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Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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jede Schule, jeden Kindergarten? Schließlich war dies eine bayerische Kleinstadt und nicht Sarajevo!
    Jäckle seufzte erneut. Die Herren Experten war man fürs erste los, jetzt war das wieder sein Fall, und niemand war auch nur einen Schritt weitergekommen. Täglich rief ihn Staatsanwalt Monz an. Nein, dachte Jäckle wieder, so etwas hätte wirklich nicht passieren müssen, wo es hier doch sonst beinahe friedlich … Schritte auf dem Flur! Jetzt war es soweit. Würden sie ihn holen, oder würden sie es hier erledigen?
    Die Tür sprang auf, kaum daß geklopft worden war, und in einer dichten Traube schoben sie sich herein, allen voran Monz im schwarzen Anzug, als ob er es nicht bis zu seiner Beerdigung abwarten könnte. Undurchdringlich war der Ausdruck auf den Gesichtern. Langsam griff Jäckle in die Schublade, streichelte seine Dienstwaffe und genehmigte sich einen kleinen Tagtraum. Er stellte sich vor, wie er sie herausnehmen und abdrücken würde. Monz zuerst, mitten in die Brust. Sein Blut würde die schneeweiße Bluse der Gebhard besudeln, sie wäre die nächste, nie mehr müßte er den Anblick eines Faltenrocks zu Birkenstocksandalen ertragen. Den Rest würde er blind abfeuern, irgendwen würde er bestimmt treffen, das Büro war ja nicht groß. Ein fröhliches Massaker zur Mittagszeit, endlich einmal kein »Mahlzeit«-Geblöke auf dem Flur.
    Grimmig lächelnd zog er die Hand aus der Schublade und hängte sich seine schwarze Krawatte um. Er war bei Gott kein brutaler Mensch, aber er haßte, haßte, haßte dieses fünfundzwanzigjährige Dienstjubiläum!
    Es dauerte, bis sich alle in sein schäbiges Büro gequetscht hatten. Anwärter Wurmseher balancierte ein Tablett mit Gläsern, Monz verging sich am Korken einer Sektflasche, eine Durchschnittsmarke, aber Jäckle mochte Sekt sowieso nicht, die Gebhard brach fast zusammen unter einem monströsen Geschenkkorb mit allerlei Fressalien, von denen er garantiert die Hälfte wegen seines erhöhten Harnsäurespiegels nicht essen durfte. Er hielt einigermaßen streng Diät, seit ihn der Arzt gewarnt hatte, mit Gichtfingern könne er das Trompetespielen vergessen. Was würde dann aus seiner Band, die jeden Freitag im Löwenkeller jazzte?
    Der Dienststellenleiter, Dr. A. C. Freudenberg, fing an, eine Rede zu halten, und Jäckle war beinahe dankbar, als die Tür nochmals aufsprang und eine Frau im Rahmen erschien, die wie ein gehetztes Tier in die Runde starrte.
    Auch Paulas Vormittag in der Redaktion verlief einigermaßen ereignislos. Ihr Schreibtisch stand in einer meistens recht ruhigen Ecke des hellen Großraumbüros mit seinen labyrinthisch angeordneten Stellwänden. Ein Glück, denn ihr Kopf brauchte heute nichts so sehr wie Ruhe und Stille. Um ein Uhr schluckte sie gerade das zweite Aspirin, als das Telefon klingelte.
    »Jäckle hier. Komm mal rasch rüber zu uns.«
    »Verdammt, Jäckle. Wie oft soll ich dir noch sagen, daß ich für die Kultur in diesem Kaff zuständig bin. Ich komm’ doch auch nicht mit meinen Parkzetteln zu dir. Verbrechen macht der Schulze.«
    »Der Schulze ist ein Arschloch, aber darum geht’s jetzt nicht. Ich brauche dich …«
    Die letzten Worte waren nicht zu verstehen gewesen, weil in diesem Moment ein Hubschrauber dicht über das Gebäude flog.
    »Was?« rief sie durch den Lärm, »was soll ich?«
    »Es ist schon wieder ein Kind verschwunden.«
    Sie fühlte, wie eine Klaue nach ihrem Magen griff. Simon!
    Hinterher schämte sie sich, denn die Klaue hatte sofort locker gelassen, als sie Jäckle trotz des Ratterns über ihr deutlich sagen hörte: »Sein Name ist Max. Max Körner.«

Feindschaften
     
    Der Wind und der Frost der letzten Nacht hatten die Büsche und Bäume kahler werden lassen, und so waren die Männer am Seeufer gut vom Wohnzimmer aus zu erkennen.
    Bruno Jäckle, das lange Elend, wie Paula ihn für sich nannte, stand neben dem Steg, in seinem hausbackenen grauen Lodenmantel, und sprach mit einem untersetzten Herrn im modischen Trenchcoat: Staatsanwalt Monz. Daneben unterhielten sich ein junger Mann mit Pferdeschwänzchen und ein ziemlich dicker, älterer. Das waren die Beamten vom Landeskriminalamt. Der Rest, es mochten so an die zehn Personen sein, ausschließlich Männer, vermittelten ein Bild professioneller Routine. Gerätschaften wurden herangeschleppt, Taucheranzüge angelegt, einer sprach lebhaft gestikulierend in ein Funkgerät. Etwas abseits wartete ein uniformierter Polizist mit einem Schäferhund. Der Hund saß

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