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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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beschloß, mir ein
Ciabatta-Brötchen mit dicken Scheiben hausgemachten Schinkens und Fleischtomate
zu gönnen. Ich fing im Laden an zu essen, während ich mit dem Inhaber
schwätzte, und es war so köstlich, daß ich sofort noch eins bestellte. Der
normalerweise lakonische Mann hinter der Lebensmitteltheke lächelte, als er das
nächste Brötchen aufschnitt und die frische Mayonnaise daraufstrich. Erst als
ich zu Hause war merkte ich, daß meine Nase voller Mehl war.
    Ich aß den Rest meines späten Mittagessens,
während ich über meiner Tabelle brütete. Ich fügte Anthonys Namen in Klammern
zum Donnerstag hinzu. Er und Dorothy waren die offensichtlichen Verdächtigen.
Aber warum, wenn er hinter ihrem Tod steckte, versuchte er jetzt, die vermutete
Todesursache abzuändern? Falls er der Mörder war, würde es doch sicherlich
bequemer für ihn sein, wenn die Leute glaubten, daß sie Selbstmord begangen
hatte. Wenn er jetzt seine Ansicht ändern sollte, würde Mr. Middlemarch nicht
mißtrauisch werden? Vielleicht nicht. Meiner begrenzten Erfahrung nach war Mr.
Middlemarch kein sonderlich phantasievoller Mann. Ich hatte den Eindruck, es
würde leicht genug sein, einen weniger perfekten Mord direkt unter seiner
diensteifrigen Nase zu begehen.
     
    Ich starrte auf meinen Plan, als würde jeden
Moment eine Antwort daraus hervorhüpfen. Ich spielte mit der Idee, Martin anzurufen
und ihn so lange zu beschwätzen, bis wir meine Theorie diskutierten, aber ich
verkniff es mir. Letztendlich weiß sogar ich, wann es reicht.
    Ich wurde durch Costas und Elena, seine Frau,
vor weiteren Überlegungen bewahrt, die endlich den Kredit auf ihre
Waschmaschinen abbezahlt hatten und mit mir ausgehen wollten, um zu feiern. Als
wir in der Taverne seines Cousins beim Essen saßen, wurde mir klar, daß ihr
Motiv dafür, mich einzuladen, nicht ganz sauber war, wenn man bedenkt, daß es
zu dem Zweck geschah, mich zu beschwichtigen, bevor die Bauarbeiter einzogen,
um die Wohnung unter meiner zu renovieren — sehr laut, wie sich dann
herausstellte; aber trotzdem hatten wir einen lustigen Abend, und nach ich weiß
nicht wie vielen Flaschen Retsina fühlte ich mich ermutigt, sie nach ihren
Ansichten zu dem Mord zu fragen. Ich war mir sicher, daß ich in ihren Augen
eine völlig objektive Frage stellte, aus rein intellektuellem Interesse. Das
Komische am Alkohol ist, daß man sich fürchterlich betrunken fühlt, solange man
leicht angetrunken ist; wenn man halbwegs betrunken ist, weiß man, daß man ein
bißchen was getrunken hat; aber wenn man absolut sturzbesoffen ist, fühlt man
sich total nüchtern. Elena wurde an dem Punkt sehr schweigsam, und ich erinnere
mich vage, wie sie mich auf eine besorgte Art anschaute, die sie seitdem
beibehalten hat. Costas, der scharf darauf war, das Essen mit ein paar Gläsern
Metaxa abzurunden — der Mensch braucht, wie heißt das noch, einen zur
Verdauung, um dem Magen nach einer solchen Mahlzeit zu helfen erwärmte sich für
das Thema und hielt mir eine kurze (oder vielleicht doch recht ausführliche)
Vorlesung über die griechische Tragödie und den menschlichen Racheimpuls.
    Als ich mich schlafen legte (nachdem ich von der
doppelt verriegelten Wohnungstür bis zum Bett einen Verhau aus Stühlen und
Töpfen errichtet hatte, der potentielle Eindringlinge zurückhalten sollte),
drehte sich mir der Kopf vor Geschichten über vergiftete Kleider und Äxte. Die
Familie war laut Costas eine Institution, in der es nur so brodelte vor
unterdrücktem Haß, aber die Kraft des sexuellen Magnetismus (wie er es nannte)
war noch stärker. Kein Wunder, daß Elena, die vermutlich in beide Kategorien
fällt, es eilig hatte, ihn ohne weitere Umstände nach Hause zu verfrachten, statt
den letzten Schlummertrunk abzuwarten, den Costas und ich uns unbedingt noch
zur Brust nehmen wollten.

  Das Büro schien wie ausgestorben, als ich am nächsten Morgen
ankam, was eine Erleichterung war, weil ich litt. Es war ironisch, daß ich am
Tag davor eine Migräne vorgeschützt und mir jetzt freiwillig selbst eine
verpaßt hatte. Mein Gehirn spuckte immer mal wieder sporadische Erinnerungen an
die Unterhaltung mit Costas aus, und ich lächelte beinahe, aber jede
Kopfbewegung tat weh. Zuerst dachte ich, ich sei die einzige, die da war, aber
nach einer Weile begann ich, das Gemurmel eines Gesprächs zu vernehmen, das
durch Anthonys geschlossene Tür drang und sich über den allgemeinen Stadtlärm
legte, der heute lauter schien als sonst.
    Ich

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