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Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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beschrieben. Eine Telefonnummer, nichts weiter. Nur die Zahlen.
    Etwas sagte ihm, er solle da mal anrufen. Das Etwas, das ganz hinten in seinem Kopf wohnte.
    Er schrieb die Nummer ab, ließ sich den Schlüssel für das Dienstfahrzeug der Spurensicherung geben und rief über Funk das erste Kommissariat. Wenige Minuten später hatte er den Namen: Astrid Hasling, Overstolzenstraße. Volksgartengegend.
    Fahr hin, sagte das Etwas ungeduldig.
    Cüpper überlegte. Später, sagte er.
    Das Etwas drängte, später sei es vielleicht zu spät. Er vertröstete es auf den Vormittag. Als Ergebnis war das Etwas sauer und verzog sich in den hintersten Winkel seines Hirns. So war es eben. Genial, intuitiv, spontan. Nur manchmal etwas eigen.
     

Erster Tag
     
    Cüpper
    Als Romanus Cüpper an diesem Morgen die Mittelstraße runterzuckelte, hatte der Himmel eine blassgraue Färbung angenommen. Irgendwo hinter der diesigen Bleischicht ging die Sonne auf. Er machte sich nicht die Mühe, sie zu suchen, nahm am Rudolfplatz ein Taxi und fuhr nach Hause zum Zwecke der Rasur.
    Der Tagesanbruch hatte immer etwas von Entwarnung. Messerstecher wurden müde, Pistolen wanderten zurück in Schreibtischschubladen, Fäuste entspannten sich, die Nutten hatten Feierabend. Bei Wurst Willi rückten sich übernächtigte Kneipenbummler, Geschäftsleute und Zuhälter friedlich auf die Pelle, geeint vom Duft der Kringelburger und Krakauer. Die Frauen hinter der mobilen Fressstation gaben zu allem ihren Senf. Willi selber hatte sich vor einigen Jahren rargemacht, seiner angegriffenen Gesundheit halber, und weil es Erhebenderes gebe, als sein Leben an der Ecke Klapperhof-Hohenzollernring zu beschließen. Schließlich hatte er es in einem Wald nahe der Stadt beschlossen – und Kölns legendäre Wurstbude war nicht mehr dieselbe.
    Cüpper schätzte ein paar Bissen Fettiges nach langen Nächten, aber irgendwie war ihm der Appetit verleidet. Jeden Meter, den das Taxi ihn dem Theodor-Heuss-Ring entgegenfuhr, wurde ihm klarer, dass er in einer leeren Wohnung schlafen würde. Er konnte sich breitmachen, wie er wollte, nach allen Seiten würde er nur Laken fühlen.
    Eigentlich doch angenehm.
    Das Taxi bretterte bei Dunkelgelb über die Kreuzung. Viel Verkehr war nicht. Vor Cüpper lagen ein paar wohlverdiente Stunden Ruhe, bis es sich lohnen würde, in die Pathologie zu fahren.
    Mehr Stille als Ruhe.
    Gelassen versägte der Taxifahrer die nächste Ampel und ging mit quietschenden Reifen in die Kurve um den Eigelstein. Die Nord-Süd-Fahrt kannte kein Erbarmen. Rot.
    »Issete Scheis!«, schimpfte der Fahrer. »Immer vor die rote Ampel, immer hier!«
    Cüpper zuckte die Achseln und widersprach nicht. Stieg man in ein Taxi, war man automatisch der Komplize. Man hatte sich mit dem Fahrer über die Kölner Ampelschaltung, die Baustellen, die Bundesregierung, die Hundesteuer, die Parkplatznot, das Wetter und die Benzinpreise zu ärgern.
    »Madonna!«, flehte der Fahrer. »Jetzt stehte die Auto stundenlang! Mackete Gestank! Auto musse fahre! Isse slimmer hier als in Napoli.«
    Neapel. So weit runter hatten sie es nie geschafft. Immer nur bis oberhalb von Rom. Aber für dieses Jahr, da hatten sie sich vorgenommen …
    Gottverdammtes Weib, ihn zu verlassen!
    »Fahren Sie um den Ebertplatz herum«, sagte Cüpper, »und dann den gleichen Weg zurück.«
    Der Fahrer blinzelte verblüfft.
    »Theodor-Heuss-Ring gehte geradeaus.«
    »Weiß ich. Will ich nicht mehr hin.«
    »Okay. Fahre ich zurucke. Wo wolle Sie hin?«
    »Overstolzenstraße«, sagte das Etwas in Cüppers Schädel und hatte wieder mal gewonnen.
    Astrid Hasling
    Das Haus lag fast am Ende der Straße. Cüpper stieg leichtsinnigerweise zu früh aus und stapfte durch die Pfützen, bis eine sich als Loch entpuppte. Seine Schuhe liefen blitzschnell voll. Fluchend ging er wie auf Eiern die drei Stufen zur Eingangstür hinauf.
    Astrid Hasling wohnte in einem leicht vergammelten, aber nichtsdestoweniger schönen Altbau. Ihr Name stand in Messing an der Tür.
    Er klingelte.
    Lange tat sich gar nichts. Damit hatte er gerechnet. Immerhin war es gerade mal sechs Uhr.
    Er klingelte erneut und länger.
    Nach einer Weile plärrte ihn die Sprechanlage an, er solle sich zum Teufel scheren.
    »Kriminalpolizei«, sagte er so unterkühlt wie möglich. »Ich habe ein paar Fragen an Sie.«
    Es rauschte konsterniert.
    »Bitte drücken Sie auf.«
    »Was … was ist denn los?« Ihre Stimme klang verwirrt und ängstlich. »Ist irgendwas

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