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Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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bekannt vor.«
    »Das heißt, Sie hatten ihn schon mal gesehen?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht war es nur so ein Déjà-vu, eine Ähnlichkeit. Ich hatte eher den Eindruck, dass er mich an jemanden erinnerte.«
    »Wie sah er aus?«
    »Klein. Meine Größe.«
    »Das ist bei Italienern nichts Besonderes.«
    »Ich weiß. Aber er war außerdem sehr schlank. Warten Sie mal, das Gesicht, er hatte einen Schnurrbart. Bisschen groß für meinen Geschmack. Dichtes schwarzes Haar, Sonnenbrille. Etwas war mit seiner Stimme. Komisch heiser. Irgendwie krank. Er flüsterte fast.«
    »Können Sie sich an seine Kleidung erinnern?«
    »Nicht so richtig. Ich glaube, dass er einen dunklen Anzug trug. Krawatte. Elegante Erscheinung insgesamt.«
    »Gut aussehend?«
    »Kann ich nicht sagen. Oder doch? Irgendwie schon. Nicht mein Typ, zu klein, zu dünn, aber attraktiv.«
    »Gut, Frau Hasling.« Cüpper erhob sich. »Ich will Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Kann sein, dass ich noch ein paar Fragen habe.«
    Sie grinste schwach. »Wann immer Sie wollen, Kommissar. Nur bitte nicht mehr vor den Ladenöffnungszeiten.«
    Sie brachte ihn zur Tür. Dort fiel ihm ein, was er sie die ganze Zeit schon hatte fragen wollen, ohne genau zu wissen, warum eigentlich.
    »Leben Sie allein?«
    Es war, als hätte er ihr ein Messer in den Leib gestoßen und darin herumgedreht. Er sah das Unglück in ihren Augen und wusste, dass seine Intuition ihn auf die richtige Fährte gebracht hatte.
    »Ja.« Sie spuckte die Silbe förmlich aus.
    »Danke, Frau Hasling. Ich werde schon allein rausfinden.«
    Sie musterte ihn kalt.
    »Das müssen wir alle«, sagte sie.
    Rabenhorst
    Es schellte.
    Unter dem Leintuch begann sich etwas zu bewegen. Es wogte auf und nieder, streckte sich nach hier und dort, bebte und vibrierte, dann schob sich Rabenhorsts Kopf mit der Eleganz einer Sumpfschildkröte ins Tageslicht und blinzelte verschreckt. War es schon zehn? Cüpper hatte doch gesagt, sie wollten gegen elf in die Pathologie, und er solle sich ein bisschen Schlaf gönnen.
    Es schellte.
    Rabenhorsts ziellos schweifender Blick sah sich mit der Digitalanzeige des Radioweckers konfrontiert, die ihm kühl und sachlich anzeigte, dass es Viertel nach sieben sei.
    Es schellte.
    Er hatte so schön geträumt von riesenhaften Himbeertörtchen. Dann war Dezernatsleiter Klausen auf einem Fahrrad gekommen und hatte begonnen, unablässig zu schellen, um ihn vom Essen abzuhalten.
    Es schellte immer noch.
    Wo kam das verdammte Schellen her?
    Ah! Es war nicht Dezernatsleiter Klausen. Es war das Telefon.
    Er rutschte aus dem Bett, bewegte sich schlurfend ins Wohnzimmer und nahm den Hörer ab.
    »Rahmorf«, sagte er.
    »Wie meldest du dich denn?«, gackerte eine Stimme, und Rabenhorst wurde blass.
    »Oh Scheiße. Mama.«
    »Musst du denn Scheiße sagen? Junge, das ist nicht die Art, mit seiner Mutter zu reden. Ich wollte dir nur erzählen, dass ich um neun bei Karstadt bin und Stoff kaufe. Wir könnten doch zusammen frühstücken.«
    »Mama«, jammerte Rabenhorst, »weißt du, wie viel Uhr es ist?«
    »Natürlich weiß ich, wie viel Uhr es ist. Andere Menschen arbeiten längst, der Herr Odenthal, der alte Mann, du kennst doch noch den Herrn Odenthal vom Höninger Weg, der steht seit vier Uhr in der Bäckerei, so was nenn ich rüstig. Sag mal, kannst du dich nicht vernünftig melden? Man versteht kein Wort. Was sagt denn dein Chef dazu?«
    »Ich weiß nicht, was er dazu sagt. Lass mich schlafen, ja?«
    »Also gut, du musst es wissen. Sollen wir uns denn am Karstadt treffen?«
    »Ich kann nicht, Mama. Ich muss Mörder fassen.«
    »Na, augenblicklich klingst du nicht, als ob du Mörder fasst. Ich würde in Zukunft mal drauf achten, dass du dich etwas artikulierter meldest. Von mir hast du das nicht.«
    »Nein, Mama. Gute Nacht, Mama.«
    »Gute Nacht, was sagt man dazu? Helllichter Tag ist es, Junge, ich habe eben schon die Frau Herrenstädter auf der Straße getroffen, du kennst doch noch die Frau Herrenstädter, mit dem Töchterchen hast du immer …«
    »Ja«, murmelte Rabenhorst, »die kenne ich. Ich kenne jeden, den du willst. Tschüss, Mama.«
    Er legte auf, kratzte sich und kroch wieder unter das Laken.
    Es schellte.
    Rabenhorst zerknüllte das Kopfkissen, als könne es etwas dafür, raffte sich hoch und wankte ins Wohnzimmer.
    »Junge, mir ist gerade eingefallen, dass du früher immer so gern die Hawaiihemden getragen hast, die haben sie jetzt im Sonderangebot. Soll ich dir eins

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