Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
hat sich R. dann in einer Zelle des Untersuchungsgefängnisses mit herausgerissenen Streifen eines Leinentuches erhängt. Damit hat ein verabscheuungswürdiges Verbrechen, das in raffinierter Weise durchdacht und ausgeführt wurde, seine wenn auch nicht gesetzliche Sühne gefunden.
Die Mitteilung zeigt, wie wichtig es ist, selbst bei anscheinend ›klar liegenden Verkehrsunfällen‹ – wenigstens bei Leichenfundenauf einsamen Straßen – einen erfahrenen, ärztlich und kriminalistisch geschulten Sachverständigen schon gleich zu den ersten Erhebungen und zur
Tatortbesichtigung
zuzuziehen, der äußere Leichenbefunde richtig zu werten weiß und sie mit den sonstigen Einzelfeststellungen am Tatort in positivem oder negativem Sinne in Beziehung zu stellen versteht.
Die
Sektion
konnte die mit Überlegung ausgeführte Mordtat durch Erschießen und nachträgliches Auffallenlassen des schweren Prellsteines auf den Kopf aufdecken und dadurch eine Tat klären, die in ganz raffinierter Vortäuschung eines Verkehrsunfalls infolge unzulänglicher Zusammenarbeit der ersten Erhebungsorgane mit dem ärztlichen Sachverständigen bereits als ›Verkehrsunfall‹ registriert und nur durch die umsichtigen Nachforschungen eines Polizeiwachtmeisters neuerdings aufgenommen worden war!
Der Fall zeigt überdies mit überzeugender Eindringlichkeit, dass Leichen mit festgestellten Verletzungen ohne vorangegangene Leichenöffnung keinesfalls zur
Einäscherung freigegeben werden dürften
. Gerade im vorliegenden Falle wäre jede Beweisführung durch die Leichenverbrennung unmöglich gemacht worden.«
Der Präparator ist immer der Mörder
Da Sie nun schon darin gestärkt sind, auch den unglaublichsten Ermittlungen zu folgen, möchte ich Ihnen nun einen Fall vorstellen, der wohl selbst erprobte Krimizuschauer erstaunen dürfte. In diesem Fall ist nämlich tatsächlich derjenige der Täter, dem man es als Laie am ehesten zutraut. Das ist diesmal nicht der Gärtner oder der Kriminalbiologe, sondern – wie die Überschrift schon verrät – der Präparator. Der Bericht stammt vom Rechtsmediziner Wolfgang Huckenbeck, der viele Auslandseinsätze durchgeführt hat, darunter auch die Arbeit vorOrt beim Tsunami (2004) und im Kosovo (ab 1999). Darüber hinaus war er Herausgeber der inzwischen eingestellten Zeitschrift
SeroNews
von und für Forensiker, die wegen ihrer guten Lesbarkeit und der vielen Fallbeispiele auch gern von Feuerwehrleuten, Bestattern und Richtern gelesen wurde. Das folgende Beispiel aus dem Juni 2000 ist eines der vielleicht besten Beispiele für seine spannende Arbeit. Huckenbeck erinnert sich in seinem Tagebuch:
»Mitten während einer Sektion der Leiche eines vier Wochen alten Tauchunfalls aus Ägypten klingelte das Telefon. Frau Salzmann vom Bundeskriminalamt fragte an, ob es möglich wäre, ad hoc einen Einsatz, eventuell erst einmal als Vorhut, in den Jemen zu unternehmen. Von Serienmorden, Leichen und Leichenteilen, von Organhandel, vom geplanten Sturz des Innenministers war die Rede. Insgesamt alles etwas unklar, aber es lag erst ein Fax der dortigen deutschen Botschaft mit ebendiesem Inhalt vor.
Das Auswärtige Amt befürwortete die Entsendung eines deutschen Rechtsmediziners, der ausdrücklich vom Jemen gewünscht wurde. Dann ging es ganz schnell. Freitag war Abflugtag, abends in Paris Treffen mit Toralf Kahl, einem alten Kosovo-Kameraden vom BKA, dann Weiterflug nach Sanaa (Hauptstadt des Jemen).
Wir treffen morgens um acht Uhr ein und werden von Oberst Al Hamdani, Chef der Kriminaltechnischen Untersuchungsstelle, empfangen. Er schleust uns gleich am Zoll vorbei, sodass wir das Visum sparen. Dafür sind die Dienstpässe vier Tage lang verschwunden. Die Tatort-›Koffer‹ (in Wirklichkeit eine große Kiste) müssen wir nicht schleppen: Das erledigen zum Glück Träger. In Polizeibegleitung geht es dann zur Staatsanwaltschaft.
Dort sammeln sich immer mehr Leute an, und der Raum ist schnell voll. Es folgt eine freundliche Begrüßung bei Tee und Limonensaft. Aber was ist mit dem Tatort?
Darüber muss erst noch der Richter entscheiden, der das laufende Verfahren betreut. Er muss aber noch geholt werden. Derweil folgt die Vereidigung als Sachverständige, die wir auch ohne Schwur auf den Koran durchführen dürfen. Plötzlich taucht eine Fotomappe auf: Leichen und Leichenteile, aufgenommen in der dortigen Rechtsmedizin. Mittlerweile hören wir, dass Adam – so heißt der Präparator und Mörder – erst zwei
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