Mordsdeal
Gitti.
»Wenn der Rechner hochfährt und die Programme geschützt sind, dann erscheint die Aufforderung: ›Bitte geben Sie Ihr Kennwort ein‹. Daneben steht ein Fragezeichen. Mit einem Klick und nur wenn man Glück hat, ist da ein weiterer Hinweis zum Kennwort. Heiner hatte als Hilfe eingegeben: Woher stammt die dämliche Vase? Erinnerst du dich? Du hattest es mir verraten, als ich bei dir war, weißt du noch? Murano hast du gesagt. Anschließend bist du rot geworden. Der Hinweis dazu fehlt mir aber.«
Gitti wurde wieder rot. Seit Heiners Tod kannte niemand mehr den Grund, und sie würde es nie erzählen. Trotzdem war diese Erinnerung nicht wegzudenken.
»Also …«, versuchte Mia es ein zweites Mal. Romeo rückte seinen Stuhl näher an Mia, die nun den Laptop geöffnet hatte und das Programm hochfuhr. Sie gab das Kennwort ein. Die Icons erschienen auf dem Hintergrundbild, das Heiner im Anzug zeigte, die Laptoptasche in der Hand, mit einem erfolgsorientierten Lächeln auf den Lippen. Gitti schrie auf. Die Digitalkamera hatte ganze Arbeit geleistet und ließ ihn wirklichkeitsgetreu in 1024 x 768 Pixel erscheinen. Mia ließ das kalt, sie hatte sich nur anfangs erschrocken, musste sofort an Zerberus, den Höllenhund, denken, der den Eingang zur Unterwelt bewachte. Heiner als Wächter seiner Dateien.
»Ich habe eine Datei gefunden, in der sich Informationen über den Tablettenhandel befinden.«
»Tabletten?«, rief Romeo. »Mein Vater soll Tabletten verkauft haben?«
»Das wundert mich jetzt auch«, sagte Gitti in einem Tonfall, der Mia aufhorchen ließ. Sie klickte durch die Dateien.
»Hier ist der Text für den Beipackzettel, den er scheinbar selbst geschrieben hatte.« Die Werbeagenturen leisten sich ja heutzutage einiges, aber so schlimm …
»Die Tablette heißt sinnigerweise Wunderpille und es gibt keinerlei Nebenwirkungen, keinerlei Unverträglichkeiten und keine wechselseitigen Wirkungen. Das allein wäre schon ein wahres Wunder. Die Wunderpille aus dem Hause Dr. Puls bietet eine Reihe an Vorteilen, so steht es hier zumindest.«
Romeo löste Mia im Lesen ab. Es ging ihm alles nicht schnell genug. »Gegen Konzentrationsschwäche, Vergesslichkeit, Altersdemenz, Blasenschwäche, Zittern, Alkoholunverträglichkeit, Ermüdungserscheinungen, Schlafkrankheit … Meine Güte, so geht es immer weiter.«
»Sag ich doch, eben eine Wunderpille. Umso mehr wundert es mich, wieso hier keine Inhaltsstoffe angegeben sind, wenn sie so harmlos ist. Na ja. Die nächste Datei«, Mia klickte auf das schwarze Kreuz oben rechts und rief Excel auf, »ist eine Liste.« Darin schwirrte es nur so von Zeichen, Zahlen und Namen. In anderen Spalten standen die Mengenangaben und das Datum war freigelassen. »Vermutlich handelt es sich hier nur um potenzielle Kunden, die er angedacht hatte. Eine Liste, wann welche Pillen wohin ausgeliefert wurden, habe ich noch nicht gefunden. Dafür brauche ich mehr Zeit, um nach weiteren versteckten Dateien zu suchen.«
»Wo sind die Pillen eigentlich, Mama? Du musst sie doch beim Aufräumen gefunden haben.«
Gitti wurde rot. »Ich? Wie kommst du darauf? Habe ich nicht! Ich wusste ja noch nicht einmal … Er wird sie an einen sicheren Ort gebracht haben.« Sie massierte mit der Hand ihre Schläfe.
»Na ja«, sagte Mia, »ich habe mich jedenfalls mal in Outlook umgesehen.« Sie sah mitleidig zu Gitti. » Ich weiß aber nicht, ob euch das jetzt so interessiert. Nur so viel …«
Romeo ahnte, warum Mia es verschweigen wollte. » Du musst keine Rücksicht auf uns nehmen, wir wissen, dass mein Vater eine Affäre mit Tante Hilla hatte.«
»Romeo!«, rief Gitti.
»Ja, ist doch wahr, das ist niemandem verborgen geblieben, nur dir – bis ich es dir gesagt habe.«
Gitti wollte ihn in dem Glauben lassen, anders hätte er es nicht verstanden.
Mia ließ dieses Thema außen vor. Wenn sie annahmen, in den Mails sei nur von Hilla die Rede gewesen, sollten sie dabei bleiben. Sie hatte da jedenfalls eine Reihe mehr Frauennamen und Anzüglichkeiten gelesen. Mia schwenkte um zu den Mails, die für Romeo wichtig waren. Bei Gitti war sie sich plötzlich nicht mehr im Klaren, welche Rolle sie hier spielte, die einer betrogenen Ehefrau, einer Mitwisserin oder …?
»Es gibt im Mailprogramm einen Ordner mit der Bezeichnung Looser, wie Verlierer, in dem befinden sich mehrere Mails von einem Topmanager. Darin fordert dieser Heiner immer wieder auf, die Liste herauszurücken, sich an einem bestimmten Tag zum Club
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