Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
Vom Netzwerk:
die
mit >Burton< etikettiert war. Sie enthielt eine ganze Menge
Korrespondenz. Es waren hauptsächlich Anfragen von Filmfirmen nach
Leseexemplaren und Briefe in fremden Sprachen, die ich nicht verstehen konnte,
von denen ich aber annahm, daß sie von Theatern im Ausland sein mußten. Ich
legte die Akte wieder zurück und öffnete die Kiste für 1963. Darin waren
weniger Briefe der gleichen Art, und es gab keinerlei Anzeichen für irgendeinen
formalen Bruch zwischen Agentin und Autor. Ich wollte die Akte gerade schließen
und die 1964er Kiste öffnen, als das Licht im Keller ausging. Ich hielt den
Atem an. In der halben Sekunde, bevor es passierte, hatte ich wahrgenommen, daß
jemand oben an der Treppe stand und mich beobachtete. Ich hockte mich wie
versteinert hin. Es kann nicht länger als ein paar Sekunden still gewesen sein,
aber mein Kopf fing an zu rotieren und auszurechnen, welche Wahl ich hatte. Ich
wußte, es wäre sinnlos zu schreien, weil das chinesische Restaurant um diese
Tageszeit noch nicht geöffnet hatte. Das Erdgeschoß des Gebäudes stand seit
einigen Wochen leer, nachdem die Grafik-Design-Firma, die dort residierte,
pleite gegangen war. Ein Schrei in den Straßen von Soho hätte keinen Passanten
verwundert.
    Dann plötzlich ging das Licht wieder an. Anthony
White stand oben an der Treppe.
    »Es tut mir leid. Ich ging gerade hinaus und
sah, daß das Licht an war«, sagte er und kam schon die Treppe herunter.
    »Gott, Sie haben mich vielleicht erschreckt!«
    »Tut mir leid. Mir war nicht klar, daß Sie hier
sind.«
    Ich war drauf und dran, ihn zu fragen, warum er
in diesem Fall das Licht wieder angemacht hatte, aber meine Zähne klapperten.
    »Trotzdem bin ich froh, daß ich Sie erwischt
habe«, fuhr er fort »Geht es Ihnen gut? Sie wirken nervös... Das ist es
eigentlich auch, worüber ich mit Ihnen reden wollte.«
    »Worüber?«
    »Nun, über die Migränen und alles. Sie kamen
heute zu spät, und Janet sagte, daß Sie neulich früher nach Hause gegangen
sind. Ich glaube wirklich, Sie brauchen eine Pause, meinen Sie nicht? Sie sind
ohne eigene Schuld in etwas tief verwickelt worden, das Sie eigentlich nicht
bekümmern sollte. Ich bin nicht sicher, daß es gesund für Sie ist, zu bleiben.«
    »Mir geht es gut«, sagte ich, erkannte dann
aber, daß er nicht fragte, sondern feststellte. »Sie meinen, Sie wollen, daß
ich gehe?«
    »Nun, es ist wirklich das letzte, was ich zur
Zeit brauchen kann, aber Sie sind so blaß und verstört. Ich könnte nicht die
Verantwortung dafür übernehmen, Ihre Gesundheit zu ruinieren... Machen Sie sich
keine Sorgen um das Geld. Ich bin sicher, wir können Sie bis zum Ende des
Vertrags bezahlen. Wann ist das? Noch drei Wochen?«
    »Das ist sehr freundlich«, stammelte ich. Ich
bin noch nie aus einer Arbeitsstelle entlassen worden. Es war ein gräßliches
Gefühl.
    »Keineswegs«, sagte er und wandte sich zum
Gehen. Es war deutlich, daß der Wortwechsel beendet war.
    »Meinen Sie sofort?« sagte ich. »Zumindest
sollte ich doch wohl meinen Schreibtisch aufräumen?«
    Er zögerte eine Minute.
    »Nun, wenn Sie sicher sind, daß Sie das möchten.
Sehr professionelle Haltung. Wenn es Ihnen wieder bessergeht, können Sie mich
jederzeit als Referenz angeben.«
    Er wartete, bis ich die Akte zurückgelegt hatte,
dann stapelte er die Kisten wieder aufeinander und folgte mir nach oben.
Anscheinend hatte er vergessen, daß er dabei war, zu gehen, als er mich im
Keller fand.
     
    Aus Janets Ausdruck von falschem Mitleid und
Betroffenheit war deutlich abzulesen, daß sie gewußt hatte, was passieren
würde. Sie hatten das Komplott wahrscheinlich vorhin in seinem Büro zusammen
geschmiedet. Ich ignorierte ihr Angebot, mir eine Tasse Tee zu machen. Ich muß
eine lächerliche Figur abgegeben haben in meinem pinkfarbenen Kostüm, das mit
Kellerstaub bedeckt war (meine saloppe, bequemere Kleidung wirbelte in genau
diesem Moment in den kostenlosen Waschgängen herum, die ich mit Costas
ausgehandelt hatte, bevor ich am vorherigen Abend mit seinem Deckel an Drinks
gleichzog), wie ich da die Papiere auf meinem Schreibtisch in ordentlichere
Stapel schichtete und mich aus dem Computer austrug.
    Ich hatte geglaubt, es würde mehr zu tun sein,
aber die Aufräumaktion dauerte knapp zehn Minuten. Ich ging zur Toilette,
atmete mehrmals tief durch, und kam mit dem Entschluß zurück, wenn auch nicht
würdevoll, dann aber bestimmt ohne zu heulen das Büro zu verlassen.
    »Es war nett, dich

Weitere Kostenlose Bücher