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Mordsschock (German Edition)

Mordsschock (German Edition)

Titel: Mordsschock (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hoffmann
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Blick, mit dem sie sich unsere Gesichter für die Ewigkeit einprägte, als wollte sie sagen: „Ihr werdet stets den richtigen Weg wählen. Ich vertraue euch.“
    Nein, als sie einschlief, weinte ich nicht. Unzählige Stunden, in denen ich vor Wut mit dem Kopf gegen die Wand gedonnert war oder Gegenstände durchs Zimmer geschleudert hatte, weil ich mich so unendlich hilflos fühlte. Machtlos einem unfassbaren Schicksal ausgeliefert, das uns in die grausame Zuschauerloge trieb, von der aus wir wie Gefesselte und Geknebelte nichts anderes tun konnten, als Mutters letzten Kampf zu verfolgen. Alle Tränen waren geweint, alle Worte gesagt, alle Gedanken gedacht. Ich wusste, nun war es so, wie sie es sich gewünscht hatte.
    „Vic, wir haben Mamis letzten Wunsch erfüllt. Keine Tränen mehr, sondern Frieden.“
    „Johnny sagt, er habe so richtig Rotz und Wasser geheult, als seine Oma gestorben ist. Und im Fernsehen weinen auch alle immer ganz doll. Ich konnte nicht, weil ich froh war, dass es vorbei war. Vielleicht habe ich auch nicht begriffen, dass sie nie wieder zurückkommt. Ich bin so verdorben!“ Vic schniefte.
    „Wer einen geliebten Menschen sich über lange Zeit hat fürchterlich quälen sehen, ist froh, wenn die Leiden ausgestanden sind und dieser geliebte Mensch seine Ruhe findet. Das ist völlig normal.“
    „Aber trotzdem bin ich oft traurig, dass sie weg ist.“
    „Diese Trauer werden wir unser Leben lang empfinden, jeden Tag. Wir vergessen Mami nie. Wir wollen sie in ihren guten Zeiten in Erinnerung behalten, als sie noch gesund war.“
    „Meinst du, Mami freut sich, wenn ich von jetzt an, immer das Richtige tue?“
    „Klar, wenn du bloß weißt, was das Richtige ist! Ich weiß es meistens nicht.“

Kapitel 20
     
    An der Windschutzscheibe meines Autos klebte ein anonymer Brief mit merkwürdigem Text: ‚Neues vom Gottesanger. Kommen Sie heute allein um 22 Uhr zur alten Eiche am Waldfriedhof! Zu niemandem ein Wort!‘ Alle Druckbuchstaben waren sorgfältig aus der Zeitung ausgeschnitten und aufgeklebt worden.
    Ging dieser Wisch wieder auf das Konto derselben Person, die mich zum Grab des Nicolaus von Bernfried gelockt und dort angegriffen hatte? Ich bekam eine Gänsehaut. Anscheinend handelte es sich um einen Grabfetischisten, der seine Opfer gleich am passenden Ort erschlug.
    Herder informieren? Aber ich konnte der Polizei keinen Verdächtigen melden. Oder sollte jemand anders an meiner Stelle zu dem geheimnisvollen Treffen gehen und ich im Hintergrund lauern? Gemeinsam könnten wir die mysteriöse Person stellen. Die abenteuerlichsten Ideen schossen mir durch den Kopf.
    Ich zog Jelzick ins Vertrauen.
    Unser bulliger Polizeireporter lehnte meine Vorschläge ab. „Du zeigst das Schreiben dem Herder und damit basta! Das ist kein Kinderspiel mehr! Wenn dahinter wieder der Kerl steckt, ist das viel zu gefährlich, um auf eigene Faust irgendwelche verrückten Aktionen zu planen. Überlasse das der Polizei!“
    Insgeheim war ich erleichtert. Auch wenn ich es mir selbst nicht eingestand, ich hatte nackte Angst um mein Leben.
    Schweren Herzens saß ich zwei Stunden später mit dem anonymen Wisch in der Hand im Büro von Kommissar Herder und schilderte ihm mein Erlebnis in Herbeck. Meine Hände bebten. Ich zwang sie zur Ruhe in den Schoß. Aber sie gehorchten nicht, flogen ständig hin und her. Ich lechzte nach einer Zigarette.
    Herder ließ mich nur aus den Augen, um sich Notizen zu machen. Hinter seinem klobigen Eichenholzschreibtisch auf einem mächtigen schwarzen Bürosessel thronend, symbolisierte er die Autorität, die ihm draußen abging. Vor sich die Fotos seiner Kinder Caroline und Ernst-August, neben sich ein Bild seiner Frau. Geballte Potenz. Der schwarze Schnauzer blähte sich beim Ein- und Ausatmen einschüchternd.
    Gewaltige Regale voller Aktenordner pflasterten jeden Zentimeter Wand zu. Es roch nach altem Papier. Die Luft war zum Schneiden. Beschlagene Fensterscheiben signalisierten krassen Sauerstoffmangel.
    Ich sackte mit jedem Satz mehr auf meinem unbequemen Holzstuhl zusammen. T-Shirt und Hose klebten unangenehm. Fehlte nur, dass Herder mich wie im Fernsehkrimi beim Verhör mit einer Lampe geblendet hätte.
    Die Zusammenhänge zum Gottesanger ließ ich vage, wäre alles viel zu kompliziert geworden. Ich sagte lediglich, ich hätte gehört, dass es bei der Verteilung des Grundstücks Unstimmigkeiten gegeben hätte und ich der Sache hatte auf den Grund gehen wollen.
    „So, und warum haben

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