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Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition)

Titel: Mordsberge: Vier Fälle für Kommissar Gabriel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin , Philip Tamm , Regula Venske , Steffi von Wolff
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allerdings, dass Sandra interessiert zuhörte, brachte Brettschneider mit einer Handbewegung zum Schweigen und sah sie an. Für den Bruchteil einer Sekunde blitzte dabei in seinen Augen etwas auf, was Sandra nicht genau einordnen konnte. Hass? Angst? Misstrauen? Noch bevor sie sich darüber klar werden konnte, hatte der Politiker schon wieder seine strahlende Fassade aufgesetzt. Es kam ihr vor, als wäre sein Gesicht von einer Schicht Teflon überzogen, von der nun wieder alles abperlte, was unangenehm werden konnte. Weidinger ließ ein dröhnendes Lachen hören, legte Sandra seine fleischige Hand auf den Arm und sagte, ganz der charmante Tischherr: »Na, Frau Berger, schmeckt es Ihnen denn? Nach der langen Wanderung müssen Sie doch richtig hungrig sein, oder? Sie im Norden sind solche Steigungen ja nicht gewohnt, oder?« Sandra beschloss, einfach mitzuspielen. Sie winkte mit einem Lächeln ab: »Sagen Sie das nicht, Herr Minister. Nicht so weit von Hamburg entfernt beginnt die sogenannte Holsteinische Schweiz. Da geht es auch ganz schön hoch und runter. Und auf unserem höchsten Gipfel im Norden, dem Bungsberg, kann man im Winter sogar Ski fahren.«
    Weidinger lachte wieder laut auf und erlaubte Sandra einen Blick auf sein halb gekautes Risotto. »Wie hoch ist Ihr Berg denn? Fünfzig Meter? Oder sogar sechzig?«
    »Von wegen! Satte hundertsiebzig Meter!« Alle lachten.
    Brettschneider schaltete sich mit sanfter Stimme ein: »Ich finde, Sie sollten gar nicht versuchen, mit unserer Berglandschaft hier zu konkurrieren, liebe Frau Berger. Schließlich hat der Norden doch viele andere Reize zu bieten. Ich fahre zum Beispiel seit vielen Jahren im Sommer nach Sylt, wie übrigens viele meiner bayerischen Mitbürger. Es ist nämlich nicht so, dass wir das restliche Deutschland nicht zu schätzen wüssten. Auch wenn uns das immer wieder unterstellt wird.«
    Brettschneider war im Gegensatz zu Weidinger ein eher leiser Mensch, der auch äußerlich so gar nicht dem Image eines bayerischen Politikers entsprach. Er war schlank, sogar fast asketisch, hatte schmale Hände, die eher zu einem Pianisten gepasst hätten, und verströmte außerdem den dezenten Hauch eines vermutlich sündhaft teuren Parfums.
    »Was genau machen Sie beide … pardon, natürlich waren Sie ursprünglich zu dritt … eigentlich hier oben? Ist das wirklich so eine Art Gipfeltreffen?«, erkundigte Sandra sich.
    Brettschneider wollte antworten, aber Weidinger fiel ihm lautstark ins Wort. Er lehnte sich weit zu Sandra vor und sagte: »Ach wo, Frau Sandra, alles, aber kein Gipfeltreffen. Schließlich haben auch wir Politiker ein Recht auf Freizeit, oder? Und da wir nun einmal einen gewissen Bekanntheitsgrad haben – auch wenn das noch nicht bis zu Ihrem Kollegen vorgedrungen ist –, hilft es, wenn wir uns gelegentlich zurückziehen. Schließlich wollen wir auch mal unsere Ruhe haben. Dass wir auch über Politik reden, versteht sich von selbst. Aber es geht uns dabei eher um die grundsätzlichen Fragen, für die im Tagesgeschäft einfach die Zeit fehlt.«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen«, sagte Sandra und lehnte sich ein wenig zurück. Auch Weidinger verströmte allerlei Düfte, nur konnte man sie kaum als sonderlich kultiviert bezeichnen. Es war eine Mischung aus Schweineschmalz, Tabak und dem aufdringlich riechenden Haargel, mit dem er seine kurzen schwarzen Haare eingerieben hatte.
    Sandra fragte weiter: »Aber ist es nicht riskant, so ganz ohne Personenschutz hierherzukommen?« Der Minister atmete schnaubend durch die Nase aus. »Ich glaube nicht, dass unsere Bodyguards uns vor herabfallenden Steinen schützen können … wenn Sie das gemeint haben.«
    Nein, das habe ich nicht gemeint, dachte Sandra, beschloss aber, das heikle Thema fallen zu lassen. Stattdessen gab sie noch das eine oder andere über die Vorzüge des Südens und des Nordens von sich. Richard Maurer, der neben Weidinger saß und bisher leise auf seine schweigsame Frau eingeredet hatte, schaltete sich nun in das Gespräch ein. Er erzählte, dass es ihn sogar noch weiter in den Norden Europas zog, zumeist nach Norwegen. Dorthin würden er und seine Frau alle paar Jahre zum Langlaufen fahren.
    Während Brettschneider ebenfalls eingestand, ein Skandinavien-Fan zu sein, bekannte Weidinger sich ausdrücklich zu Südeuropa und insbesondere zu Italien. »Das ist ein Land, wo die Menschen es noch wirklich verstehen, zu leben. Die Menschen ganz allgemein, aber eben auch die Politiker.«
    Sandra

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