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Mordsidyll

Mordsidyll

Titel: Mordsidyll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Zandecki
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nur einer Frage drang sie bis zum Kern des Problems vor und ließ ihrem Gegenüber keine Chance, ihr auszuweichen.
    Doch Ronald erwiderte ruhig: »Anna, du weißt, du musst nur ein Wort sagen, und ich würde Nadine sofort verlassen.«
    Â»Ronald, du bist ein wirklich sehr guter Freund. Aber mehr ist da nicht. Das musst du doch nach all den Jahren einsehen«, entgegnete Anna sanft. Insgeheim wünschte sie sich jedoch eine Umarmung von ihm. Genau in diesem Moment bräuchte sie jemanden, der sie festhielt.
    Â»Hast du übrigens was von dem versuchten Mord in Attendorn gehört?«, fragte sie so beiläufig wie möglich.
    Â»Nicht viel, sehr seltsame Geschichte. Das Opfer war übrigens ein ehemaliger Mitarbeiter von uns. Ein Russlanddeutscher. Wir wussten nichts von seinem kriminellen Hintergrund. Er hat seine Arbeit immer ordentlich erledigt.«
    Â»Du kanntest ihn?« Anna staunte. Sie versuchte, ruhig zu bleiben, doch ihr Herz pochte bis zum Hals.
    Â»Flüchtig. Er war für die Logistik für unsere russische Niederlassung verantwortlich. Er beherrschte die Sprache und war ein Organisationstalent. Das ist aber auch alles, was ich über ihn weiß. Ich bin aus allen Wolken gefallen, als ich gehört habe, dass er kriminell ist. Na ja, man kann den Leuten eben nicht hinter die Stirn blicken.«
    Â»Das ist ja interessant. Hast du denn gehört, ob man schon eine Spur hat?«
    Â»Nein, soweit ich weiß, tappt die Polizei völlig im Dunkeln. Beim Stammtisch werde ich bestimmt mehr erfahren. Wieso interessiert dich das?«
    Â»Ach, nur so. Kam gerade im Radio. Man macht sich eben Sorgen, wenn ein Mörder frei rumläuft.«
    Â»Ich beschütze dich«, grinste Ronald und griff über den Tisch nach ihrer Hand.
    Noch vor ein paar Tagen hätte Anna sie schnell weggezogen. Doch heute ließ sie es geschehen. Dennoch vermied sie es, ihm in die Augen zu schauen.
    Â»Magst du noch Kaffee?«
    Â»Ich muss los, Anna.« Ronald erhob sich seufzend und schüttelte Annas Hand – länger als gewöhnlich.

    *

    Als Ruste morgens mit einem Becher Kaffee sein Büro in der Olper Dienststelle betrat, erwartete ihn sein neuer Mitarbeiter bereits. Offensichtlich musste er sich mit diesem steifen, sommersprossigen Rotschopf fortan den Raum teilen.
    Â»Guten Morgen, Herr Ruste«, begrüßte ihn der junge Beamte. »Das Krankenhaus hat angerufen. Boris Wassiljew liegt noch immer im Koma. Man kann nicht sagen, wann er aufwachen wird, allerdings sind die Ärzte recht zuversichtlich, dass er überleben wird. Das Messer wurde vom Schulterblatt aufgehalten, die Verletzungen halten sich in Grenzen. Das Video von der Überwachungskamera der Justizvollzugsanstalt ist mittlerweile eingetroffen. Und der Bericht der kriminaltechnischen Untersuchung der Tatwaffe liegt auch vor.«
    Ruste war von dem Redeschwall seines eifrigen Mitarbeiters erschlagen. So begann kein guter Morgen. Das sah nach viel Arbeit aus. Neben einem Berg unerledigter Akten lagen auf seinem Schreibtisch ein brauner Umschlag und das Messer.
    Ruste nahm einen großen Schluck Kaffee und ließ sich auf seinen Drehstuhl fallen. »Haben Sie die Sachen schon gelesen?«, fragte er.
    Â»Nein, natürlich nicht. Die waren an Sie adressiert. Aber ich bin sehr gespannt.«
    Ruste hängte seine Jeansjacke über die Lehne und überflog den Bericht aus dem Labor. Die Erkenntnisse waren eher dürftig: An der Klinge hatten die Spezialisten Blutrückstände von Tieren gefunden. Folglich war die Tatwaffe tatsächlich zum Ausweiden genutzt worden. Laut Bericht sind die Spuren allerdings mehrere Jahrzehnte alt, eine genauere Datierung wäre nur durch weitere Untersuchungen möglich.
    Â»Und?«, wollte sein neuer Bürokollege ungeduldig wissen.
    Â»Nix und!«, gab Ruste schroff zurück, immer noch über die Unterlagen gebeugt. »Ist ein altes Jagdmesser, das irgendwann mal benutzt wurde. Das bringt uns nicht weiter. Auf der Klinge sind keine Fingerabdrücke und auf dem Fellgriff schon gar nicht. Man hat Spuren von DNA feststellen können, die noch ausgewertet werden. Das war’s. Wir sind so schlau wie gestern. Mal sehen, ob uns die Filmaufnahme helfen.«
    Ruste startete seinen PC und öffnete den Umschlag der Justizvollzugsanstalt. Gerade als er den USB-Stick anschließen wollte, den Ebbing ihm mit einer persönlichen Nachricht zugeschickt hatte,

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