Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
Morde gestanden hat.
Er hat die Polizei aber mittlerweile zu den Verstecken der Leichen geführt: Sie lagen im Obduktionssaal. Später erinnert er sich an mehr, und mittlerweile will er zwanzig bis dreißig Menschen umgebracht haben. Ein präparierter Fötus im Labor sei sein Kind, er habe es der Mutter eigenhändig herausgeschnitten.
Wieder hören wir nebenbei Gerüchte von Hintermännern und vom Organhandel nach Saudi-Arabien. Der Fall passt der politischen Opposition ins Bild. Der Koran verbietet nämlich Obduktionen, im Jemen wird aber obduziert. Kein Wunder, sagen die Regierungsgegner: Eine Politik, die sich so gegen den Koran stellt, muss Geschehnisse wie Serienmorde zur Folge haben.
Der Täter ist Sudanese. Sudanesen werden im Jemen als Zigeuner bezeichnet und bilden einen Teil der Unterschicht. ›Wenn du nicht gehorchst, kommt der Sudanese und holt dich‹, sollen manche Eltern in Sanaa zu ihren ungehorsamen Kindern sagen.
Wirklich sehr befremdend, in was wir da reingerutscht sind. Aber es kommt noch besser: In einer Stunde ist Audienz beim Innenminister. Dem muss ja das Wasser bis zum Hals stehen, wenn er uns extra empfangen möchte.
Das Gespräch läuft über einen Dolmetscher, Herrn Soori von der deutschen Botschaft, der uns die nächsten Tage begleiten wird. Anwesend sind alle wichtigen Männer der Innenpolitik, der stellvertretende Innenminister, der Polizeichef, der Chef von Interpol und wer weiß wer noch alles.
Aus dieser Runde dürfen keinerlei Informationen über den Fall nach außen dringen, ermahnt der Innenminister mehrmals. Er scheint den Fall ja wirklich sehr ernst zu nehmen! Aber wo ist denn nun der Tatort?
Willkommen in der Hölle
Endlich, nach einem Besuch in der örtlichen Polizeidirektion, geht es zur Universität. Die Polizeifahrzeuge halten vor der medizinischen Fakultät. Erst einmal müssen die Schlüssel geholt werden. Vom Empfangssaal gehen einzelne Flure ab, einer führt zum
Department of Pathology and Forensic Medicine
. Wieder eine Zwangspause, denn man muss den Schlüssel suchen. Dann können wir den Ort der Geschehnisse betreten.
Wir gelangen in einen großen Saal mit rollfähigen Tischen und vielen barhockerähnlichen Schemeln: Hier wird der Anatomieunterricht durchgeführt, erfahren wir später.
Auf einem Tisch finden sich menschliche Überreste: abgetrennte Füße und Hände, mehrere Schädelkalotten, Körperstümpfe und Knochen. Ich wende meine Aufmerksamkeit erst einmal diesen Exponaten zu: offensichtlich Anatomiepräparate, teilweise präpariert, mumifiziert und mit Formalin haltbar gemacht.
Im Nebenraum wartet wirklich das Grauen: Sechs schmutzige Becken mit verrosteten Deckeln enthalten teilweise Formalin und sind mit Leichenteilen und Leichen gefüllt. Aus vom Formaldehyd zu Tränen gereizten Augen kann ich erkennen, dass es sich wohl auch um vorpräparierte Leichen handelt, wenn der Vergleich mit europäischen Anatomieleichen auch schwerfällt.
Etwas merkwürdig auch: Teilweise sind die Körper in der Mitte durchgetrennt. Das letzte Becken rechts ist trocken, dennoch gefüllt mit Leichenteilen. Ich erkenne das Unterteil einer menschlichen Leiche, ein halb präpariertes Gesicht, Arme,Beine, dazwischen schmutzige Kittel und Plastikabfälle. Unglaublich, wie hier mit sterblichen Überresten umgegangen wird.
Ich treffe Toralf im Mittelsaal. ›Dahinten geht das Grauen weiter‹, zeigt er mit der Hand in die andere Richtung. Sechs kleine Räume schließen sich hier an den Saal an: Labor zur Herstellung und Untersuchung von dünnen Gewebeschnitten, Büroräume, eine Präparatesammlung, teilweise trocken im Glas, ein Lagerraum in absoluter Unordnung. Dahinter findet sich die Tür zum Obduktionssaal der forensischen Medizin: das Reich von Adam.
Sieben Kühlschränke, die Aggregate brummen laut. Zwei Obduktionstische, völlig verdreckt. Der Boden voller Bauschutt, am Rand des Raumes zwei Löcher in den Boden gestemmt: Hier fand man die beiden Mädchenleichen beziehungsweise ihre Überreste. In den Kühlfächern mehrere wie Mumien in Leinen verpackte Leichen, offensichtlich Männer, völlig ausgetrocknet, zwei zerstückelte Frauenkörper, zwei Plastiksäcke mit mumifizierten Leichenteilen.
Toralf ist sichtlich angegriffen. Wir sitzen in der Sonne auf einer Treppe vor der medizinischen Fakultät und rauchen eine Zigarette. ›Der Kosovo war nichts dagegen‹, entweicht es ihm. Klar, Anatomieleichen sind etwas Neues für ihn. Der Anblick muss beim ersten Mal
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