Mordsidyll
Kollegen um und rollte mit den Augen. »Der da auf der Aufnahme ist auf der rechten Seite ausgestiegen. Folglich saà links noch der Fahrer. Es sei denn, das Auto wurde ferngesteuert oder wir haben es mit einem englischen Fabrikat zu tun  â was die Ermittlungen wesentlich erleichtern würde.«
Schröder errötete augenblicklich. »Bei der GröÃe könnte der Täter weiblich sein«, gab er nach einem kurzen Räuspern zu bedenken. Offensichtlich wollte er seinen Schnitzer wiedergutmachen. »Auch der Leiter der Spurensicherung meinte, dass die Abdrücke der Winterschuhe auf eine Frau hindeuten.«
Junge nickte anerkennend. »Ach, das ist ja interessant. Vielleicht war es eine Beziehungstat? Haben Sie schon in dieser Richtung ermittelt, Herr Ruste?«
»Nein, habe ich nicht. Aber ich habe bereits eine konkrete Idee, in welchem Umfeld wir den Täter aufspüren können. Kommen Sie, Schreiber, wir müssen los. Sie entschuldigen uns, Herr Polizeidirektor.«
»Schröder, ich heiÃe Schröder!«
Sein Chef knallte die Tatwaffe, die noch in der Plastiktüte der Spurensicherung steckte, auf den Tresen des Jagdgeschäftes in Kreuztal. Schröder schaute neugierig den Händler an, der mit hochgezogenen Augenbrauen Ruste beobachtete. Ein alter Herr über die 80, dessen altmodische schwarze Weste, die er unter seiner braunen Strickjacke trug, über dem Bauch spannte. Eine goldene Uhrkette machte das Bild perfekt â der Mann stammte aus einem anderen Jahrhundert.
»Tag, Ben. Lange nicht gesehen, was macht der Vater?«, begrüÃte er Ruste.
»Vater ist seit sechs Jahren tot.«
»Oh, stimmt. Hab ich vergessen. War ein guter Kamerad und Polizist. Und du? Immer noch bei der Kripo?«
»Deswegen bin ich hier. Der Junge hier ist übrigens mein neuer Assistent. Schneider, das ist Bruno Geite.«
Schröder wollte seinen Vorgesetzten korrigieren, entschied sich jedoch dafür, lieber den Mund zu halten. Nachdem er bei der Auswertung des Aufnahmevideos nicht die beste Figur gemacht hatte, wollte er jetzt nicht noch mehr Unmut auf sich ziehen.
»Wir haben nicht viel Zeit. Schau dir mal das Messer an. Kommt es dir bekannt vor?«
Der übergewichtige Jagdhändler nahm die Plastiktüte und wollte sie öffnen.
»Nicht aufmachen! Ist ein Beweisstück«, ermahnte ihn Ruste.
»Ja, wie soll ich denn sonst was erkennen, Junge?«
»Meine Güte, der Beutel ist durchsichtig! Setz die Brille auf und sag mir, was dir dazu einfällt!«
»Ganz der Vater, ganz der Vater, woll?«, der alte Händler lächelte Schröder an. »Sie haben ihn wohl nicht mehr gekannt, was, junger Mann?«
»Nein, leider«, antwortete Schröder.
»Man könnte auch glücklicherweise sagen«, lachte Geite mit einem Rasseln in der Lunge, wie es nur langjährige Raucher hervorbringen. »Im Vergleich zu seinem Vater ist Ben die Freundlichkeit in Person.«
Der alte Herr hob die Plastiktüte in die Höhe. »Was soll ich sagen, Ben? Ein Jagdmesser, um genauer zu sein, ein RehfuÃmesser. Bei der Länge könnte man fast sagen, es ist ein Hirschfänger.«
»So weit sind wir auch, Bruno. Unsere Spezialisten haben daran Blut von Tieren nachweisen können. Und zuletzt Menschenblut. Ich will es mehr Details, Bruno. Stammt es aus eurem Geschäft?«
Geite setzte seine Brille auf und betrachtete das Messer nochmals von allen Seiten. Während Ruste unruhig mit den Fingern auf den Glastresen trommelte, schaute sich Schröder unauffällig im Geschäft um. Mit der Einrichtung, die noch älter als ihr Besitzer sein mochte, wirkte der Laden wie ein Antiquariat: Alte Vitrinen mit Waffen und Munition, Ständer mit ausgeblichener Kleidung und haufenweise Gemälde schmückten nebst Geweihen in allen GröÃen den Raum. Am schlimmsten fand Schröder jedoch den modrigen Muff. Ihm als Stadtmensch war die Jagd fremd, allein der Gedanke an tote Tiere, die stückweise in Kühltruhe aufbewahrt wurden, versetze ihn in Panik.
»Und?«, fragte Ruste den alten Geite ungeduldig, der noch immer die Tüte mit der Tatwaffe hin- und herwendete.
»Solinger Klinge, altes Stück. Ob es von uns kommt, weià ich nicht.«
»Dir fällt also nichts auf?«
»Nun ja, ich würde sagen, es ist ein Stück aus den 30er- oder 40er-Jahren, so wie die Klinge gearbeitet ist. Sehr
Weitere Kostenlose Bücher