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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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Ich drehte das Licht aus und ging zurück zur
Tür, als meine Neugier die Oberhand gewann. Anscheinend war niemand zu Hause,
und ich konnte einem flüchtigen Blick in die anderen Zimmer nicht widerstehen.
Ich öffnete die erste Tür rechts und knipste das Licht an. Es war ein riesiges
Badezimmer mit einer grandiosen gußeisernen Badewanne mit Krallenfüßen inmitten
des Raums. Ich öffnete die nächste Tür. Die Lampe neben dem Bett war an und
warf ein weiches, goldenes Licht in den Raum. Ich hatte keine richtige Zeit,
die Ausstattung von oben bis unten zu betrachten, weil diagonal über der oberen
Hälfte des großen Doppelbetts Agatha lag und mich anstarrte.
    »Sehen Sie, es tut mir furchtbar leid«, begann
ich zu sagen. »Ich habe mir ein wenig Sorgen um Sie gemacht, und ich weiß nicht
recht, warum, aber ich entschloß mich, vorbeizukommen, dann erinnerte ich mich,
daß ich Ihre Schlüssel habe, und, na ja, Ihre Katze schien hineinzuwollen, und
es ist kalt draußen und...«
    Ich bemerkte mitten im Satz, daß ihr
Gesichtsausdruck sich überhaupt nicht verändert hatte.
    »Ist alles in Ordnung? Ich meine, ich weiß, es
ist aufdringlich, und ja, vermutlich war ich ein bißchen neugierig, aber...«
    Immer noch keine Veränderung. Mir war allmählich
äußerst nervös zumute. Ich trat einen Schritt zur Seite. Ihre Augen bewegten
sich nicht. Ich fing an, in Panik zu geraten. Es war mir ziemlich peinlich,
mich mit ihr zu unterhalten, während ihr kimonoähnlicher Bademantel aufklaffte,
also hob ich ein Handtuch vom Fußboden auf und näherte mich dem Bett, und hielt
es dabei wie die Capa eines Toreros vor mir. Als ich so nah war, wie ich es
wagte, warf ich es über ihren Körper. Es bedeckte sie bis hoch zu den Brüsten.
Sie lag immer noch tranceähnlich in der gleichen Position da.
    Ich muß Hunderte von ähnlichen Situationen im
Fernsehen oder in Filmen gesehen haben, aber ich stand mehrere Minuten lang wie
festgefroren neben Agathas Bett, wünschte mir, irgendwo anders zu sein, und
hatte absolut keine Ahnung, was ich machen sollte. Ich konnte mich nicht dazu
bringen, sie anzufassen, und doch hatte ich nicht das Gefühl, sie sei tot. Sie
war ziemlich gelb gefärbt, aber es war keine tödliche Blässe. Nach einer Weile
kniete ich mich neben die Seite ihres Bettes und beobachtete ihren Brustkorb.
Ich konnte nicht sagen, ob sie atmete oder ob ich es mir nur einbildete. Auf
dem Nachttisch stand ein halbvoller Becher — er roch nach Whisky und Zitrone — und
daneben ein Telefon.
    Ich wählte 999.

  Die Notaufnahme des Royal Free ist nicht der angenehmste Ort, um
dort die Nacht zu verbringen. Der Krankenwagen kam gegen neun Uhr, und Agatha
wurde auf einer Trage in eine der Wiederbelebungsstationen gerollt. Nach
wenigen Minuten kam eine Ärztin heraus, um mit mir zu reden. Ich kämpfte mit
einem Formular, das sie mir gegeben hatten, und fühlte mich erbärmlich
ungenügend. Mit Ausnahme ihres Namens war ich nicht in der Lage, irgendeine der
über Agatha erforderlichen Einzelheiten auszufüllen, noch nicht einmal ihr
Alter. Ich versuchte zu erklären, wer ich sei und warum ich in der Wohnung
gewesen war. Was auch immer aus meinem Mund kam, muß sich sehr merkwürdig
angehört haben, denn die Ärztin entschied, das Gespräch in einem der mit
abgeteilten Vorhängen umgebenen Warteräume fortzusetzen.
    »Jetzt versuchen Sie mal nachzudenken«, sagte
sie. »Wenn Sie keine nahe Angehörige sind, wer ist es dann?«
    »Ist sie tot?« Die Worte »nahe Angehörige«
lösten diese Antwort bei mir aus.
    »Nein. Aber es geht ihr gar nicht gut. Bitte
versuchen Sie nachzudenken, an wen wir uns wenden sollen.«
    Ich dachte nach. Ich kannte nur eine Person, die
Agatha nahestand, und das war Anthony White. Ich sagte seinen Namen.
    »Und in welchem Verhältnis steht er zu der
Patientin?«
    »Na ja, Geschäftspartner, vermute ich.«
    »Sie wissen nichts von irgendwelchen
Verwandten?«
    »Also, sie hat eine Schwester. Aber sie —«
    »Und wie heißt sie?« unterbrach die Ärztin.
    »Dorothy.«
    »Dorothy Brown?«
    »Das nehme ich an. Moment, nein, sie ist
verheiratet. Ich vermute, sie stammt aus der Generation, die gewöhnlich den
anderen Namen angenommen hat.«
    Die Ärztin sah allmählich verzweifelt aus.
    »Ich versuche nachzudenken.« Ich wußte, daß er
mit B anfing. Ich hatte ihn in der Woche davor mehrmals in den Computer
getippt, aber in meinem Kopf herrschte vollkommene Leere.
    Die Ärztin ließ mich eine Minute allein, und als
sie

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