Mordspuren - Neue spektakulaere Kriminalfaelle - erzaehlt vom bekanntesten Kriminalbiologen der Welt
Für meine Gisela ist dies Thema noch schwerer. Schwerer zu ertragen. Ganz ohne Kinder? Da sage auch ich ein hartes NEIN! Zurzeit versuche ich meiner Frau klarzumachen, dass es so viele arme Kinder gibt, die niemand will und die später nicht sagen müssten: »Mein eigener Vater hat…« Hoffentlich ist Ihnen klar, was ich meine. Ich kann nicht anders. Ich habe auf der normalen Seite meines Charakters eine sehr starke (normale) Neigung, mit Kindern umzugehen, mit ihnen zu spielen, sie lachen zu sehen… Niemand kann mir diese positive Neigung nehmen. Ich lasse sie mir auch nicht nehmen. Aber es ist sehr schwer, meine Frau dafür zu begeistern, Frauen denken anders…
Aber sicher wird sie mich auch mit Glatze lieben. Das glaube ich auch. Vor der Glatze habe ich nicht solche Angst, aber – nein, Angst ist es nicht, aber jeder hat vor einer OP wohl ein etwas mulmiges Gefühl.
So… nun muss ich für heute aber langsam schließen. Seien Sie aufs Herzlichste gegrüßt bis zum nächsten Mal
von Ihrem
ANIMAL Jürgen
∗ ∗ ∗
Weihnachten 1974
Meine Weihnachtswünsche haben Sie ja schon. Darum zuerst herzlichen Dank für Ihren letzten lieben Brief. Zu Weihnachten macht es besondere Freude. Es könnte ein sehr schönes Weihnachten geben. Falls endgültig »Ja« gesagt wird…
Ihre Fragen bezogen sich alle auf mich, also will ich sie gewissenhaft beantworten. Einen Punkt haben Sie falsch verstanden. In der Uni war ich aufgrund eines wissenschaftlichen Freibettes. Für die Unterbringung u. Untersuchungen keinen Pfennig! Aber vorher war es schrecklich. (Zu Ihrer Frage: Die Operation kostet sieben- bis zehntausend DM. Sie wird alsdringend notwendig bezeichnet u. vom Landschaftsverband Münster bezahlt. Ob ich es meinen Eltern hätte zumuten können? Von mir aus nicht, aber meine ELTERN hätten Ihre Frage, so gestellt, nicht recht verstanden. Meine Eltern wollen mich um jeden »Preis« gesund haben. Und ich kann es ihnen nur mit Liebe danken.)
Die Justiz steht mir auch heute noch derart misstrauisch gegenüber wie seit achteinhalb Jahren. Man weigerte sich, mich zur Uni zu transportieren. Der Richter: »Obwohl ich den von Ihnen eingeschlagenen Weg als RICHTIG empfinde…« Sie werden diese Haltung wohl verstehen. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. »Helft ihm, aber geht um Gottes willen nicht das geringste Risiko ein.« »Helft ihm, aber ich ? – Keine Verantwortung!«
Man weigert sich bei der Justiz, dass sich nach achteinhalb Jahren Nachdenken u. fast totaler Triebdämpfung ( Androkur ) sich etwas, ein Mensch, ändern kann. Hier hat man mehr Vertrauen. Viel mehr. (Mit Trauer habe ich erkannt, dass Sie im Denken sein müssen wie die obigen Zitate. Sie können nicht anders. Sie erleben mich nicht. Und doch, da ich ja weiß, zwingt es mir Tränen ab, kein Raubtier zu sein, aber von der Justiz als solches behandelt zu werden.)
Von Anstaltsseite wäre mir so viel Vertrauen entgegengebracht worden (von den Ärzten), dass wir in normalem Pkw, ein Fahrer, ein Pfleger, gefahren wären. Der Arzt sagte mir: »Hier haben Sie Ihren echten Vertrauensbeweis.« Ich habe ihn nicht missbraucht. Hätte ich nie. Ich kenne meine Chancen. Dr. Teuber war recht verstört über die Haltung der Justiz. Auch er hatte das (Unmöglichmachung von Hilfe) nicht erwartet. Man einigte sich: zwei Justizfahrer, vier Pfleger, Justiz-Minna usw. Die vier Pfleger waren für mich (Betreuung) auch in der Uni verantwortlich . Tag + Nacht. Sie mussten hart arbeiten, ohne Pause. Mit dem anderen Personal hatten wir nichts zu tun. Es gab Kalorienessen, nie wurde man satt. Mein Einzelzimmer war wie ein Bärenkäfig, so eng. Keine Freistunde,nichts. Keine Toilette, nichts. Fenster ohne Gitter, aber Panzerglas. Die Unipfleger wollten mit den »Irrenwärtern« nichts zu tun haben. Kein Kontakt. So hockten wir oft zusammen in meinem Zimmer.
Eine Woche vorher hatte ich alle Medizin, schwere, abgesetzt bekommen. Ich bekam Entziehungserscheinungen. Das gönne ich meinem ärgsten Feind nicht! Zittern, Schwitzen, Frieren, innere Unruhe, die sich zu totaler Angst steigert, kalter Schweiß usw. Ich war gar nicht ganz klar im Kopf. Ich musste was haben und bekam auch etwas. Sechs Nächte kein Auge zugetan.
Vor Entziehungserscheinungen hätte ich schreien können. Aber ich habe mich prima zusammengerissen bei den Gesprächen. Wie es mit meiner Frau sei. Sie schrieb es Ihnen. Wirkung der Androkur, wie gut es hilft ( sehr gut!) usw. usw. Die beiden
Weitere Kostenlose Bücher