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Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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wenn man jeden Tag die Zeitung aufschlägt …«
    »Wie recht Sie haben! Was hörten Sie zuerst?«
    »Gehört … ach ja. Den Schrei.«
    »Können Sie den wiederholen?«
    Schramm erbleichte. »Wiederholen?«
    »Inhaltsgemäß«, sagte Cüpper beschwichtigend.
    »Ach so. Gewiss! Also, sie schrie, ja?«
    »Schrie wie?«
    »Na, so ein unartikulierter Entsetzensschrei halt, wie im Fernsehen, wenn einer abgemurkst … ich meine, umgebracht wird oder was Fürchterliches sieht, und dann ›Ohgottogott‹, so ähnlich jedenfalls.«
    »Bemühen Sie sich um Exaktheit. Wie oft wurde Gott angerufen?«
    »Chef«, empörte sich Rabenhorst leise.
    Schramm rieb sich die Augen. Er wirkte schrecklich müde. »Dreimal. Sagte ich das nicht? Ja, dreimal!«
    »Wo befanden Sie sich da?«
    »Ich lehnte an der Wohnungstür. Mir war nicht gut.«
    »Und dann?«
    »Einige Sekunden lang passierte nichts. Dann fiel oben was um.«
    »Augenblick!« Cüpper hob die Hand. »Woher wissen Sie, dass etwas umfiel?«
    Schramm zuckte zusammen. »Ihr Kollege …« Er wies zaghaft auf Rabenhorst.
    »Ich will nicht wissen, was Herr Rabenhorst gesagt hat, sondern was Sie gehört haben. Wir wollen uns doch bitte nicht beeinflussen lassen.«
    »Natürlich nicht! Es polterte.«
    »Es polterte. Sonst noch was?«
    »Nein. Das heißt, ich hörte Schritte auf der Treppe, hastig, aber erst ein bisschen später.«
    »Gut. Einen Augenblick, Herr Schramm.« Cüpper zog Rabenhorst am Arm auf den Flur hinaus und gab ihm den Schlüssel zu Inka von Barnecks Wohnung und einige geflüsterte Instruktionen.
    »Nein, das mach ich nicht!«
    »Rabenhorst, verdammt noch mal!«
    »Ach, Scheiße! Geben Sie schon her.« Rabenhorst ergriff den Schlüssel und stapfte zornig nach oben. Dort öffnete er die Tür zu Inkas Wohnung und postierte sich direkt neben der Garderobe.
    »Alles klar?«, rief Cüpper.
    »Nichts ist klar«, schimpfte Rabenhorst.
    »Hätte mich auch gewundert. In zwei Minuten darf ich dann um Ihren Auftritt bitten.« Cüpper kehrte zurück in die Wohnung, schloss die Tür und lächelte Schramm an wie der Fuchs die Gans.
    »Ein Experiment, Herr Schramm. Lehnen Sie sich einfach gegen die Tür wie in besagter Nacht.«
    Schramm stand mit einem Mal der Schrecken in den Augen. Er ist der geborene Feigling, dachte Cüpper. Er wird sich an jedes noch so unbedeutende Detail erinnern, wenn es ihm nur Angst gemacht hat.
    »Und was passiert jetzt?«, fragte Schramm mit dünner Stimme.
    »Warten Sie es ab.«
    Nichts tat sich. Cüpper schaute unwillig auf die Uhr und verfolgte den Sekundenzeiger mit drängenden Blicken. Schramm bebte.
    »Arrrrggggghhhh!«, schrie jemand über ihnen.
    Cüpper stürzte zur Tür und riss sie auf.
    »Rabenhorst!«, brüllte er nach oben. »Sie klingen wie ein Mädchenpensionat. Noch mal!«
    Schramm hatte die Farbe frischen Kalks angenommen. Cüpper schloss die Tür und zwinkerte ihm zu.
    »Sie müssen es durchstehen«, raunte er, »möglicherweise retten Sie einem Unschuldigen das Leben.«
    »Oh!«, sagte Schramm.
    Sie warteten.
    »Arrrrrgggggghhhhh! Gott! Oh Gott!! Oh Gott!!!«
    Schramm fixierte die Zimmerdecke in Erwartung des Polterns, und es polterte.
    »War es so?«, fragte Cüpper.
    Schramm nickte erregt. »Gott im Himmel! Genau so war es.«
    »Gut. Bleiben Sie an der Tür. Wir spielen es ein zweites Mal durch.«
    Diesmal geschah längere Zeit nichts, dann polterte es wieder, so schwach und leise wie beim ersten Mal.
    »Und jetzt?«, fragte Cüpper.
    »Sie haben den Schrei vergessen«, sagte Schramm erleichtert.
    Cüpper grinste und öffnete die Tür.
    »Rabenhorst! Sie können runterkommen! Ich danke Ihnen sehr, Herr Schramm. Wir wollen Sie nicht länger aufhalten.«
    »Konnte ich helfen?«, flüsterte Schramm andächtig.
    »Aber ja. Vor allem meinem Assistenten.«
    Als sie nach unten gingen, wirkte Rabenhorst müde und niedergeschlagen. Er ahnte, was kommen würde.
    »Sie kann es nicht gewesen sein, mhm?«, fragte er.
    »Nein«, sagte Cüpper. »Kommen Sie, wir trinken einen Kaffee.«
    »Danke, kein Mitleid. Fahren wir lieber ins Büro.«
    Revier
    Der Wachtmeister gähnte. Er blätterte in seiner Zeitschrift und warf hin und wieder einen Blick auf Astrid Hasling, die teilnahmslos auf ihrem Bett hockte. Eigentlich eine hübsche Frau, dachte er. Schade, dass sie eine Mörderin ist.
    Beziehungsweise eine stumme Mörderin.
    Sie hatten einen Psychologen hergeschickt, aber auch der hatte nicht zu ihr durchdringen können. Der Wachtmeister nickte

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