Mordsdeal
nicht diesen Floh ins Ohr gesetzt mit den Pillen, würde der Alte noch leben.«
Hilla wischte sich ihre nasse Stirn trocken. »Wer? Heiner?«
Gitti sah sie groß an. Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. »Nein, der, den du da im Wagen hast.«
Auch Hilla wurde nachdenklich. Heiner hatte den Namen Daniel Looser jedes Mal erwähnt, wenn er von Verfolgung, Auflauern und Dreistigkeit sprach. Als Heiner und sie das allererste Mal … und er sich auf den Weg zum Auto machte, kam er kurz darauf zurück und war außer sich, dass dieser Looser ihm sogar bis Neersen gefolgt war. Sie beide waren ihm anschließend mit ihrem Wagen nach Moers bis vor die Haustür gefolgt, änderten aber in letzter Sekunde ihr Vorhaben.
»Mach voran! Fahr los!«, rief Gitti.
Normalerweise hätte Hilla jetzt die Handbremse lösen und den Wagen zu sich nach Hause schieben können, denn sie wohnte ja direkt nebenan, aber sie setzte sich ins Auto, hustete erbärmlich und startete den Motor. Gitti sah ihr lange nach, ohne zu winken. Ihr Abschiedsschmerz hielt sich in Grenzen.
Romeo fuhr mit Heiners Wagen Richtung Heimat. An der Ampel musste er warten und die Linksabbieger vorbeilassen. Einen davon kannte er, darin saß seine Tante Hilla. Romeo wurde sofort daran erinnert, wie hinterlistig sie gewesen war, und grüßte zum Verrecken nicht. Auch seine Tante sah es anscheinend nicht ein, sie duckte sich sogar.
Zu Hause angekommen suchte er erst einmal seine Mutter, um ihr die erfreulichen Neuigkeiten zu berichten. Sie putzte noch immer in Heiners Arbeitszimmer. Romeo blieb in der Tür stehen.
»Hallo, bist du immer noch dran? Meinst du nicht, du übertreibst ein wenig?«
Gitti sah sich hektisch um und hielt sich ihr Herz. Sie sank auf den Drehstuhl, den sie gerade abgeledert hatte.
»Wie kannst du mich so erschrecken? Lass uns rausgehen. Ich war lange genug hier drin.«
»Nicht nötig. Ich wollte dir nur kurz sagen, dass ich schon bald ausziehe. Dann bist du mich endlich los, und wir müssen uns nicht mehr streiten. Ich ziehe mit Sameja Becker in eine WG nach Krefeld. Krefeld ist gar nicht so übel. Von da aus haben wir gute Bahnund Busverbindungen.«
»Mit Sameja, der neuen Freundin von Mia? So ist das also, ihr steckt alle unter einer Decke.«
»Was hast du denn? Wieso sollten wir unter einer Decke stecken? Ist es jetzt verboten, sich mit seinen Bekannten gut zu verstehen? Übrigens, ich habe Mia gebeten, uns morgen Abend besuchen zu kommen. Sie hat Vaters Laptop-Dateien unter die Lupe genommen und Erkundigungen eingeholt. Dabei hat sie Interessantes herausgefunden.«
»Das ist ja wohl die Höhe! Du hast was?«
»Habe ich doch gerade gesagt: Ich habe Mia eingeladen. Du wirst dich wundern.«
Romeo wunderte sich jetzt schon, wieso seine Mutter so vollkommen anders geworden war.
*
Hilla war mit dem Wagen durch die Nacht geirrt. Zum ersten Mal verstand sie Heiner, was es bedeutete, eine Leiche mit sich zu führen und sie nicht loszuwerden. Nicht, dass sie es wirklich versucht hätte. Nein, sie fuhr einfach nur so durch Viersen, zurück nach Anrath, eine kurze Strecke über die Autobahn nach Willich, Abfahrt Neersen. Im Carport vor seinem Haus blieb sie eine Weile im Auto sitzen. Sie schaltete das Licht aus und zündete eine Zigarette an, die sie im Handschuhfach in einer zerdrückten Packung gefunden hatte. Es war keine gute Idee, mit ihm hierherzukommen und ihn wieder in seine alte Heimat zu bringen. Es musste eine andere Lösung geben, aber welche? Vom Rücksitz her wurde der Gestank immer unerträglicher, oder bildete sie es sich nur ein? Hilla drückte die Zigarette in den Aschenbecher, startete den Wagen und machte, dass sie nach Anrath kam.
Wozu gab es Zwischenlösungen? Sie fuhr mit dem Fiat auf den Hof, parkte ihn in der hintersten Ecke des Schuppens, legte eine Plane drüber. Dort stand er über Nacht – samt Gepäck – erst einmal gut. Der Alte lief ihr nicht mehr weg, aber spätestens morgen musste sie sich entscheiden, was mit ihm zu tun war. Danach besorgte sie sich erst einmal 10 Flaschen Lufterfrischer und Lemon-Cockpitspray.
15
Mia war spät dran. Sie hatte getrödelt, aber nicht an irgendeinem Stand, sondern im Badezimmer, bei ihren Restaurierungsarbeiten, wie sie es immer nannte. Wie sollte es erst mit 50 werden? Brauchte sie dann einen halben Tag dafür? Ihr graute es. Ob sie sich schon in den vorzeitigen Wechseljahren befand? Jedenfalls kam sie sich seit ihrem letzten Geburtstag im April so fürchterlich
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