Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
Stein zeigte? Konnte das vielleicht bedeuten, dass irgendjemand – vielleicht die Polizei während ihrer jahrelangen Jagd im Hintergrund – den Stein aus Parks Haus gestohlen und in die Beweiskammer mit den Funden aus dem See geschmuggelt hatte? Richter McCombe berichtet dazu:
»Am 30. September 1997 ging Taucher Brookes als Zweiter ins Wasser. Er fand in der Nähe der Leichenfundstelle Kleidung und verstaute sie in seiner Tauchtasche. Beim Aufsammeln wirbelte der Schlamm hoch und behinderte die Sicht. Brookes musste deshalb die übrigen Gegenstände am Boden ertasten.
Er sagte uns bei der Verhandlung, dass er normalerweise nie Steine aufsammelt, und er konnte sich auch nicht erinnern, in diesem Fall einen Stein eingepackt zu haben. Vielleicht hatte er ihn zusammen mit den anderen Sachen aus Versehen eingewickelt? Merkwürdigerweise wurde Brookes genau in dem Moment ohnmächtig, als wir ihm den Stein hier im Gerichtssaal zeigten. Aber so etwas passiert halt schon einmal.
Als Brookes den Stein dann später wieder betrachtete, konnte er sich immer noch nicht erinnern, ihn jemals gesehen zu haben. Er wiederholte, dass er Steine normalerweise wegwerfen und nicht aufsammeln würde. Er konnte sich auch nicht daran erinnern, den polizeilichen Fundzettel ausgefüllt zu haben. Als wir ihm den Zettel zeigten, räumte er zwar ein, dass der Schein seine Unterschrift und das Datum des Tauchgangs – 30. September 1997 – trüge. Weder in seinem Tauchbuch noch auf dem Sammelschein sei aber die Rede von einem Stein.
Der Beamte, der die Funde am Ufer in Empfang nahm, war Philip Smith. Er hat alle Fundstücke in Plastiktüten umverpackt, beschriftet und verschlossen. Diese Tüten wurden dannauf der Polizeiwache an Wachtmeister Burns übergeben. Er schloss den Beutel mit der Nummer PDB 5 in einen Schrank ein und machte mit seinen Kollegen noch Witze darüber, ob dieser Sack vielleicht so schwer sein könnte, weil darin noch eine weitere Leiche stecke.
Auf Nachfrage der Verteidigung räumte Wachtmeister Burns ein, dass nasse Kleidung in einem Sack natürlich sehr schwer ist. Er blieb aber dabei, dass der Sack mit der Nummer PDB 5 deutlich schwerer als die anderen Säcke vom Fundort gewesen sei. Geöffnet habe er die Säcke aber nicht.
Da die Kleidung getrocknet werden musste, wurde sie nach fünf Tagen in einen benachbarten Fahrradladen gebracht, in dem genügend Platz dafür war. Dort wurden die Säcke geöffnet und deren Inhalt ausgebreitet. Laut polizeilichem Tagebuch wurde der Stein um zehn Uhr dreißig als letzter Gegenstand aus den Säcken entnommen.«
Der nun erstmals dokumentierte Stein lag dann mehrere Jahre auf dem Boden des Fahrradgeschäfts. Dann wurde er den Geologen Pye und Pirrie übergeben. Der Boden eines Fahrradladens ist natürlich ein unschönes Lager für ein Beweisstück, das darüber entscheiden sollte, ob die Leiche von Carol im Haus von Gordon Park verpackt wurde oder nicht. Ungünstig für die Beweiskette war auch, dass der Stein erst mehrere Wochen nach dem Leichenfund aus dem See geholt wurde – wenn er überhaupt aus dem See kam.
Streng genommen gab es ohnehin nicht den geringsten Beweis dafür, dass der Stein am Leichensack befestigt worden war. Er lag in einer bis heute unbekannten Entfernung »in der Nähe« des Leichenfundorts im trüben Wasser. Der Taucher, der ihn laut polizeilichem Übergabebericht eingesammelt haben soll, konnte sich aber, wie erwähnt, vor Gericht weder daran erinnern, den Stein aufgehoben noch ihn jemals gesehen zu haben.
Der Hammer fällt
Vielleicht, so hoffte die Anklage, könnte man auf das wirklich unglückliche Beweisstück verzichten, wenn es irgendeinen anderen Gegenstand direkt von der Leiche gegeben hätte, der eindeutig aus dem Haus der Parks stammte.
Diesen anderen Gegenstand schien es nach einigem Nachdenken zu geben. Wie sich zeigte, hatte die Polizei während der Hausdurchsuchung bei Park wohl das Richtige getan, alle seine Hämmer einzusammeln.
Im Leichenbündel lag nämlich ein Bleirohr. Es war 1,7 Meter lang und platt gehämmert worden; ursprünglich war es achtunddreißig Zentimeter weit gewesen. Rohre dieses Durchmessers werden in Gebäuden unter anderem als Fallrohre eingesetzt, beispielsweise um Regenwasser von Auffangbehältern auf dem Dach in Toiletten zu leiten. Da Park sein Haus selbst gebaut hatte, war es natürlich möglich, dass er damals überschüssiges Material für spätere Reparaturen aufbewahrt und stattdessen dazu verwendet
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