Mordstheater
Kerl, der
angerufen hatte. Es hörte sich nicht nach einem freundlichen Gespräch an. Ich
reichte ihr einen Drink und deutete an, daß ich gehen mußte. Sie winkte mir nur
nach. Und ich verließ die Wohnung.«
»Und das war am Donnerstag?«
»Ja. Das war das letzte Mal, daß ich sie gesehen
habe.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
Wir standen ein paar Minuten schweigend da. Ich
wünschte, die Patisserie wäre offen gewesen. Mir war kalt und ich fühlte mich
leer.
»Nein. Tja, ich glaube, ich mache mich dann auf
den Weg.«
Ich konnte es nicht ertragen, ihn einfach so
gehen zu lassen, aber ich wußte irgendwie, wenn ich ihn wieder zurück zu mir
einlud, würde er ablehnen.
»Ich bin am Verhungern!« sagte ich, als mir klar
wurde, daß ich den ganzen Tag nichts gegessen hatte. »Würde es dir etwas
ausmachen, mich ein Stück zu begleiten, damit ich mir etwas zu essen holen
kann? Es ist ein bißchen spät, und ich mag die Eisenbahnbrücke im Dunkeln
nicht.«
Wir gingen die Straße hinab, über die
Eisenbahnbrücke und in den nächsten Kebab-Imbiß. Gregs Hände steckten fest in
seinen Taschen. Ich versuchte zu erklären, warum ich gedacht hatte, was ich
gedacht hatte, aber er schwieg. Ein Gefühl der Desillusionierung umgab ihn.
Jemandem, der mir einmal erzählt hatte, daß seine Lieblingseigenschaft
Großzügigkeit war, muß ich als ein sehr niederträchtig gesonnener und
kleinlicher Charakter erschienen sein. Ich versuchte, das Thema Maeve
aufzugreifen, aber er starrte mich nur ausdruckslos an, ein einziger Tadel für
meine mangelnde Subtilität.
»Eines Tages werden wir darüber lachen«, sagte
er. Aber er lächelte nicht.
Greg brachte mich bis zu meiner Wohnung, und ich wartete unten am
Primrose Hill mit ihm auf ein Taxi. Wir diskutierten, ob es kalt genug für
Schnee war, und schwiegen dann. Ich fing an, über seinen Bericht vom Donnerstag
abend nachzudenken.
»Weißt du, als du Agatha zum letzten Mal gesehen
hast?« sagte ich plötzlich.
»Sieh mal, ich mag wirklich nicht mehr darüber
diskutieren.«
»Ich versuche nicht, darüber zu diskutieren. Ich
habe mich nur gefragt, war Chutney da?«
Er schaute mich an, als hätte ich den Verstand
verloren.
»Chutney, weißt du, Agathas Kater.«
»Oh, so heißt er! Ja. Natürlich. Wann hast du
sie je ohne diesen Kater gesehen? Ich bin über ihn gestolpert und habe mir fast
das Genick gebrochen, als ich Agatha das Telefon brachte. Oh, hier ist eins!«
Ein Taxi, dessen oranges Licht anzeigte, daß es
frei war, war gerade oben auf dem Hügel aufgetaucht.
»Und der Anruf, der sie anscheinend verstimmt
hat. War es ihr Partner? Kannst du dich erinnern?«
Er dachte einen Moment nach. »Nein, ich glaube
nicht. Hatte eher einen Akzent. Ich versuche nicht, anderer Leute Gespräche
mitzuhören.«
»Aua«, sagte ich, »habe verstanden. Aber du
glaubst nicht, daß er es war?«
Das Taxi war neben uns herangefahren. Greg
öffnete die Tür und kletterte hinein.
»Ich kann mich nicht erinnern. Was in aller Welt
macht das aus? Tschüs, Sophie... Wart’ mal«, sagte er, als er die Tür schloß.
»Es kann gar nicht ihr Partner am Telefon gewesen sein, weil er gerade die
Auffahrt hochkam, als ich ging.«
»Anthony White? Bist du sicher?«
»Natürlich bin ich sicher - man kann dieses
dumme Auto nicht verwechseln. Jedenfalls winkte er mir zu...«
Ich versuchte, das Bild von Greg, wie er aus dem
Taxifenster schaute, so lange ich konnte im Kopf zu behalten. Sein Gesicht war
so ungewöhnlich schön, daß ich es schwierig fand, es mir in seiner Abwesenheit
ins Gedächtnis zu rufen. Es brachte mich immer leicht aus der Balance, wenn ich
ihn wiedersah. Dieses Mal würde ich ihn nicht wiedersehen, außer vielleicht im
Fernsehen. Ich fühlte mich leer und traurig, und doch denke ich nicht, daß ich
jemals wirklich daran geglaubt hatte, daß Greg und ich eine richtige Beziehung
haben würden. Er war so perfekt; es war, als würde man mit einem Filmstar in
seiner besten Rolle ficken (mir fällt die Wahl schwer zwischen Laurence Harvey
in Room at the Top. und Paul Newman in Süßer Vogel Jugend).
Ich konnte nicht schlafen, auch wenn ich mich
total erschöpft fühlte. Je mehr ich darüber nachdachte, desto sicherer war ich,
daß mit Agathas Tod etwas nicht stimmte. Wäre dies ein Kriminalroman gewesen,
hätte ich soweit keine sehr gute Detektivin abgegeben. Mein erster
Verdächtiger, Mr. Weirdo Watt, war ein sehr kühner Versuch gewesen, und ich
hatte es geschafft, einen
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