Mordstheater
erhöht.
»Hör zu, du verrückte Frau«, sagte er, »komm
raus und rede mit mir.«
»Warum?« Ich wünschte, es wäre ein Fenster
dagewesen, aus dem ich hätte hinausklettern können, aber mein Bad ist
vollkommen geschlossen und hat lediglich einen Belüftungsabzug mit einem
automatischen Ventilator, was es schwer machte, ihn zu hören, wenn er leise
sprach. Ich bewegte mich näher zur Tür.
»Weil ich mit dir reden will. Du machst mich nervös.
Ich dachte, ich hätte mich in eine Exzentrikerin verknallt, aber das hier wird
langsam albern.«
»Was meinst du mit verknallt?«
»Ich meine, ich mag dich, Sophie, ich mag dich
sehr, weißt du. Sieh mal, wir können ein solches Gespräch nicht von einer Türseite
zur anderen führen. Ich bin nicht sehr gut darin, aber ich bemühe mich. Ich
weiß, es bedeutet dir vielleicht nichts, aber ich möchte dir etwas erzählen,
und ich kann es nicht einer Tür erzählen, weißt du...«
Seine Stimme wurde immer leiser. Ich stellte die
Belüftung aus und wägte meine Möglichkeiten ab. Wenn ich ruhig darüber
nachdachte, war Greg kein gewalttätiger Mann. Ich hatte mich nie auch nur
entfernt physisch bedroht gefühlt in seiner Gegenwart. Tatsächlich hatte ich
mich immer, sogar heute nacht, von Respekt und Wärme eingehüllt gefühlt. Es gab
Zeugen für unser Treffen vorher. Falls mir also irgend etwas zustoßen sollte...
Ich wollte nicht darüber nachdenken. Wenn ich das Blatt kühl ausspielte, konnte
ich ihn vielleicht aus der Wohnung kriegen, ohne mich selbst zu gefährden. Er
würde offensichtlich nicht gehen, bis ich herauskam, und er konnte länger
überleben als ich. Er hatte meine Wohnung zur Verfügung; ich hatte Wasser, so
viel ich nur wollte, und die Klaustrophobie meines Badezimmers mit seinen beige
marmorierten Kacheln und seiner avokadofarbenen Einrichtung, die ich immer
verabscheut hatte und zu ändern gedachte. Jetzt wünschte ich, ich hätte es
bereits getan, weil die Aussicht darauf, es dort eine Nacht auszuhalten, mich
entsetzte.
»Ich komme unter einer Bedingung heraus«, sagte
ich und dachte nach, während ich sprach.
»Was?«
»Ich komme unter einer Bedingung heraus, und die
ist, daß du draußen auf mich wartest und wir einen Spaziergang machen. Ich
brauche ein bißchen frische Luft.«
»Ich muß also vor der Tür warten? Vor dem
Kuchengeschäft? Ist das genehm?« Er ließ mir meinen Willen. Ich vernahm ein
amüsiertes Glucksen in seiner Stimme.
»Ja«, sagte ich und versuchte, meine Stimme
nicht zu triumphierend klingen zu lassen.
»Ich bin sicher, du hast deine Gründe.«
»Habe ich.«
»OK«, sagte er.
Ich hörte ihn die Wohnungstür öffnen und dann
das Treppenhaus hinunterlaufen. Als ich sicher war, daß er ganz unten
angekommen war, entriegelte ich die Badezimmertür, sprang zu meiner Wohnungstür
und schloß zweimal herum und ging dann in das vordere Zimmer. Ich bemerkte, daß
er seine gefütterte Motorradlederjacke auf dem Sofa liegengelassen hatte. Er
schaute zum Fenster hoch und winkte. Ich ließ mich auf dem Sofa nieder, sehr
zufrieden mit mir selbst, bis es an der Haustür klingelte.
»Um Himmels willen, gib mir wenigstens meine
Jacke«, sagte er, jetzt etwas verärgert.
Geschieht dir recht, dachte ich. Ich wollte sie
schon zu ihm hinunterwerfen, aber als ich sie aufhob, fielen Kleingeld und ein
paar Kulis aus den Taschen. Ich dachte, es würde mir schon nichts zustoßen,
wenn ich sie zu ihm hinunterbrachte, statt sie aus dem Fenster zu werfen.
»Eines Tages werden wir darüber lachen«, sagte er.
Ich glaubte nicht, daß ich das je würde, aber
mit der Zeit habe ich wirklich darüber gelacht. Manchmal fast hysterisch, und
immer mit einem bittersüßen Anflug von Reue. Wir saßen in einem rund um die Uhr
geöffneten Kebab-Imbiß auf der Chalk Farm Road. Greg trank ein Glas Retsina,
während ich mich durch ein gemischtes Kebab mampfte, das aus Gyros, Souvlaki
und diesen köstlichen Würstchen bestand, die mit frischer, glatter Petersilie
gewürzt sind. Ich bin eine ziemliche Kennerin von griechischem Essen geworden,
seit ich im Bezirk Camden wohne.
Ich hatte vorgehabt, ihm seine Jacke aus
Armeslänge Abstand zu geben und dann die Tür zuzuknallen und in die Sicherheit
meiner Wohnung zurückzuflitzen, aber er hatte meine Hand erwischt und mich an
sich gezogen und mich auf den Mund geküßt. Ich war über die Kraft seiner
Umarmung überrascht gewesen und ihr erlegen. Unter freiem Himmel schien sich
die Gefahr verflüchtigt zu
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