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Mordstheater

Mordstheater

Titel: Mordstheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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ich anfangen zu glauben, daß es nur ein Produkt meiner
überaktiven Vorstellungskraft war. Ich zitterte, als ich es aus dem
Abspielgerät nahm und in meine Handtasche legte. Ich druckte die
Geschäftsbriefe aus und ließ sie auf Janets Schreibtisch zurück. Ich druckte
eine Kopie des Briefes an den Bankdirektor aus, legte diese in meine
Aktentasche und löschte dann die Datei aus dem Computer. Ich fand nicht, daß
Agathas persönliche Finanzen Anthony oder Janet irgend etwas angingen. Ich
hatte mir nicht die Mühe gegeben, das unfertige Fax an Cormac O’Hara zu tippen,
oder die Unterhaltung, die ich gerade mitgehört hatte.
    Ich warf einen letzten flüchtigen Blick auf
Agathas Büro, und als ich mich gerade umdrehte und gehen
wollte, sah ich das dünne Penguin-Taschenbuch auf dem Sofa. Ich nahm Jack
Burtons Stück und tat es in meine Aktentasche.
    Ich steckte meinen Kopf in Anthonys Tür und
sagte so normal, wie ich konnte, auf Wiedersehen. Er blickte auf und winkte
durchaus freundlich.
    Drunten auf der Straße goß es in Strömen, und
ich war klatschnaß, bis ich ein Taxi fand. Sobald ich zu Hause war, ging ich
direkt zum Tisch und starrte auf meinen Plan. Dann nahm ich einen roten
Filzstift und schrieb in großen Blockbuchstaben über Donnerstag und Freitag
GREG.
     
    Als er mir gesagt hatte, daß er noch jemand
anderes traf, hatte ich mir ein sommersprossiges irisches Mädchen ausgemalt,
mit kilometerlangen kupferfarbenen Locken — eine Schauspielerin vielleicht oder
eine gälische Dichterin. Ich wußte nicht, ob ich ihrer Falschheit wegen
wütender auf ihn oder auf Agatha war.
    Viele Dinge rückten jetzt an ihren Platz. Wie
die Tatsache, daß Greg viel mehr über mich zu wissen schien, als ich ihm je
erzählt hatte (ich hatte geglaubt, das sei eine Art natürliches
Einfühlungsvermögen zwischen uns). Und Agatha, die augenscheinlich Pläne für
mich als Drehbuchautorin hegte, aber nie meine Show gesehen hatte.
    »Fick niemals mit deinen Klienten!« hatte sie
gesagt. »Es bringt unsägliche Probleme mit sich.«
    Ja, das tat es, oder etwa nicht, besonders wenn
der Klient, um den es ging, halb so alt war wie man selbst. Bei der
Vorstellung, wie sie sich gemeinsam in ihrer Badewanne aalten, hätte ich würgen
können. Ihre runzeligen Arme, die Haut nicht mehr ganz straff, die seinen
perfekten weichen Rücken umfaßten, seine glänzenden Locken, die auf ihre
fleckigen geäderten Oberschenkel fielen. Ihr Gesicht, munter und gierig nach
ihm, spähte in meiner Vorstellung über seine Schulter und lachte mich aus.
    Wie konnte er das tun, wenn er nur Stunden zuvor
wunderbaren Sex mit mir gehabt hatte? Das Band mußte am Donnerstag oder Freitag
aufgenommen worden sein, und ich hatte Greg Mittwochnacht getroffen. Hatte sie
das gewußt? Hatte er es ihr erzählt? Hatte sie mich deswegen am Samstag
betrunken angerufen? War er derjenige, der die einzelne rote Rose zum
Krematorium geschickt hatte?
     
    Warum passierte das immer mir? Warum konnte ich
nicht einmal im Leben einen netten Mann treffen ohne Komplikationen, statt in
schäbigen Dreiecksgeschichten zu enden? Ich stampfte durch meine Wohnung und
fühlte mich zornig und frustriert wie ein Kind. Ich warf mich aufs Sofa und
schrie in die Kissen, mit den Füßen wild um mich tretend und mit den Fäusten
auf den rauhen Leinenstoff einhämmernd, bis es weh tat. Ich fühlte mich
machtlos und absolut allein. Es gab niemanden, mit dem ich reden konnte. Meine
Mutter würde versuchen, mich mit wohlmeinenden Platitüden zu beschwichtigen,
Martin würde nicht widerstehen können, anzumerken, daß er es mir ja gleich
gesagt hatte, und Stephanie, nun, Stephanie würde wahrscheinlich sagen, daß all
diese Wut eine gute Sache war, und mir die Nummer eines Urschrei-Therapeuten
geben.
    Mein Zorn legte sich so plötzlich, wie er
gekommen war, genau wie das Ende der Wutanfälle, an die ich mich vage aus der
Zeit, als ich fünf Jahre alt war, erinnern konnte. Ich begann, mich völlig
allein und verlassen zu fühlen. Ich hatte keine große Wahl. Ich hatte meine
Karriere aufgegeben, konnte nicht darauf hoffen, von der Schauspielerei leben
zu können, und war als Aushilfssekretärin entlassen worden. Warum hatte ich
mich in diese Situation gebracht?
    Und warum suchte ich mir immer unmögliche Männer
aus? Vielleicht waren Stephanies psychologische Erklärungen gar nicht so
abwegig. Vielleicht suchte ich immer nach einem Ersatz für meinen Vater.
Vielleicht war das etwas, womit ich mich

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