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Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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passiert?«
    »Lassen Sie mich rein, Frau Hasling. Wir müssen uns ein bisschen unterhalten.«
    Wieder schwieg sie.
    Cüpper drückte gegen den reich verzierten Griff. Plötzlich summte es, und er fiel sozusagen mit der Tür ins Haus.
    »Danke«, brummte er und kletterte o-beinig die Treppe hoch. Sein linker Schuh gab allerlei quatschende Geräusche von sich. Als er den zweiten Stock erreichte, wurde eine Wohnungstür einen Spaltbreit geöffnet, Kette vorgeschoben, dahinter dunkle Augen, verschlafen, voller Furcht.
    »Sind Sie wirklich von der Polizei?«
    Er zwang sich ein Lächeln auf die Lippen und hielt ihr seinen Dienstausweis unter die Nase. Die Tür wurde erneut geschlossen, die Kette abgefummelt, dann weit geöffnet.
    Das erste, was ihm auffiel, war die Müdigkeit in ihrem Blick, ein Ausdruck völliger Resignation. Sie trug einen nachlässig übergeworfenen Kimono, wahrscheinlich in aller Hast vom Haken gefischt, als es klingelte. Die kurzen blonden Haare standen ab, als wäre sie gegen einen Starkstromzaun gelaufen. Könnte hübsch sein, dachte Cüpper, wenn nicht irgendetwas diese Ringe unter ihre Augen getuscht hätte, ein trauriges Make-up, das nicht runtergehen wollte. Plötzlich vergaß er seinen nassen Fuß und seine triefende Seele.
    »Astrid Hasling?«
    Zögerndes Nicken.
    »Cüpper. Tut mir leid, dass ich Sie um diese Zeit aus dem Bett holen muss. Darf ich eintreten?«
    »Ich … oh, Verzeihung, sicher. Kommen Sie rein.«
    Sie führte ihn die Diele entlang in einen kleinen Salon mit Erker zur Straße. Cüpper sah sich beiläufig um. Es war ein gemütliches Zimmer, vollgestellt mit alten Sachen, wohnlich bis unaufgeräumt. Eigentlich eher schlampig. Auf dem Boden neben dem kleinen Tisch versammelten sich zwei leere Weinflaschen um eine knapp halbvolle Flasche besten Armagnacs. Der Korken lag daneben. Es roch nach Verschwendung. Cüpper war kurz davor, seiner unfreiwilligen Gastgeberin einen Vortrag über die Kunst des Destillierens zu halten.
    Egal. Destillierte er halt ein paar Fakten.
    Astrid Hasling ließ sich in einen Korbsessel fallen und wies stumm auf einen zweiten. Sie hatte sichtlich Mühe, den Kopf gerade auf den Schultern zu halten.
    »Sind Sie spät ins Bett gekommen?«, sagte Cüpper, ohne der Einladung Folge zu leisten. Er ging hinüber zum Tisch und warf einen prüfenden Blick auf die Gläser. Ein Weinglas, ein weiteres für die harten Sachen. Der Bodensatz war noch nicht angetrocknet. Offensichtlich hatte Astrid einen bösen Kater.
    »Es waren ein paar Freunde da«, murmelte sie. »Kann ich Ihnen was anbieten?«
    »Danke, nein. Kennen Sie eine Person namens Inka von Barneck?«
    Ihre Hände zitterten, als sie versuchte, eine Zigarettenpackung aufzureißen.
    »Sie kennen Frau von Barneck.«
    »Ja, kenne ich.« Das Feuerzeug streikte. Sie sah Cüpper fast flehend an. »Hätten Sie vielleicht …«
    »Leider nicht. Augenblick, geben Sie mal her.« Er nahm ihr das Ding aus der Hand und hatte gleich beim ersten Mal Erfolg. Astrid Hasling hüllte sich in blauen Rauch.
    »Was ist mit Inka?«, fragte sie etwas ruhiger.
    »Sie duzen sich?«
    »Ja. Sie ist eine alte Freundin. Das heißt, sie war es bis vor kurzem.«
    »Was heißt das, bis vor kurzem?«
    »Wir haben uns zerstritten.«
    »Einfach so?«
    »Nicht einfach so. Die Gründe dafür sind ein bisschen kompliziert. Warum stellen Sie mir all die Fragen?«
    Cüpper ging im Zimmer auf und ab und blieb dann unvermittelt vor ihr stehen. »Weil sie tot ist.«
    Er wusste nicht genau, was er erwartet hatte. Aber es geschah so gut wie nichts. Astrid Hasling zog an ihrer Zigarette und starrte blind an ihm vorbei.
    »So?« Ihre Stimme verlor sich, noch während sie erklang.
    »Das scheint Sie nicht zu überraschen.«
    Sie fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Quer über ihrem Daumenballen klebte ein großes Pflaster. »Entschuldigen Sie, ich bin einfach etwas durcheinander. Warum ist sie tot?«
    Cüpper ließ sich ihr gegenüber auf einem Hocker nieder und sah ihr prüfend in die Augen.
    »Warum könnte sie denn tot sein?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Doch, das wissen Sie. Sie hatte ja zumindest einen Feind.«
    Astrid runzelte die Stirn. »Wen?«
    »Sie.«
    Schwaches Kopfschütteln. »Ich war nicht Inkas Feindin. Ich wollte sie einfach nur aus meinem Leben raushaben. Möglichst weit weg. Keine Ahnung, wer sie umgebracht hat.«
    »Woher wissen Sie denn, dass sie umgebracht wurde?«
    »Sie haben doch …«
    »Kein Wort davon gesagt.«
    »Sie haben gesagt,

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