Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
Seils durch eine Schlinge verhinderte. Dieser Knoten war – selbst bei Pfadfindern – wenig gebräuchlich und schien ein erster Hinweis darauf zu sein, dass der Täter Spezialkenntnisse hatte. Zudem war ein Kleiderrock mit vierzehn Stichen an die Leichenumhüllung genäht worden. Dazu bedurfte es aber einer sehr stabilen Nadel, die zwar auch von Teppichnähern, besonders aber zum Flicken von Segeln verwendet wird.
Da bei der Hausdurchsuchung auch allerlei verknotetes Material sichergestellt worden war, wurden die Knoten von der Leichenumhüllung nun mit denen aus dem Haus von Park verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass Gordon Park ein nur mittelmäßiger Verknoter war, der im Zweifel am liebsten simple Schnürknoten machte. Als Segler beherrschte er zwar auch einige weitere Knoten, die er im Haushalt auch hin und wieder anwendete. Es fand sich aber weder an der Leiche noch im Haus ein derart seltener oder eigenwilliger Knoten, der bewiesen hätte, dass Park die Leiche verschnürt und beschwert haben musste.
»Andererseits«, urteilte Richter McCombe, »sagte der Sachverständige aus, dass er auch
nicht ausschließen
kann, dass Park sie geknüpft hat. Viele der Knoten an der Leiche sind ohnetiefere Kenntnis erstellt worden, aber das kann auch einfach daran gelegen haben, dass der Täter es eilig hatte. Allerdings spricht die Verwendung sehr vieler Standardknoten eher dagegen, dass ein erfahrener Segler am Werk war. Nur ein Achterknoten an der Leiche war wirklich auffällig und ist, wie auch Herr Park einräumt, ein typischer Seglerknoten.«
Bei der Verteidigung schlugen nun die Alarmglocken. Der Richter hatte den Geschworenen deutlich gesagt, dass nur ein einziger der vorgefundenen Knoten überhaupt aussagekräftig sein könnte. Dieser Knoten könnte aber in den Augen der Jury ausreichen, um Park nun doch noch durch einen Sachbeweis zu überführen. Immerhin – wenigstens
ein
Knoten, den eigentlich nur Segler verwenden, fand sich an der Leiche, würde die Jury vielleicht denken. Parks Anwältereagierten schnell und ließen noch rasch einen Seilmacher vor Gericht laden. Der berichtete, dass all die am Leichensack vorgefundenen Knoten, auch die Achter- und Stoppknoten, in der ganzen Gegend häufig benutzt würden. Der Grund dafür sei, dass eben viele Menschen im Segel- oder Seilgewerbe arbeiten würden.
Abb. 27: »Figure of Eight« - oder Achterknoten, der verwendet wurde, um die Leiche von Carol Park zu verschnüren. (Foto: M. Benecke)
Diese Aussage schwächte den ohnehin schon schwachen Knotenbeweis weiter. Denn erstens war ja nur einer der Knoten an der Leiche auffällig, und zweitens wurde er in einer Gegend gefunden, die von Kletterern, Seglern und Seilmachern bevölkert ist. Es wäre also unfair, einen solchen Beweis gegen den einzigen Verdächtigen zu richten. Oder sagt Ihnen der gesunde Menschenverstand etwas anderes?
Den Geschworenen jedenfalls schien das Gesamtbild auf nur einen Täter zu passen: Gordon Park. Er hatte seine Frau als Letzter gesehen, er war von ihr in Gefühlswirren gestürzt worden, er besaß (irgendwann) ein Boot auf dem See, in dem die Leiche lag, er kannte Seglerknoten (auch wenn er sie kaum verwendete) – mit einem Satz: Er war der Einzige, der zur betreffenden Zeit am betreffenden Ort gewesen sein konnte. So dachte die Jury.
Park musste dabei unglaublich kaltblütig gehandelt haben. Als er mit seinen Kindern die Spazierfahrt machte, musste deren tote Mutter schon im Haus gelegen haben. Er musste die übel zugerichtete Leiche dann verpackt, mit Steinen und einem Rohr beschwert erst ins Auto und dann auf sein Boot geschleppt haben, immer in der Angst, von den Kindern überrascht zu werden. Und auch auf dem See konnte er unmöglich wissen, ob er nicht beobachtet würde. Es war daher nicht verwunderlich, dass sich über zwanzig Jahre nach der Tat tatsächlich Zeugen fanden, die vom Ufer aus gesehen haben wollten, wie jemand in der betreffenden Zeit ein Bündel über Bord eines Bootes in den See geworfen hatte.
Park sitzt seit 2005 in Haft. Das bedeutet, dass er seinen Lebensabend hinter Gittern verbringt. Sein Sohn ist fest davonüberzeugt, dass die Beweise gegen seinen Vater so dünn sind, dass sie erstens auf viele andere Verdächtige passen würden und zweitens ein neues Gerichtsverfahren rechtfertigen. Dafür kämpft er derzeit. Ob es ihm gelingen wird, seinen Vater freizupauken, weiß niemand. Es ist sehr schwierig, sich gegen ein rechtskräftiges Urteil zu
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