Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
seiner Vorstellung nach noch hätte absuchen können.
Oberhalb des Tatorts, in etwa zwanzig Minuten zu erreichen, befinden sich zwei Lagunen beziehungsweise kleinereSeen. Laut Axel Manthei ein idealer Ort, um eine Waffe für immer verschwinden zu lassen. Tauchgänge in dieser Höhe sind nicht möglich, die Suche in den Lagunen wäre außerdem aufgrund des tiefen, schlammigen Grundes aussichtslos gewesen. Aber selbst wenn man die Waffe gefunden hätte, wären nach so langer Liegezeit die individuellen Merkmale nicht mehr bestimmbar und der Beweiswert wäre gleich null gewesen. Sollte Tesler die Waffe in einen der beiden Seen geworfen haben, und geht man davon aus, dass sich die Tat um fünf Uhr ereignet hat, hätte er für den Hin- und Rückweg etwa vierzig Minuten gebraucht. Und um etwa fünf Uhr vierzig traf er auf die Zeugin Bertolotti…
Verhalten des Tatverdächtigen am Tatort
Am zweiten Tag versuchten die Ermittler zu rekonstruieren, wie sich die Situation dargestellt haben könnte, als Fredy Medina mit seiner Gruppe etwa vier Stunden nach Schussabgabe zum Tatort kam. Ilan Tesler hatte angegeben, seiner Frau Erste Hilfe geleistet zu haben, indem er die Wunde gesäubert und die Zunge festgehalten haben will, um einen Erstickungstod zu verhindern. Noch einmal wurde nachvollzogen, was sich seinerzeit ereignet hatte:
Am 7. Januar 1997 bricht Fredy Medina morgens um acht Uhr mit den anderen sechzehn Personen seiner Gruppe zur letzten Etappe auf. Etwa gegen neun Uhr treffen die Ersten an der Ruine Runcuracay ein. Als sich einige Leute in der Ruine befinden, kommt Tesler auf sie zu. Er trägt jetzt keine blutverschmierte Kleidung mehr.
Mehrere Leute hören vom Zelt her ein lautes Röcheln und Stöhnen. Tesler sagt:
»Someone shot my wife«
(Jemand hat meine Frau erschossen). Der Arzt Rosell, der ausgebildete Sanitäter Lopez sowie Fredy Medina eilen zum Zelt. Dort finden sie die schwer verletzte Frau. Sie liegt in Rückenlage in einem Schlafsack,dessen Reißverschluss zugezogen ist. Am Kopf sieht der Arzt geronnenes Blut. Er beginnt es zu entfernen. Jetzt erst bemerkt er die Schusswunde. Er stellt fest, dass noch keine Versorgung erfolgt ist.
Die Frau lebt, atmet selbstständig, ist jedoch nicht ansprechbar. Er untersucht sie, macht Tests und diagnostiziert einen komatösen Zustand. Dann legt er ihr einen Kopfverband an und überwacht Puls und Pupillen.
Fredy Medina leitet Rettungsmaßnahmen ein, indem er Träger losschickt. Ilan Tesler steht untätig dabei oder bewegt sich im Bereich des Zeltes.
Auf Fragen des Arztes berichtet er von einem Überfall durch zwei Männer. Auf seine Frau sei geschossen worden, ihm habe man tausend Dollar geraubt. Die Täter seien uniformiert gewesen, eine Art Polizeiuniform. Sie hätten Mützen getragen. Während des Überfalls sei er außerhalb des Zeltes gewesen, seine Frau innerhalb. Etwas später fragt auch der Sanitäter Lopez nach dem Tathergang. Ihm erzählt Tesler, er habe geschlafen, als der Schuss gefallen sei, sei erst vom Geräusch aufgewacht.
Aufgrund der Wetterlage kann ein Hubschrauber nicht landen. Es vergehen Stunden. Tesler begibt sich mehrfach ins Zeltinnere und sucht herum. Fredy Medina bemerkt dies und sucht das Zeltinnere selbst ab – und findet die Hülse einer Neun-Millimeter-Patrone. Er zeigt sie Tesler, der sie in die Hand nehmen will. Aber Medina gibt ihm die Hülse nicht. Tesler meint, es handle sich zweifelsfrei um Kaliber neun Millimeter, schließlich habe er beim Militär das Klassifizieren von Munition gelernt.
Fredy Medina steckt die Hülse in eine kleine Plastiktüte und übergibt diese später der Polizei. Und er sucht das Zeltinnere nach weiteren Spuren ab und findet etwas, das später von entscheidender Bedeutung sein sollte. Am Boden, ziemlich genau in der Zeltmitte, stellt er Geschossteile, vermischt mit Hirnmasse, fest, die alle in einem gut handtellergroßenBereich konzentriert sind. Obwohl es ihn große Überwindung kostet, sammelt er die Teile auf und verwahrt sie in einer Plastiktüte.
Tesler hatte in seinen Vernehmungen wahrheitswidrig behauptet, Fredy Medina habe ihm die Hülse in die Hand gegeben, deshalb könnten seine Fingerabdrücke darauf sein. Es wäre ein wichtiges Indiz dafür, dass er die Waffe selbst geladen hat. Deshalb der Versuch, vorbeugend eine Erklärung für seine möglicherweise vorhandenen Fingerspuren zu liefern. Da Fredy Medina definitiv ausschloss, die Hülse aus der Hand gegeben zu haben, bezeichnete ihn
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