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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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gefragt, was heutzutage mit der
Sprache passiert? Nein, ich meine nicht die Kids auf der Straße, die sagen, du
sollst dich verpissen, wenn man ihnen am Guy-Fawkes-Tag keinen Penny gibt.
Penny, was red’ ich denn da, was ist eigentlich aus dem Penny geworden? Heute
heißt es schon verpiß dich, wenn man ihnen kein Pfund in die Hand drückt. Nein,
ich will Ihnen jetzt nicht mit dem moralischen Niedergang der Nation kommen,
ich red’ von ganz normaler, alltäglicher Sprache... Ja, Sir, das, was der Rest
von uns lesen und schreiben kann«, sagte ich zu dem Mann in der letzten Reihe,
der die ganze Zeit über dazwischengerufen hatte. »Was ich meine, ist, alles hat
heutzutage einen blödsinnigen Namen... British Rail hat damit angefangen, als
ihnen klar wurde, daß sie wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen vor dem Kadi
landen würden, wenn Sie’s weiterhin >Billigtarif< nennen. Jetzt haben wir
rosa Zeiten. Jetzt trauen sie sich nicht einmal mehr, uns Fahrgäste zu nennen,
nein, wir sind Kunden. Wir bezahlen, aber das heißt noch lange nicht, daß sie
auch fahren... Und erinnern Sie sich noch an die Zeit, als es nur drei Größen
gab, Small für klein — nur mal so geraten, Sir -, Medium und Large? Nun, zum
Glück für meinen Freund da hinten heißt das jetzt Normal, Groß und Jumbo...
Ichhatte mich gerade dran gewöhnt, das Ham vor Burger fallenzulassen, und jetzt
soll ich nach einem Big Mac fragen — nochmals Entschuldigung da hinten...«
    »Auf die Qualität kommt’s an, nicht auf die
Quantität«, rief eine Frau dazwischen.
    Ich verzog das Gesicht. »Ach, kommen Sie, machen
wir uns doch nichts vor...« Ich legte eine Pause ein und war erleichtert, die
meisten anderen Frauen im Publikum lachen zu hören.
    »Es war mal ein leichtes, sich Fish und Chips
mit Ketchup zu bestellen. Ich weiß ganz einfach nicht, wie ich
>Filet-o-Fish< aussprechen soll. Ich meine, ist das nun ein stummes T und
ein langes O oder was? ... Und das ist noch, bevor man bei den Pommes und dem
BBQ-Dip angelangt ist — Was soll ich nicht? Ja nun, ich kann Sie nicht sehen,
aber ich würde mal die Vermutung wagen, daß Sie Experte sind, wenn’s darum
geht, sich ins Hemd zu machen... Oje! Da scheinen wir heute abend aber ein paar
Wischiwaschiliberale im Publikum zu haben... und meinen schwachköpfigen Freund
natürlich..., oder sollte ich PC sagen? Erinnern Sie sich noch an die Zeit, als
PC wie Police Constable der Vorname des freundlichen Schutzmanns an der Ecke
war? Erinnern Sie sich noch an freundliche Schutzleute? Tja, jetzt bedeutet PC
Political Correctness. Ich versuch’ mal, Ihnen das zu erklären... Erinnern Sie
sich noch, was das für ein Ärger war, bis Sie ihre Mutter überredet hatten, den
Busschaffner nicht >farbig< zu nennen? Erinnern Sie sich überhaupt noch
an Busschaffner? Meine hat sich gerade daran gewöhnt, >schwarz< zu sagen
— leichtes Zögern am Anfang, sie ist sich nicht sicher, ob ich sie auf den Arm
nehme — , und jetzt erzähle ich ihr > Nein, Mama, du mußt
afro-karibisch sagen<. Ich war immer ganz glücklich damit, klein zu sein,
aber nun haben sie entschieden, ich sei vertikal herausgefordert... Was sind
Sie dann eigentlich, Sir? Genital herausgefordert, nehme ich an...«
    »Fotze!« erwiderte er.
    »Ich weiß, wie Sie heißen, also wie heißt
die Frage?«
    Zum ersten Mal seit Monaten bekam ich nicht
diese Art Adrenalinkick, den mir meine Stegreifnummer normalerweise verschafft.
Der Zwischenrufer war unnachgiebig und betrunken, aber er riß einen Teil der
Zuhörer mit sich, und ich mußte mich wohl oder übel um ihn kümmern.
Normalerweise halten sie den Mund, wenn man lange genug zurückschlägt, aber
dieser nicht. Ich kam mit ihm zurande, gerade so, aber einfach bloß
Unflätigkeiten mit jemandem auszutauschen, ist nicht so recht meine Sache. Ich schwor
mir, mich auf den nächsten Auftritt besser vorzubereiten. Improvisation ist
eine feine Sache, wenn man sie zwischen zwei Rollen einschiebt, aber ich wollte
nie wieder eine halbe Stunde davon machen.
    Es wäre nicht so nervenaufreibend gewesen, wenn
ich pünktlich gekommen wäre, aber gerade, als ich aus der Wohnung ging, hatte
das Telefon geklingelt. Ich hatte gezögert, bevor ich antwortete, weil ich
schon ein bißchen spät dran war und normalerweise gerne im Pub etwas trinke und
das gegnerische Team begutachte, bevor ich anfange.
    Es war Agatha. Sie hörte sich absolut schlimm
an. Ich mußte sie dreimal ihren Namen wiederholen lassen, bis ich sie

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