beamten
gewesen. Also war er kurzerhand den Berg hinuntergeflossen und hatte sich
vorerst als Pfütze großflächig vor und in der Kurve platziert. Als er gesehen
hatte, dass der Täter unter Mithilfe der Beamten zu entkommen schien, erkaltete
er und fror sich blitzschnell zu einer tückischen Eisplatte. Wie schon erwähnt,
das ist keine große Sache für einen Schneemann. Umwandlung von einem
Aggregatzustand in einen anderen. Aus kalt mach warm, aus fest mach flüssig.
Das klappt auch ganz hervorragend in die andere Richtung.
1 Himmelherrgott noch mal. Hier ist es saukalt. Na, das hat mir gerade noch gefehlt.
2 Ach was. Wenn Helmut ein Problem hat, dann müssen wir ihm helfen.
3 Und das einen Tag nach dem Adventssonntag. Na, die Woche fängt ja gut an.
4 Alsdann.
5 Sieh dir das an, Christian. Glaubst du, dass der umgebracht wurde, oder ist der von allein gestorben?
6 Die Engel backen Kekse!
7 Kevin, was machst du da?
8 Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst mich nicht Kevin nennen!
9 Ja, Keffl. Ich weiß. Ha, ha. Lass dich nicht von mir ärgern. Es ist gerade so über mich gekommen.
10 Ja, ist schon in Ordnung. Warte kurz, ich möchte nur noch ein paar Fotos und Notizen machen, um sie meiner Frau zeigen zu können.
11 Hmmm … Fünfzig pro Tag.
12 Würdest du das nicht wollen? Wäre das nichts für dich?
13 Nein, ganz sicher nicht. Ich bevorzuge das Meer.
14 Jetzt hör doch auf. Mir ist ohnehin
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