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Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Mordskind: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Mordskind: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Fenster tagaus, tagein schrillbunte Wäschestücke flatterten, am Stadtrand ragten drei Betonplatten-Hochhäuser plump gegen den Horizont.
    Lilli hätte gerne noch eine Kleinigkeit für Simon besorgt, aber es war zwei Uhr, und sämtliche Geschäfte waren geschlossen. Was für ein Kaff, dachte Lilli. Allmählich kamen ihr Zweifel, ob es richtig gewesen war, Paula das Haus zu überlassen und sie damit an diesen Ort zu binden. Sicher, da war auch noch die bequeme Stelle bei der Lokalzeitung, und für den kleinen Simon schien die beschauliche Umgebung bestens geeignet. Trotzdem wuchs dieses leise Unbehagen in ihr von Mal zu Mal.
    Wenig später rüttelte Lilli an dem eisernen Gartentor. Es war abgeschlossen, das erschien ihr seltsam. Sie ließ ihr Gepäck im Wagen, umrundete das Gelände auf einem Trampelpfad, der unterhalb der Kapelle durch hohes Gras führte, und benutzte die versteckte kleine Pforte auf der Hinterseite des Gartens. Leicht belustigt registrierte sie den geschorenen Rasen, die ausgeholzten Sträucher und die penibel aufgeschichteten Laubhäufchen. Das Werk des neuen Gärtners, schau an. Es sah gar nicht mehr wie Paulas Garten aus. Eine laue Windbö trug Stimmen von der Haustür zu ihr her, und ein Impuls gebot ihr, stehenzubleiben, versteckt hinter einer üppig wuchernden Kletterrose, deren Blüten sich in langsamem Sterben zu kräuseln begannen. Lilli wehrte einen Rosenzweig ab, der ihr ins Gesicht hing, und machte dabei eine äußerst beunruhigende Entdeckung: Blattläuse! Blattläuse in dichten, schwärzlichen Dolden, als hätte man die Zweige in Mohn getaucht. Ich bin durchaus nicht abergläubisch, dachte Lilli, aber in dem Jahr, als Maurice starb, hatten die Rosen auch so viele Läuse.
    »… hege ich begründete Zweifel, ob das Kind in geordneten Verhältnissen lebt«, riß sie eine unangenehme Frauenstimme aus ihren botanisch-weltanschaulichen Betrachtungen.
    »Wollen Sie mir nicht sagen, wer Sie geschickt hat«, hörte sie Paula fragen. Ihre Stimme klang zittrig, wie unter eiserner Beherrschung. »Steckt mein Exmann dahinter? Was will er denn noch?«
    »Darüber kann ich keine Auskunft geben«, antwortete die Frau, und ihr Zögern hatte für Lillis sensible Ohren einen winzigen Moment zu lange gedauert. Sie trat aus der Deckung der Rosen heraus. Nah an die warme, efeuberankte Backsteinmauer ihres Elternhauses gepreßt, pirschte sie sich näher ans Geschehen heran.
    »Was werfen Sie mir denn konkret vor?« wollte Paula wissen.
    »Nun, es sind mehrere Faktoren«, antwortete die Schönhaar wolkig, »Ihr ganzes Verhalten läßt auf mangelnde Aufmerksamkeit ihrem Kind gegenüber schließen. Dieses Haus zum Beispiel, finden Sie diese Einrichtung kindgerecht? Kinder wollen helle, freundliche Möbel. Und sehen Sie sich den Garten an, da steht nicht einmal eine Schaukel.«
    »Simon wollte noch nie eine.«
    »Dann dieses Motorrad. Denken Sie, daß das ein geeignetes Transportmittel für ein Kleinkind ist?«
    »Wir nehmen es nur für kurze Strecken, ansonsten fahren wir mit dem Zug.«
    »Und heute komme ich hierher und finde Ihr Kind, wie es weinend und hungrig im Unrat wühlt, während Sie sich irgendwo da draußen betrinken.« Anklagend deutete sie auf die Flasche, die wie ein Grenzstein zwischen den Kontrahentinnen lag.
    »Jetzt reicht es«, fuhr Paula die Frau an. »So war es nicht, und Sie wissen das ganz genau. Ich werde mir das nicht gefallen lassen, noch gibt es Gesetze.«
    Auf dieses Stichwort schien die andere nur gewartet zu haben. Sie überschritt den Grenzstein und trat nahe an Paula heran. »Gesetze«, wiederholte sie gedehnt, »sicher gibt es die. Aber was glauben Sie wohl, wem ein Familienrichter mehr glaubt? Einer Jugendamtsleiterin mit fünfzehn Jahren Berufserfahrung oder einer Mutter, die schon mal im Verdacht stand, nicht ganz normal zu sein, hm? Hat sich nicht Ihr Vater in einer Irrenanstalt erhängt? Das Leiden liegt offenbar in Ihrer Familie …«
    »Das ist nicht wahr! Dafür haben Sie keine Beweise!« schrie Paula, jetzt völlig außer sich.
    Die Schönhaar schüttelte überlegen den Kopf. »Ich brauche keine Beweise. Es genügt mein Eindruck. Und der ist nicht der Beste. Haben Sie nicht diesen Menschen bei sich beschäftigt, der jetzt unter Mordverdacht steht? Ist das Ihrer Ansicht nach der richtige Umgang für ein Kind, ist es das, was Sie unter Fürsorge verstehen?«
    Paula rang nach Luft. Irgendwo im Haus rief Simon nach ihr. »Sie … Sie boshaftes Weibsstück«, keuchte

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