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Mordsidyll

Mordsidyll

Titel: Mordsidyll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Zandecki
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erläuterte Viktor stolz. Er würde schon allen beweisen, welch ein guter Chef er war! Er würde alle Zweifler eines Besseren belehren – nur durfte Boris nicht mehr aufwachen!
    Er stand auf und ging zu Özlem. Das Mädchen wich vor ihm zurück und kauerte sich in eine Ecke. »Weißt du was über den versuchten Mord an unserem Kumpel? Bist du sogar selbst die Attentäterin?«
    Ã–zlem reagierte nicht. Sie zog ihre Knie enger an sich und vermied es, Viktor anzuschauen.
    Â»Hey, ich rede mit dir!«, fuhr er die Geisel an. Viktor griff nach ihrem Arm, riss sie zu sich und schlug ihr mit der flachen Hand ins Gesicht. »Ich will jetzt wissen, ob du etwas vom Anschlag mitbekommen hast. Du bist doch jeden Tag in der Nähe von Mustafa. Also rede!«
    Ã–zlem schaute ihn wie ein verwundetes Reh mit ihren dunklen Augen an. Auf ihrer Wange zeichnete sich der Abdruck von seinem Schlag rot ab. Leise flüsterte sie etwas auf Türkisch.
    Â»Was war das? He? Sag das noch mal, aber laut und deutlich, damit wir dich verstehen können.« Drohend hob Viktor seine Hand, doch das Mädchen schüttelte verzweifelt den Kopf.
    Â»Scheiße«, murmelte Viktor, »entweder die verarscht uns oder sie kann keinen Brocken Deutsch. Was meint ihr?«
    Â»Keine Ahnung. Ich habe sie nur einmal bei Verhandlungen zwischen Boris und Mustafa gesehen, da hat sie aber keinen Ton von sich gegeben«, erwiderte Roman.
    Â»Wir könnten sie foltern, dann kriegen wir es raus«, schlug Alexej mit leuchtenden Augen vor.
    Viktor schüttelte den Kopf. »Nein ich habe eine bessere Idee. Wenn Mustafa uns nicht die Attentäterin bringt, müssen wir seine Verlobte wohl zu ihm schicken.«
    Alexej und Roman schauten ihn verwundert an. Viktor hatte auf diese Reaktion gewartet und lächelte zufrieden. »Aber wir schicken sie scheibchenweise zurück.«

    *

    Trotz der Kälte schwitzte Anna vor Erschöpfung. Zum Glück hatten ihre Schreie den Eindringling in die Flucht geschlagen. Aus dem Fenster hatte sie beobachtet, wie die schemenhafte Gestalt über den Hof geflüchtet war. Ein schwerfälliger Mann, dessen Statur sie an einen Boxer erinnert hatte.
    Anna saß an die Wand gelehnt auf dem Boden. Sie war völlig ratlos, was sie nun tun sollte. An die Polizei konnte sie sich auf keinen Fall wenden. Dieser Einbruch hing hundertprozentig mit ihrem Mordversuch zusammen. Sie würde die Ermittler nur auf ihre Fährte locken – sie würde selbst für ihre Sicherheit sorgen müssen.
    Entschlossen stand sie auf, ging zur Zimmertür und sperrte sie auf. Vorsichtig spähte sie hinaus. Sie musste sich vergewissern, dass die Flucht kein Täuschungsmanöver gewesen war.
    Der Flur schien menschenleer. Mit wackligen Knien schlich sie sich aus dem Schlafzimmer. Als sie das Licht einschaltete, fühlte sie sich gleich ein bisschen sicherer. Barfuß ging sie ins Erdgeschoss hinunter. Die massive Eichentür zum Hof stand weit offen. Schnell schlug Anna sie mit einem Krachen zu und sperrte sie von innen zu, bevor der Eindringling womöglich zurückkam. Wie war er bloß ins Haus gekommen?
    Sie schlug den Weg Richtung Jagdzimmer ein, das sich der Vater von Klaus einst eingerichtet hatte. Am Waffenschrank, eine Art Tresor mit Zahlenschloss, gab Anna die Kombination ein und öffnete die Tür. Zögerlich entschied sie sich gegen das Jagdgewehr und das Kleinkaliber und griff nach der doppelläufigen Schrotflinte. Anna hantierte eine Weile am Verschluss der Flinte herum, bis sich der Lauf öffnen ließ. Mit zwei Patronen gefüllt, klappte sie die Waffe zu. Nun konnte sie die weiteren Räume inspizieren.
    Im Wohnzimmer waren alle Schubladen herausgezogen worden. Papiere und Bücher lagen verstreut auf dem Boden. Ein Windstoß bauschte die Gardinen auf. Hier war er also eingedrungen. Anna ging zum Fenster, um es sich genauer anzuschauen. Der Rahmen war unbeschädigt. Wahrscheinlich hatte sie es selbst in der Kippstellung offen gelassen. Anna schloss es und rüttelte daran. Als sie sich vergewissert hatte, dass es nicht mehr aufging, schlich sie in die Küche. Auch hier war alles durchwühlt, Mehl, Zucker und Kaffee waren auf der Anrichte ausgekippt worden. Systematisch untersuchte Anna Raum für Raum. Überall fand sie das gleiche Durcheinander vor. Mit vorgehaltener Schrotflinte inspizierte sie jeden Zentimeter hinter den Türen und

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