Mordsschock (German Edition)
Ferne knatterte ein Trecker. Landwirtschaftliche Geräusche, dumpfes Muhen von Kühen und drollige Grunzlaute, die nach Schweinen klangen, komplettierten das Landleben.
Ich patschte beim Aussteigen in eine riesige Matschpfütze und scheuchte einige Hühner auf. Gackernd stoben sie Flügel schlagend auseinander.
Ein junges Mädchen steckte seinen Kopf aus einer Stalltür. Im Vorgarten des Wohnhauses erhob sich mühsam eine ältere Frau mit Kopftuch und Kittelschürze, die dort kniend Unkraut gejätet hatte. Mit forschendem Gesichtsausdruck humpelte sie mir entgegen. Sie zog das rechte Bein hinterher. „Sie wünschen?“ Ihr Blick blieb auf dem Nummernschild meines Autos haften. Das zaghaft angedeutete Lächeln verschwand.
Ich stellte mich höflich vor, erklärte, dass ich einen Bericht über Autorennen in der Rosenhagener Kieskuhle schreiben und deswegen Näheres über den Tod von Peter Heimann in Erfahrung bringen wollte.
„Was hat mein Enkel damit zu tun?“
„Es existiert der Verdacht, dass in der Kieskuhle Wettrennen gefahren werden. Vielleicht hat Ihr Enkel sich daran beteiligt und es war ein Unfall ...“
Die Frau starrte mich grimmig an, die Harke in der Hand abwehrend gegen mich erhoben.
„Hat er Ihnen je von Autorennen erzählt?“
Weil sie den Kopf schüttelte, wollte ich ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. „Bedenken Sie, wenn Ihr Enkel sich gar nicht umgebracht hat ...“
„Gehen Sie!“, schrie die Frau mich an. Sie schluchzte auf. Ein Zittern lief sichtbar durch ihren Körper. Von einem Weinkrampf geschüttelt, flog er hin und her.
Was nun? Wenn ich versuchte, sie tröstend in die Arme zu nehmen, würde sie mir mit der Harke die Augen auspieksen.
„Oma, gibt’s Probleme?“ Ein junger Mann bog um die Hausecke.
„Verschwinden Sie! Peter ist tot!“, fauchte die bebende Frau.
„Verzeihung, ich möchte Ihre Großmutter nicht aufregen“, murmelte ich zu dem jungen Mann, der seiner Oma beruhigend den Rücken tätschelte und sie ins Haus führte.
Ich trat, peinlich berührt, den Rückzug an. Nichts zu machen!
Als ich meine Autotür aufschloss, ertönte hinter mir ein Pfiff. Erschrocken drehte ich mich um.
Das Mädchen, das die Szene von der Stalltür aus beobachtet hatte, winkte mir zu.
Zögernd schaute ich nach der alten Frau und ihrem Enkel. Sie waren nicht mehr zu sehen. Eilig ging ich auf die Stallungen zu.
„Sie sind wegen Peter hier?“ Das Mädchen pustete sich eine braune Ponysträhne aus der Stirn. Es trug einen grobgestrickten schwarzen Pullover, Jeans und Gummistiefel. Aus der Nähe wirkte es älter – wie achtzehn. Der kurze Haarschnitt, der rosige Teint und die knabenhafte Figur machten es jünger. „Ich bin Bianca, Peters Schwester.“ Sie gab mir ein Zeichen, ihr in den Stall zu folgen.
Miefige Luft, zum Schneiden dick, schlug mir entgegen. An der Seite konnte ich über eine niedrige Tür einen Blick in den angrenzenden Stall werfen. Die Köpfe von 30 Kühen wühlten und rumorten in einer Futterrinne. Dicht an dicht standen ihre schwarz-weißen, massigen Körper mit den prallen Eutern auf nassem, stinkendem Stroh. Sie erzeugten ein grummelndes gleichmäßiges Geräusch.
„Warum sind die nicht auf der Wiese bei dem schönen Wetter?“
„Bequemlichkeit! Die müssen regelmäßig gemolken werden.“ Bianca wusste, wovon sie sprach. „Is ’n Haufen Arbeit, so’n Betrieb. Ich hab’ nich viel damit am Hut. Peter wollte den Laden übernehmen und ummodeln. Bei ihm hätten Sie auch Ihre glücklichen Milchkühe auf der grünen Wiese gefunden.“ Herausfordernd stemmte Bianca ihre Handflächen unter den nicht vorhandenen Busen und spreizte ihre Ellenbogen wie ein flügelschlagendes Huhn nach außen.
Dann zog sie mich weiter. Ihre Gummistiefel quietschten. Es war finster. Irgendwelche Kannen und Eimer standen herum, an der Seite lagen Strohballen.
Bianca schwang sich auf einen und schlenkerte so lange mit den Beinen, bis die Gummistiefel herunterglitten. Ohne ihre Hände zu benutzen, streifte sie sie ab. Barfuß hockte sie mit angezogenen Beinen auf dem Stroh. „Wenn Sie mich fragen, haben sie Peter krks ...“ Statt weiter zu sprechen, fuhr sie sich mit eindeutiger Geste über den Hals.
„Du glaubst also nicht an Selbstmord?“
„Ach Quatsch!“, erwiderte sie rau. „Das behaupten die Bullen! Eric, Oma und Papa haben sich das auch einreden lassen. Angeblich gibt es keinerlei Beweise für ein Verbrechen.“
„Und was denkt deine Mutter?“
„Sie
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