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Mordshunger

Titel: Mordshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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und begreift zuerst nicht, was geschehen ist. Dann fällt ihr Blick auf das Messer. Bevor sie weiter drüber nachdenkt, fasst sie es an. Ein simpler Reflex, der ihr helfen soll, zu glauben, was sie sieht. Dann der Schock. Sie schreit auf. Lässt die Waffe fallen, wieder dahin, wo sie schon gelegen hatte. Und gerät in Panik. Anstatt zur Tür hinauszulaufen, taumelt sie zurück und reißt im Dunkeln den Dreifuß um. Das Feuerzeug hält sie mit der Rechten immer noch umklammert, mit der Linken versucht sie, sich abzustützen, und gerät in die Scherben. Der Schmerz bringt sie zur Besinnung. Nur raus hier, ist ihr nächster Gedanke, aber es ist zu dunkel, und sie muss sich zur Tür tasten, bis sie den Rahmen zu fassen bekommt. Dann ist sie draußen, hastet die Treppen runter und auf die Straße. Keine Ahnung, wie sie nach Hause kommt, zu Fuß wahrscheinlich oder mit dem Taxi.«
    Rabenhorst atmete langsam aus. Dann nickte er.
    »Es macht alles sehr viel klarer«, sagte er. »Bleibt die Frage, wie sie um zwölf ins Haus gekommen ist, und was sie wollte.«
    »Das ist einfach zu erklären. Lesen Sie den Bericht. Jemand hat wild geschellt, und zwei, drei Leute haben aufgedrückt. Und was sie wollte? Einen letzten Versuch starten, ihre Agentur zu retten. Möglicherweise drohen. Inka verprügeln. Sie anflehen.« Cüpper machte eine Pause. »Oder sie umbringen.«
    »Was schon geschehen war.«
    »Ja.«
    »Also gut. Zumindest ist Ihre Theorie im Augenblick einleuchtender als meine.«
    »Es ist die Wahrheit.«
    »Gut. Es ist die Wahrheit. Wie geht’s weiter?«
    Cüpper ließ seinen Blick nachdenklich über die Unordnung auf seinem Schreibtisch schweifen.
    »Wir müssen uns die Liste der Verdächtigen noch mal vornehmen«, sagte er.
    »Wäre das Beste«, stimmte Rabenhorst zu. »Wer ist der Erste? Von Barneck? Unser unbekannter Italiener?«
    »Die Paillette«, sagte Cüpper.
    Zoo
    Gopper ging nach draußen, lehnte sich an die Brüstung des Geheges und sah den Löwen beim Nichtstun zu. Im Graben unter ihm trieben Blätter und kleine Äste dahin. Die Wasseroberfläche war bedeckt von einem Film aus Algen, Staub und Mücken, ein fauliges Biotop.
    Marion hatte Gefühle in ihm wachgerufen, die er in den Fluten eines fernen Ozeans ertränkt zu haben glaubte. Nicht, dass er sich Illusionen machte. Er war ein alter, ungepflegter Mann. Aber sie war jung. Zu jung, um verbittert und voller Hass zu sein. Zum ersten Mal seit langer Zeit verspürte Gopper den Wunsch, etwas Sinnvolles zu tun, bevor er starb.
    Seine Eltern fielen ihm ein. Er hatte Marion nie von ihnen erzählt. Vom großbürgerlichen Habitus. Von der blütenweiß gestärkten Atmosphäre, der Erwartungshaltung und dem Geltungsdrang seines über alle Unordnung erhabenen Vaters. Dass er es vorgezogen hatte, ein Hasardeur und Abenteurer zu werden, der mehr gesehen hatte als die meisten Menschen, aber doch im Grunde nichts. Als er nach Jahrzehnten zurückkehrte, war niemand mehr da, den man hätte hassen und verachten können, und zum Lieben war er nicht mehr fähig.
    Es war falsch, wenn Marion so wurde.
    Aber konnte einer, der gescheitert war, überhaupt beurteilen, was richtig oder falsch war? Marions Mutter hatte alles falsch gemacht und alle falsch behandelt.
    War es richtig gewesen, sie zu töten?
    Gopper versuchte, über die Zukunft nachzudenken. Es gelang ihm nicht. Zu viel Hass. Zu viel Schuld, die mit Schuld vergolten wurde. Ein Kreislauf ohne Ende.
    Müde blickte er zum Himmel.
    Schwarze Wolken zogen von Südwesten heran und brachten neuen, schweren Regen mit sich. In der Ferne rollte leise der Donner. Eine der Löwinnen sprang leichtfüßig auf und trottete zum Wassergraben. Sie hob den Kopf und heftete ihren kalten, gelben Blick auf Gopper.
    Die ideale Henkerin, dachte Gopper. Alles Gute und alles Schlechte reduziert auf Beute. Töten ohne Schuld. Ökologische Auslese.
    Plötzlich überkam ihn ein Gefühl des Friedens.
    Die Liste
    Als der Computer ihre Aufstellung ausgespuckt hatte, befestigte Cüpper sie an der Wand, wo sie zwischen Steckbriefen und Suchmeldungen merkwürdig deplatziert aussah. Bei aller Ausführlichkeit las sie sich nicht gerade ermutigend.
     
     
    1. FRITZ VON BARNECK
    Motiv: a) Geld (Wie viel hätte Inka im Fall eine r S cheidung bekommen?),
    b) Rache für Untreue.
    Alibi: War Gastgeber einer Party.
    Allerdings: a ) …  könnte Hartmann der Gastgeber gewesen sein,
    b ) …  könnte er Hartmann für den Mor d b ezahlt haben,
    c ) …  könnte er

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