Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)
noch etwas zu früh, um Bier zu trinken, was Gabriel aber trotzdem tat. Er hatte versucht, von Steeken zu erreichen, aber der war unterwegs und wollte sich später melden.
»Was willst du eigentlich von ihm? Es war doch schon ein Rechtsmediziner da«, wollte Sandra wissen und prostete ihm zu.
»Ich habe Fotos von den beiden«, sagte Gabriel.
»Ach«, wunderte sich Sandra. »Die Kamera habe doch ich noch. Ich hatte dich extra gefragt, weil …«
»Ich hab mir eine ausgeliehen«, erklärte Gabriel leise.
»Ach«, wunderte Sandra sich wieder. »Von wem denn?«
»Ist doch egal.«
»Ach.«
»Sandra«, sagte Gabriel. »Wenn du jetzt noch einmal ›ach‹ sagst, schreie ich. Danke.«
Alfred stand mit zwei Tellern vor ihnen, und Gabriel lief mal wieder das Wasser im Mund zusammen. Rahmgeschnetzeltes mit Pilzen und Butterspätzle. Es war ihm völlig egal, dass es noch sehr heiß war, er stürzte sich darauf. Er musste unbedingt mit Berta wegen der Rezepte sprechen. Anders konnte er nicht überleben. Wie bekam sie es hin, dass das Fleisch außen so unglaublich knusprig und innen so wahnsinnig weich war? Lag das wirklich nur am Schmalz oder an was sonst?
Während er genussvoll aß, sah er ungläubig zu Sandra hin über, die sich allen Ernstes nur einen Salat ohne alles, nur mit Olivenöl und Essig, bestellt hatte. Wie konnte man hier freiwillig darben? Gabriel schwitzte wie ein Marathonläufer, aber es war ihm gleichgültig.
»Gut, ich sage nicht mehr ›ach‹, und ich frage auch nichts mehr«, sagte Sandra. »Erzählst du mir dann bitte freiwillig, was du mit von Steeken willst?«
»Ich habe ein komisches Gefühl bei der ganzen Sache«, erklärte Gabriel. Diese Pilze! Köstlich!
»Wegen der beiden Frauen?«
»Auch«, sagte er. »Aber nicht nur. Insgesamt eben.«
»Chef, so kommen wir auf keinen grünen Zweig«, sagte Sandra und kaute auf einer Scheibe Gurke herum. »Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, dass du mir mal erzählst, was in den letzten Stunden eigentlich genau passiert ist. Wie war das mit dem Teich und mit Mutter und überhaupt?«
Gabriel schaute auf den Boden, wo Mutter schon wieder schlief, nachdem sie ihre Mahlzeit unglaublich schnell und ratzeputz aufgefressen hatte.
»Lass mich nur erst aufessen, dann erzähle ich dir alles detailliert«, sagte er dann, und Sandra nickte und spießte eine Tomate auf.
Eine halbe Stunde später war Sandra im Bilde. Beide saßen am Tisch, dachten nach und belauschten die Gespräche der Gäste, die aber nur wenig Anhaltspunkte lieferten. Natürlich fanden alle die Morde ganz schrecklich, und dann noch in einem Teich …, aber wirkliche Bestürzung klang nicht aus den Worten. Das lag, so mutmaßte Sandra, möglicherweise daran, dass Reifenberger sowie Debus mitsamt ihren Frauen ein so zurückgezogenes Leben geführt hatten. Die einzige Ausnahme war offenbar Reifenbergers Mitgliedschaft im Angelverein gewesen. Einmal pro Monat war Stammtisch, zu dem er aber äußerst unregelmäßig erschienen war, weil er immer viel zu tun hatte.
»Die Angler sitzen da hinten«, sagte Alfred, der neue Getränke brachte. »Falls Sie mit denen sprechen wollen.« Er und Berta wussten mittlerweile, was Wolf und Sandra beruflich machten, und Alfred schien ein bisschen beleidigt zu sein, dass man ihn nicht gleich darüber informiert hatte.
Gabriel sah zu der Runde hinüber, wo gerade lautstark diskutiert wurde. Er war sich nicht sicher, ob es eine gute Idee war, jetzt dorthin zu gehen und Fragen zu stellen. Andererseits hatten die Männer schon einiges an Alkohol intus, und der lockerte ja bekanntlich die Zunge. An dem Sprichwort, dass Kinder und Betrunkene die Wahrheit sagten, war mit Sicherheit was dran.
Er schaute Sandra an, die genau wusste, worüber er nachdachte, und sie nickte. Beide erhoben sich und gingen durch den Wirtshaussaal zum Anglertisch.
•
Valentin Reifenbergers Angelfreunde waren zwar sehr gesprächig, aber zu sagen hatten sie eigentlich nichts.
»In den Jahren, seit die hier wohnen, waren die nicht einmal zusammen in der Schönen Aussicht«, sagte einer, der Hubert hieß und einen Schnaps nach dem anderen kippte. »Weder der Valentin mit der Susanne noch der Roland mit der Christa. Manchmal dachten wir, die seien schon weggezogen, gemerkt hätte es keiner.«
»Wieso wohnten die beiden Paare eigentlich hier?«, fragte Sandra. »So ein Immobilienbüro läuft doch in einer größeren Stadt viel besser, oder nicht?«
»Susanne hat die Luft in der Stadt nicht
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