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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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Stimmung. Es wurde schon dunkel, als ich die
Regent’s Park Road zurückging, ein kalter, klarer Novemberabend. Als ich mich
Primrose Hill näherte, wurde mir aufgrund der wimmelnden Menschenmenge klar,
daß heute der Abend des Freudenfeuers war, das der Verein der Anwohner von
Primrose Hill veranstaltete. Ganz London schien dort zu sein. An den Toren zum
Primrose Hill Park stand alles, was in Camden Rang und Namen hatte, und hielt
Eimer, um Geld für das Feuerwerk zu sammeln. Es waren ein paar Händler da, die
dünne Plastikschläuche voll fluoreszierender Flüssigkeit an die Kinder der
leichtgläubigeren Eltern des Bezirks NW3 verkauften, um sie als Halskette zu
tragen, aber sie machten kein großes Geschäft. Ich war halb versucht, zu
bleiben und zuzuschauen, aber ich war auf eine Party in Hampstead eingeladen,
mit weniger Feuerwerk und mehr Leuten, die ich kannte, und heute abend brauchte
ich Gesellschaft.
    Ich lag im heißen Wasser mit Sandelholzöl und
fühlte mich schon glücklicher und entspannter. Nach ein paar Minuten begann das
Telefon zu klingeln. Ich seufzte und faßte den Entschluß, mir ein kabelloses zu
kaufen, sobald ich es mir leisten konnte, damit ich gleichzeitig baden und
reden konnte. Ich sank tiefer ins Wasser, so daß meine Ohren ein tauchten und
meine Haare vom Gesicht wegdrifteten. Doch das Klingeln hielt an. Ich wünschte,
ich hätte den Anrufbeantworter angestellt und stieg widerwillig aus der Wanne.
Inzwischen hatte ich mir eingeredet, daß es Greg sein mußte, und versuchte,
mich in eine entsprechend unnachgiebige Stimmung hochzuschaukeln, um ihn
abzufertigen. Es ist überflüssig zu sagen, daß in der Sekunde, als ich mich
herabbeugte, um den Hörer abzunehmen, das Klingeln aufhörte. Ich nahm trotzdem
ab und hörte nur noch das Freizeichen. Es erinnerte mich an Agathas Anruf am
Tag vorher. Mir war ein wenig bange zumute, weil ich so kurz angebunden gewesen
war, und ich beschloß, da ihre Wohnung fast en route lag, auf dem Weg
zur Party bei ihr vorbeizuschauen.
    Ich zog mein liebstes kleines Schwarzes an,
schwarze matte Strümpfe, halbhohe Stiefel und legte jede Menge große unechte
Perlen an. Ich wollte gerade in meinem Trenchcoat aus dem Haus gehen, als ich
entschied, daß es diese Nacht nicht regnen würde, und ihn gegen eine alberne
Pelerine tauschte, die ich vor zwei Jahren auf einer Geschäftsreise nach New
York gekauft hatte. Sie ist aus rosa Kunstpelz und von oben bis unten mit
schwarzen Mickymäusen bedruckt. Ich mußte bis zum Belsize Park laufen, um ein
Taxi zufinden, weil starker Verkehr auf den Straßen herrschte.
     
    Niemand antwortete auf mein Klingeln. Ich
läutete mehrere Male und wollte schon reinen Gewissens gehen, als ich spürte,
daß mir ein pelziges Tier um die Beine strich. Ich erschrak und konnte gerade
so eben vermeiden, Chutney auf den Schwanz zu treten, Agathas Kater. Er ist ein
unverwechselbarer Kater. Mir ist noch nie ein so großer begegnet. Agatha kam
öfters ins Büro und hatte Chutney wie eine lebende Stola um ihren Hals
drapiert. Wie die meisten Katzen ist er extrem freundlich, wenn er etwas will,
und gibt sich ansonsten völlig unnahbar. Er wollte offenbar ins Haus hinein.
Ich erklärte laut, daß niemand zu Hause sei, als mir einfiel, daß ich ein
Schlüsselbund von Agathas Wohnung in meiner Tasche hatte.
    Der Aufzug ächzte zum vierten Stock hoch.
Chutney folgte mir den Gang entlang, und ich ließ uns beide in die Wohnung. Der
Korridor innen war dunkel, aber hinten aus der Küche kam Licht. Ich rief:
»Hallo?«
    Keine Antwort.
    »Hallo? Agatha?«
    Immer noch nichts.
    Ich fühlte mich langsam ein bißchen wie ein
Einbrecher. Agatha war offenbar ausgegangen und hatte vergessen, das Licht
auszumachen. Ich hätte dann einfach gehen sollen, aber aus irgendeinem Grund
entschloß ich mich, in die Küche zu gehen und die Lampe auszuknipsen. Die Tür
zum Tagesraum war offen, und die Katze verschwand hinein ins Dunkle. Die
anderen Türen waren geschlossen, wie sie es das Mal davor auch gewesen waren.
Nichts schien ungewöhnlich, bis ich zur Küche kam.
    Sie war strahlend sauber. Der ganze Müll vom
Mittwoch war fortgeräumt. Der Linoleumboden war weiß und glänzend. Vorher hatte
ich seine Farbe nicht ausmachen können. Die Flächen waren geschrubbt worden,
und es roch heftig nach Bleichmittel.
    Der ehemals überquellende Abfalleimer war leer
und ruhte umgedreht auf dem Ablaufbrett. Ich lächelte, als ich Agatha im Geiste
mit Schürze und Mop vor mir sah.

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