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Mordsidyll

Mordsidyll

Titel: Mordsidyll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Zandecki
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klopfte es an der Tür.
    Bevor Ruste reagieren konnte, steckte Polizeidirektor Junge seinen Kopf herein. »Störe ich?«
    Â»Nein«, rief der junge Polizeimeister und sprang sofort auf. Seinen Körper spannte sich sichtlich an. »Sie stören selbstverständlich nicht. Guten Morgen, Herr Direktor.«
    Â»Rutsch bloß nicht auf deinem Schleim aus«, nuschelte Ruste kaum hörbar. Er blieb sitzen und beließ es bei einem knappen: »Guten Morgen, Herr Junge.«
    Junge betrat das Büro und nickte Ruste zu. »Wie ich sehe, haben Sie sich mit Ihrem neuen Mitarbeiter bereits bekannt gemacht. Ging ja gestern hoch her.«
    Er schüttelte dem jungen Mann kräftig die Hand. »Schröder, ich darf Sie hiermit nochmals offiziell an Bord unseres Teams begrüßen und wünsche Ihnen viel Erfolg und eine kollegiale Zusammenarbeit.«
    Ruste entging nicht, dass Junge das Wort ›kollegial‹ extra betont und dabei zu ihm hinübergesehen hatte.
    Â»Wo wir gerade dabei sind, gibt es etwas Neues in dem versuchten Mord? Ist der Mann vernehmungsfähig? Haben wir bereits eine Spur?«, wollte Junge wissen.
    Ruste hasste es, wenn man mehrere Fragen auf einmal stellte. In diesem Fall konnte er alle mit einem Kopfschütteln beantworten.
    Junge wippte auf den Zehenspitzen und wartete dennoch auf eine weitere Antwort. Seufzend ergänzte Ruste: »Boris Wassiljew hat keine Verwandten in Deutschland. Wir haben uns mit den russischen Behörden in Verbindung gesetzt, um festzustellen, ob er dort noch Familie hat. Außerdem haben wir uns gestern in seinem Wohnumfeld umgehört. Keine Erkenntnisse. Wie auch, er war schließlich zwei Jahre im Knast! Wir waren ebenso bei seinem ehemaligen Arbeitgeber – ›Weber Automotive‹. Hat uns auch nicht wirklich weitergebracht. Seine ehemaligen Kollegen konnten nichts Konkretes über ihn sagen. Er war offensichtlich ein unauffälliger und hilfsbereiter Typ. Schröder schreibt einen Bericht, den Sie noch heute bekommen.«
    Zum Glück hatte Junge den Namen des Rotschopfs genannt, sonst hätte Ruste dumm ausgesehen. Er konnte sich den Namen dieses bleichen Kerls einfach nicht merken.
    Â»Aber es muss doch irgendeinen Anhaltspunkt geben?«, hakte Junge nach.
    Â»Wir haben die Tatwaffe, Gipsabdrücke von Schuhsohlen. Wir wissen, dass seine Sporttasche fehlt, und wir haben die Aufnahmen der Überwachungskamera.«
    Â»Na, das ist doch was! Kann man das Gesicht des Täters darauf erkennen?«
    Â»Ich wollte mir das Video soeben anschauen. Allerdings hat mir Gefängnisdirektor Ebbing einen Zettel dazugelegt, wir sollen uns keine zu großen Hoffnungen machen, die Aufnahmen seien wetterbedingt schlecht.«
    Â»Dann lassen Sie mal sehen. Kommen Sie, Schröder, sechs Augen sehen mehr als zwei«, sagte Junge jovial und umrundete Rustes Schreibtisch. Er stellte sich mit dem Rotschopf neben Ruste, dem mit einem Schlag wieder bewusst wurde, warum er lieber allein arbeitete.
    â€žWenn es denn sein muss«, knurrte Ruste, startete die Aufzeichnung und starrte auf seinen PC-Monitor.
    Ein alter Stummfilm besaß eine bessere Qualität als die schemenhaften Bilder, die auf dem Monitor erschienen. Der feuchte Nebel der letzten Tage hatte sich auf die Kameralinse gesetzt und die Aufnahmen unbrauchbar gemacht. Die Tat war zwar aufgezeichnet worden, allerdings waren nur verschwommene, grau-schwarze Figuren zu sehen. Man konnte schemenhaft erkennen, wie Wassiljew vor das Gefängnis trat, stehen blieb und seine Sporttasche über den Kopf den hielt. Unmittelbar nachdem er sich in Bewegung setzte, tauchte eine kleine Gestalt hinter ihm auf, die eine Mütze oder eine andere Art Kopfbedeckung trug. Die Person sprang Wassiljew von hinten an, doch es war nicht festzustellen, wie der Hieb mit dem Messer ausgeführt wurde. Der Täter kniete kurz neben Wassiljew nieder, bevor er sich mit schnellen Schritten entfernte. Wenige Sekunden später hielt ein großes Auto neben dem Opfer, aus dem ein Mann heraussprang. Er beugte sich zu Wassiljew herunter, ergriff die Sporttasche und stieg wieder ein. Dann verschwand der Wagen aus dem Blickfeld.
    Â»Das war es«, sagte Ruste resigniert. »Wir wissen jetzt lediglich mit Sicherheit, dass zwei weitere Personen am Tatort waren und die vermisste Tasche mitgenommen haben.«
    Â»Wieso zwei?«, fragte Schröder.
    Ruste drehte sich zu seinem unerfahrenen

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