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Mordsschock (German Edition)

Mordsschock (German Edition)

Titel: Mordsschock (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
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Kleiderordnung die Pflichtfarbe zu sein. Zumindest für Frauen. Manche Männer flanierten auch in grauen oder schwarzen Anzügen umher. Wie eine Herde trabten sie unruhig über den Rasen, mischten sich mal mit dem und mal mit dem, wechselten von Gruppe zu Gruppe, als hätten sie Angst, etwas zu verpassen. Während sie sich unterhielten, flatterte ihr Blick bereits voraus.
    Die anwesende Damenwelt glich der Bordbesetzung einer Lufthansa-Boing. Ein dunkelblaues Kostüm, ab und zu durch ein neckisches Hermès-Halstuch aufgepeppt, perfektionierte den Stewardessen-Look.
    Eine aus dem ‚Club‘, offensichtlich ein emanzipiertes Exemplar so um die vierzig – sie trug die dunkelblaue Variante als Hosenanzug –, begrüßte mich: „Ich bin Sylvie Winter.“ Die Hausherrin war eine attraktive Erscheinung. Gepflegt, schlank, dezentes Make-up. Neidisch schielte ich auf ihre rotblonde üppige Haarpracht, modisch kurz geschnitten. „Wollen Sie sich nicht am Büfett bedienen?“, lud sie mich unverbindlich lächelnd ein.
    Mein Gleichgewichtssinn erholte sich langsam. Ich schnappte mir einen Teller und wählte mit Bedacht auf das enge Kleid eine bescheidene Auswahl Antipasti.
    Ken Winter drückte mir ein Sektglas in die andere Hand. Er folgte mir wie ein Schatten. Heute einen halben Kopf kleiner als ich wegen meiner hohen Hacken. Kichernd witzelte er über die Häppchen, leerte seinen Teller im Nu und naschte von meinen Antipasti. Er grabschte eine Olive von meinem Teller und starrte mir tief in die Augen, während er sie genüsslich verspeiste.
    Sein Verhalten verwirrte mich. Rasch trank ich das Glas Sekt in einem Zug aus.
    Kaum, dass ich das leere Glas abgestellt hatte, drückte mir Winter ein gefülltes in die Hand und prostete mir zu. Anschließend deutete er vielsagend auf meinen halbvollen Teller.
    „Ich esse langsam. Das ist gut für die Figur“, stammelte ich und dachte im nächsten Moment, dass das das Blödeste war, was ich je gesagt hatte.
    Ihn störte es nicht. Er lächelte mich lausbübisch an, wobei sich die kleinen Fältchen in dem gebräunten Gesicht zusammenzogen. „Aber in das Kleid geht noch eine Menge rein!“
    Normalerweise hätte ich diesen Spruch als sexistisches Machogetue mit einer entsprechenden Antwort abgebügelt, jetzt aber stierte ich in die faszinierend blau leuchtenden Augen und grinste hypnotisiert. Ich Kaninchen, er Schlange? Nein, so tief ging ich nicht in die Knie!
    „An den richtigen Stellen ist es ja gut gefüllt“, setzte er seine anzüglichen Anspielungen fort.
    „Bei Ihnen dagegen scheint an der entscheidenden Stelle gähnende Leere zu herrschen“, platzte ich heraus. Ups! Der Sekt löste meine Zunge. Innerlich gratulierte ich mir, mich aus seinem Bann befreit zu haben, gleichzeitig wusste ich natürlich, dass diese Beleidigung fehl am Platze war.
    Ken Winter brach in dröhnendes Gelächter aus.
    Diplomatisch lachte ich mit, um so unsere gesellschaftlichen Fauxpas zu überspielen. Wenigstens hatten wir sie gemeinsam begangen!
    Das Gelächter zog die Leute in der Nähe an, die neugierig wissen wollten, was es so Witziges gebe.
    „Bleibt unser Geheimnis!“, erklärte Winter.
    „Ja, mein Mann kann hinreißend sein. Trotzdem möchte ich jede Frau vor ihm warnen!“ Unbemerkt war Sylvie Winter hinter mich getreten.
    Erstaunt gaffte ich sie an. War sie eifersüchtig?
    Aber sie drehte sich in Richtung Büfett um und stolzierte auf ihren Pradaletten davon.
    „Die Winters leben in Scheidung“, wisperte eine aus der Stewardessen-Fraktion hinter meinem Rücken. Sie hatte die Bemerkung der Gastgeberin aufgeschnappt, weil sie und ihre Geschlechtsgenossinnen sich inzwischen beharrlich um Ken Winter scharten. Aha, auch diese heile Welt hatte einen Sprung!
    Winter veranstaltete eben ein kleines Wetttrinken gegen einen jungen Parteifreund, das er zum Jubel der Damen gewann.
    „Ken macht die besten Partys.“ Eine ‚Stewardess‘, die sich als gesundheitspolitische Sprecherin entpuppte und momentan den verklärten Gesichtsausdruck eines Bravo-Girls trug, seufzte filmreif. Offensichtlich himmelte sie ihren stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden an.
    Ich guckte mich nach dem Chef der Konservativen um, entdeckte von Stetten aber nirgends. Stattdessen traf ich Matthias Ehrhardt, den jugendlichen Charmeur alter Schule, den ich ebenfalls auf der Sitzung kennengelernt hatte.
    „Darf ich sagen, dass Ihnen dieses Kleid fantastisch steht?“ Mit schiefgelegtem Kopf lächelte Ehrhardt an mir vorbei

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