Mordsucht
auf. »Los, Tomas, bezahl den Mann, wie müssen los.«
Ich betete zu einem Gott, an den ich nicht glaubte, und forderte von ihm, dass ich niemandem aus dieser Lokalität ein zweites Mal begegnen würde. Wenn ich erneut Appetit auf griechisches Essen verspürte, würde ich die Gelben Seiten aufschlagen und mir ein neues Lokal suchen …
»Schnell, die Rechnung bitte und verzeihen Sie die Unruhe.« Ich zog meine Geldbörse aus der Gesäßtasche und harrte darauf, dass der Kellner zurückkehrte. Diana war mittlerweile aus dem Restaurant gestürmt und wartete wahrscheinlich schon an meinem Wagen. Welchem Vorwurf ich gleich wieder lauschen durfte?
Brauchst du einen Rollator?
Soll ich dir Krücken besorgen?
Wäre dir ein Pfleger recht, der dich über die Straße trägt?
Alles Sprüche, die ich mir bereits in der Vergangenheit hatte anhören dürfen.
Der Kellner kam mit der Rechnung, ich bezahlte sie und gab ein üppiges Trinkgeld. Der undankbare Kerl verabschiedete mich mit einem »sehen Sie zu, dass Sie hier rauskommen«, und kümmerte sich um seine anderen Gäste, die mir kopfschüttelnd hinterherstarrten.
Ich lief zu meinem Wagen und sah, wie Diana ungeduldig mit ihrem Absatz den Asphalt malträtierte.
Sie schaute zu mir auf und rief mir entgegen: »Soll ich einen Krankentransport rufen, der dich zu deinem Auto bringt, oder schaffst du es heute noch?« Sie warf die Arme theatralisch in die Luft. »Wir haben es eilig!«
Wer sagt's denn …
Kapitel 15
Eine halbe Stunde später parkte ich vor einem Haus in einer gut situierten Wohngegend. Die Gebäude wirkten neu und gepflegt, kein Ort, an dem man einen Doppelmord vermutete.
Wir stiegen aus und kämpften uns durch zahlreiche schaulustige Nachbarn – obwohl es mittlerweile 22 Uhr war, ließen sie es sich nicht nehmen zu gaffen. Wir zeigten den Streifenpolizisten unsere Dienstausweise, während diese versuchten, die Meute in Schach zu halten.
»Kommissar Kahl ist schon drin«, klärte uns einer der Polizisten auf und ließ uns durch die Absperrung.
Jürgen Kahl war einer der wenigen Kriminalbeamten, die freiwillig und ohne Murren den Bereitschaftsdienst leisteten.
»Schroer hat ihn angewiesen, mich zu informieren, sollten es die Umstände erfordern«, erklärte mir Diana. »Die anderen Beamten sind alle auf den Pädophilen angesetzt.«
Ich nickte bloß. Da Jürgen Unterstützung von ihr verlangte – ich war ja nur zufällig dabei – schien uns ein harter Brocken zu erwarten.
Wir gingen durch die Haustür. Im Flur fing uns ein Streifenpolizist ab und gab uns Plastiküberzieher für die Schuhe und Einmalhandschuhe, damit wir den Tatort nicht verunreinigten. Jürgen kam uns entgegen und schlug die Hände über den ergrauenden Haaren zusammen.
»Gut, dass ihr da seid!«, empfing er uns und gab jedem die Hand. »Bereitet euch auf einen unschönen Anblick vor«, warnte er uns, wandte sich ab und schritt voran.
Wir folgten ihm.
»Was haben wir?«, fragte Diana, als wir das Wohnzimmer betraten.
Ich sah mich kurz um. Alles schien normal zu sein. Der Fernseher war ausgeschaltet, die offene Küche aufgeräumt und ordentlich, nur das, was vor dem Esstisch lag, verhieß nichts Gutes. Ich konnte noch nichts Genaueres erkennen, die Leute von der Spurensicherung versperrten mir die Sicht, aber ein cremefarbener Teppich, der an einer Stelle dunkelrot gefärbt war, konnte nur eins bedeuten: Hier hatte jemand viel Blut verloren.
Jürgen führte Diana und mich um die auf dem Boden hockenden Beamten herum. »Martin und Kira Geib, beide dreißig Jahre alt. Der Rechtsmediziner vermutet, dass sie seit circa einer Stunde tot sind.«
»Wer hat sie gefunden?«, fragte ich.
»Herr Geib war heute mit seinen Freunden zum Pokern verabredet. Als sie mit Bier und genug Geld in den Taschen vor der Tür standen und ihnen niemand öffnete, gingen sie ums Haus und spähten durch die Fenster. Als sie die Leichen im Wohnzimmer sahen, riefen sie die Polizei.«
»Sie können jetzt näher heran«, teilte uns jemand vom Erkennungsdienst mit. Die Leute mit den Schutzanzügen standen auf und gingen zur Seite, damit gaben sie uns freies Blickfeld auf ein wahres Gemetzel.
Eine Frau lag auf dem Boden, mit dem Gesicht nach oben, die Augen aufgerissen und mit dem Austrittsloch einer Schusswunde in der Stirn.
»Ein einziger Schuss in den Hinterkopf …«, kommentierte Jürgen das, was ich sah. Mit seiner behandschuhten Hand hob er ein weißes Kissen mit einem schwarzen Krater darin
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