Mordstheater
wollte mit Anthony reden. Ich hatte
beschlossen, ob es nun weise war oder nicht, ihn mit der offensichtlichen
Frage: »Wenn Agatha keine Medikamente genommen hat, wie konnte sie sie dann aus
Versehen überdosieren?« zu konfrontieren.
Ich dachte allmählich, daß meine Verdächtigungen
ein bißchen obsessiv wurden, und ich wollte meine nagenden Zweifel bereinigen.
Ich wollte allerdings nicht vor Janet mit ihm reden, also entschied ich zu
warten, bis sie beendet hatten, was immer sie auch taten.
Es waren nur drei Briefe in der Post. Zwei an
mich adressierte kamen von Klienten, die darum baten, ihre gesamten Unterlagen
an ihren neuen Agenten zu transferieren. Ich fluchte, weil einer von Mark Adams
war, einem Schauspieler, dessen zahlreiche Synchronverträge ich bereits
sorgfältig auf den Computer übertragen hatte. Der dritte war ein Luftpostbrief,
der eine weitere Bitte von der kalifornischen Universität enthielt, Die
Haare im Abfluß inszenieren zu dürfen. Es war gerade noch einen Monat hin
bis zu ihrer Aufführung, und sie verzweifelten allmählich. Es war
offensichtlich, daß sie in der Annahme, daß die Erlaubnis in Kürze erteilt
würde, mit den Proben für das Stück weitergemacht hatten.
Ich sah den gesamten Stapel Post auf Agathas Schreibtisch
durch, bis mir einfiel, daß der letzte Brief der Amerikaner eine der Sachen
gewesen war, die wir in ihrer Wohnung durchgesprochen hatten. Sie hatte den
Brief genommen, um ihn, wie ich angenommen hatte, später am Abend Dorothy zu
geben. Ich vermutete, daß Dorothy und Jack über die tragischen Ereignisse der
folgenden Woche vergessen hatten, sich darum zu kümmern. Angesichts dessen, daß
sie am Telefon so ruppig zu mir gewesen waren, als ich das letzte Mal angerufen
hatte, hatte ich nicht übel Lust, die Sache auf sich beruhen zu lassen, aber
die kalifornischen Theaterwissenschaftler waren hartnäckig, und ich war mir
sicher, daß zunehmend hysterische Faxe folgen würden, wenn ich diese Anfrage
ignorierte. Ich wählte Dorothys Nummer. Ein Anrufbeantworter meldete sich. Ich
hinterließ eine Nachricht für Dorothy, daß sie mich dringend im Büro anrufen
solle.
Es gab sonst nicht mehr viel zu tun für mich.
Anthonys Tür war immer noch geschlossen, und ich mochte keine weiteren
Informationen in den Computer eingeben, bis ich besser überblicken konnte, wie
viele Klienten sich entschieden hatten, bei der Agentur zu bleiben. Also ging
ich in Agathas Büro, fischte Jack Burtons Stück hinter dem Kissen auf dem
Leopardenfellsofa hervor und begann wieder zu lesen.
Gegen Ende des ersten Akts kommt heraus, daß
Sid, Jemima und Bella ein Geheimnis teilen. Obwohl in untergeordneter Stellung,
scheint Sid die Frauen fast damit zu erpressen. In dem Moment, da die Zuschauer
glauben, daß sie gleich erfahren werden, worin das Geheimnis besteht, kommt
Johnny auf die Bühne, der Rest der Besetzung verstummt, und der Vorhang fällt
zur Pause. Je mehr ich von Jack Burtons Stück las, desto besser gefiel es mir,
gleichermaßen wegen der Schärfe der Dialoge, wie für den Schimmer, den es mir von
Agatha vermittelte, als sie jung war. Es war deutlich, daß Jemima auf Agatha
basierte, und ich dachte, daß Bella Dorothy sein mußte. War Johnny Jack selbst?
Es war, als betrachte man eine sehr stilisierte Fotografie des Trios in
jüngeren Tagen. Ich erinnerte mich, daß meine Mutter einen Mann erwähnt hatte,
der sich häufig mit ihnen herumtrieb. Wie hatte mein Vater ihn genannt? Den
Buchmacher? Vielleicht war er Sid in dem Stück.
Es mußte vor dem Zerwürfnis geschrieben worden
sein, weil Agatha danach aufgehört hatte, seine Agentin zu sein. Ich fragte
mich, wann das gewesen war. Das Copyright lautete 1962, und ich stellte mir
vor, daß das Buch so veröffentlicht worden war, daß es herauskam, als das Stück
gerade im West End lief. Wie lange danach hatten Dorothy und Agatha sich
überworfen? Mir wurde klar, daß ich das ziemlich einfach herausfinden konnte,
indem ich in den Akten nachsah, und da ich wenig anderes zu tun hatte, nahm ich
den Schlüssel zur Kellertür von Agathas Schreibtisch und stieg die Treppe hinunter.
Der Keller war viel kälter, als er im September
gewesen war, und ich wünschte, ich hätte meine Jacke angezogen. Die Kisten
waren vierfach aufeinandergestapelt, und die beiden, an die ich wollte, waren
unvermeidlicherweise ganz unten in einem Stapel. Nach ausführlichem Gehebe und
Geschiebe schaffte ich es, den Deckel zu öffnen, und zog die Akte heraus,
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