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Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt

Titel: Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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berührt der Mann seinen Hinterkopf. Sein weiteres Gestikulieren kann sie allerdings nicht einordnen.
    Das seltsame Verhalten des Mannes macht ihr Angst. Sie sagt:
»Medicos«
und
»Doctor«
und zeigt in Richtung Camp Pacamayo, da sich dort Dr. Rosell aufhält, ein peruanischer Arzt, und der Weg nach unten nicht weit ist. Tatsächlich sagt der Mann:
»Gracias«
und geht nach unten. Sie sieht ihm nicht mehr nach, sondern setzt ihren Weg fort.
    Aufgrund des Vorfalls und ihrer Annahme, ein Begleiter dieses Mannes könnte weiter oben gestürzt sein, achtet sie auf Blutspuren, kann aber keine entdecken. Nach zirka einer Stunde trifft sie auf mehrere Arbeiter, die von ihrem Träger über den seltsamen Vorfall informiert werden.
    Erst am Nachmittag, als sie in Machu Picchu eintrifft, erfährt sie von der dortigen Polizei, dass eine Frau auf dem Trail niedergeschossen worden sein soll. Ana Bertolotti ist schockiert. Einen so schwerwiegenden Vorfall hätte sie nicht vermutet; darauf hatte das merkwürdige Verhalten des Mannes auch nicht schließen lassen.
    Ilan Tesler hatte diese Begegnung mit »einer Touristin und ihrem einheimischen Träger« in seinen ersten Vernehmungen verschwiegen. Dann, als er erfahren hatte, dass die Zeugin ermittelt werden konnte, schilderte er das Zusammentreffen ganz anders. Nicht von oben sei er gekommen, sondern aus dem Zelt, als er die Frau und ihren Träger hatte vorbeilaufen sehen. Wenn er der Täter gewesen wäre, hätte er sie doch einfach nur vorbeilaufen lassen müssen. Stattdessen sei er ihnen nachgelaufen, habe auf Hilfe gehofft und mit der Hand eine Schussbewegung angedeutet, indem er den Finger an seinen Kopf gehalten habe, um zu demonstrieren, es sei geschossen worden. Aber die Frau habe nur »Nein, nein« gesagt und sei einfach weitergegangen.
    Ana Bertolotti war über einen Aufruf in argentinischen Medien (Fernsehen, Zeitungen) ermittelt worden. Sie war nach München gekommen und eingehend vernommen worden. Auf den Stufen der Bavaria wurde die Begegnung mit Ilan Tesler nachgestellt – eine beeindruckende Rekonstruktion.
    Staatsanwalt Thomas Bott testete mehrfach, wie lange man brauchen würde, den Weg hinunter zum Camp Pacamayo zu laufen, um dort Hilfe zu holen. Tesler hatte wahrheitswidrig angegeben, er habe drei bis vier Stunden für den Aufstieg gebraucht und deshalb darauf verzichtet, nach unten zu laufen, weil es zu weit gewesen wäre. Tatsächlich benötigte der Staatsanwalt ganze zwölf Minuten nach unten und fünfunddreißig Minuten wieder nach oben.
Schussversuche am Tatort
    Ingenieur Axel Manthei führte mehrere Schussversuche durch. Es sollte die Frage geklärt werden, ob man einen Schuss, abgegeben an der Ruine, unten im Camp Pacamayo hätte hören müssen oder können. Auf dem Weg waren im Abstand von einigen hundert Metern Trail-Teilnehmer postiert. Die Versuchezeigten, dass man die Schüsse erst dann deutlich hören konnte, wenn man etwa die Hälfte des Weges nach oben bis zu einer Biegung hinter sich hatte.
    Diese Stelle dürfte die Zeugin Bertolotti ziemlich exakt gegen fünf Uhr fünfundzwanzig erreicht haben. Da sie nichts gehört hatte, ist davon auszugehen, dass der Schuss auf jeden Fall vorher gefallen sein muss.
Verbleib der Tatwaffe
    Für die Ermittler gab es keine Zweifel mehr. Er war nach oben gelaufen, um irgendwo die Waffe zu entsorgen. Im Grunde genommen hätte er sie überall den Hang hinunterwerfen können, sie wäre in diesem schluchtenartigen Gelände nie mehr gefunden worden. Aber Täter sind vorsichtig und gehen auf Nummer sicher, das zeigt die Erfahrung. Das war wohl auch der Grund, warum Tesler immer wieder glaubhaft machen wollte, man würde keine Waffe finden. Er war sogar bereit, Suchaktionen zu bezahlen. Bis zu dem Zeitpunkt, als er im Rahmen einer der vielen Vernehmungen gefragt wurde: »Warum sind Sie eigentlich so sicher, dass man keine Waffe finden würde? Es kann doch sein, dass der Täter sie gleich danach weggeworfen hat?« Tesler hatte sofort erkannt, einen Fehler gemacht zu haben. Nie mehr verlangte er ab diesem Zeitpunkt die Suche nach der Tatwaffe.
    Aber dadurch war sein ursprünglicher Tatplan deutlich geworden: Seine Frau wird in einer einsamen Gebirgsregion in dreitausendsiebenhundert Meter Höhe erschossen, und man findet weit und breit keine Tatwaffe. Damit scheidet er als Täter aus, zumindest ist ihm die Tat nicht nachzuweisen. Einfach, aber nicht schlecht. Er musste die Waffe nur außerhalb des Bereichs bringen, den man

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