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Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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eisernen Gitter des Käfigs und sah zu, wie es mit dem Tiger zu Ende ging.
    Ein alter Mann kam herein.
    »Hallo, Gopper«, sagte Marion tonlos.
    Eigentlich hieß der Alte anders, aber irgendwann war er für alle Gopper geworden. Er war Pfleger, schon seit Ewigkeiten. Ein Faktotum.
    Sanft spürte sie seine Hand auf ihrer Schulter. Sie schüttelte ihn unwillig ab.
    »Er kann doch nicht einfach sterben«, flüsterte sie.
    »Er wird.« Gopper ließ sich ächzend neben ihr nieder.
    Marion ballte die Fäuste. »Es gibt einen Haufen Medikamente für jeden Mist. Und er stirbt an einer einfachen Darmvergiftung. Das ist nicht fair.«
    Gopper betrachtete sie. Das Mädchen erschien ihm wie ein Bronzeguss.
    »Fair?«, brummte er. »Was weißt du schon.« Der Tiger hob den Kopf und sah matt zu ihnen herüber. »Sie haben keine Zukunft, die Viecher. Kein Tier hat eine Zukunft. Er weiß nicht, dass er sterben wird, und darum macht es ihm nichts aus.«
    »Er leidet«, sagte Marion.
    Gopper schüttelte langsam den Kopf. Marion schien es, als hörte sie seine Nackenwirbel knirschen. »Nein. Ihn interessiert nur, was ist. Nicht, was war. Und nicht, was sein wird. Wenn er tot ist, ist er eben tot.«
    »Das brauchst du mir nicht noch zu sagen!«, zischte sie ihn an.
    »Doch«, erwiderte er ruhig. »Ich bin zweiundsiebzig Jahre alt, Kleine. Ich bin immer krummer geworden unter all der Scheiße, die ich falsch gemacht habe in meinem Leben. Ich denke jeden Tag darüber nach, dass es gelaufen ist und wie es hätte laufen können.« Er hustete trocken. »Und ich weiß, dass ich nichts mehr zu erwarten habe. Glaubst du, es sei eine Gnade, als Mensch auf die Welt gekommen zu sein?« Gopper kratzte sich das stoppelige Kinn. »Manchmal wäre ich gern an seiner Stelle.«
    »Das ist dein Problem.«
    Sie schwiegen eine Weile.
    »Deine Katzen töten, aber sie sind unschuldig«, sagte Gopper schließlich. »Sie sterben, aber sie sind unwissend. Sie nehmen keine Schuld auf sich und geben keine weiter. Rein sachlich gesehen haben sie keine Freunde und keine Feinde. Das ist weder gut noch schlecht, aber wenigstens einfach.« Er seufzte und rappelte sich hoch. »Wenn du mich fragst, ist es übrigens viel eher dein Problem als meines.«
    »Wovon sprichst du?«, fragte sie.
    »Dass du wie sie sein willst. Weil du nicht klarkommst.«
    Sie drehte sich wütend zu ihm um.
    »Wen geht das eigentlich was an?«
    »Dich«, sagte der alte Mann.
    »Dann wollen wir es auch dabei belassen.«
    »Wie du meinst.« Er straffte sich und ging den kahlen Gang entlang nach draußen. Erstaunlich, dachte Marion. Er ist immer noch voller Kraft. Wie werde ich mit zweiundsiebzig sein? Plötzlich spürte sie eine beklemmende Angst und rückte näher an das Gitter heran.
    Gopper blieb stehen, als könne er Gedanken lesen.
    »Du kannst keine Katze sein«, sagte er. »Sieh zu, dass du wenigstens ein Mensch wirst.«
    Revier
    »Und seitdem?«, fragte Cüpper.
    »Sitzt sie wieder da und schweigt sich aus«, sagte Haas. Er tupfte sich den Schweiß von der Stirn. Wenige Minuten, bevor Rabenhorst und Cüpper aus dem Bazaar zurückgekehrt waren, hatte er es geschafft, die kleine, dicke Frau zum Gehen zu bewegen. Als Ergebnis war er fertig mit den Nerven.
    »Sonst hat sie nichts gesagt?«
    »Der Italiener, hat sie gesagt. Und dass sie ihn kennt.« Er warf Rabenhorst einen abschätzenden Blick zu. »Ihre … Mutter muss da was ausgelöst haben.«
    Rabenhorst zerrte betreten an seinem Polohemd.
    »Gut, Wachtmeister«, sagte Cüpper. »Ich werde sie mir gleich mal ansehen. Haben Sie vielen Dank.«
    Haas nickte förmlich und ging nach draußen.
    »Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte Cüpper.
    »Als Haas kam?«
    »Ja.«
    »Beim Schrei.«
    »Richtig! Erinnern Sie sich, was Brauner über die Tatzeit sagte?«
    »Zwischen neun und zwölf.«
    »Nein, zwischen neun und elf. Zwölf räumte er nur widerwillig ein. Seiner Ansicht nach passierte es um zehn.«
    »Das heißt, als Astrid Hasling kam …«
    »War Inka schon zwei Stunden tot. Astrid fand die Wohnungstür offen, ging hinein und stolperte ebenso über die Leiche wie unser guter Freund Schramm. Ich schätze, es war alles dunkel.«
    »Ein Mörder, der das Licht ausmacht?«
    »Nein, einer, der mordet, als es draußen noch ein bisschen hell ist. Astrid jedenfalls, orientierungslos und betrunken, wie sie ist, ohne eine Chance, den Lichtschalter zu finden, bückt sich und holt mit der Rechten ihr Feuerzeug hervor. Im Schein der Flamme sieht sie Inka

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