Mordswiesn: Der fünfte Fall für Max Raintaler (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Er rannte hindurch und stand auf dem Weg, der sich unter großen alten Bäumen auf dem steilen Isarhochufer entlang von Grünwald nach München hinein schlängelte. Rechts oder links, Raintaler? Er entschied sich für rechts Richtung Innenstadt.
Nachdem er hundert Meter gelaufen war, entdeckte er jemanden, der durch den Wald zur Isar hinunterstieg. Das musste Rüdiger sein. Wer sonst würde so ein Risiko eingehen und sich den steilen felsigen Abhang hinunterwagen?
Max heftete sich an seine Fersen und stürzte fast über eine Baumwurzel nach unten. Als er die Isar fast erreicht hatte, sah er, wie sich der Mann vor ihm kurz umdrehte und dann davoneilte. Max rannte so schnell er konnte hinterher. Nach 500 Metern hatte er ihn fast eingeholt. Er legte noch mal einen Zahn zu und bekam ihn an der Jacke zu fassen. Natürlich war es Rüdiger. Max warf sich auf ihn und versuchte ihn am Boden zu fixieren. Doch der dürre kleine Bursche hatte mehr Kraft, als man ihm zugetraut hätte. Er schlug wild mit den Fäusten um sich, und auf einmal hatte er Max bei den Ohren gepackt und zog ihn zu sich herunter.
»Küss mich, Vasall. Sei deinem Herrn zu Diensten!«, schrie er dabei.
Herrschaftszeiten. Warum packen mich eigentlich alle immer an den Ohren, fragte sich Max, fasste ihn an den Handgelenken, zog sie mit Gewalt von seinem Kopf weg und hielt sie fest, bis der Bursche sich einigermaßen beruhigt hatte. Dann drehte er ihn auf den Bauch und fixierte einen Arm nach dem anderen auf seinem Rücken. Zuletzt verpasste er ihm den Achter, den ihm Franzi mitgegeben hatte, und zog ihn hoch.
»So, Bürscherl. Das hätten wir.«
Endlich geschafft. Max schnaufte aus und klopfte zufrieden den Staub aus seiner Hose. Eigentlich war er noch ganz gut in Form. Vor allem, wenn man bedachte, dass zurzeit Wiesnzeit war.
»Der schönste aller Vasallen lehnt sich gegen seinen Herrn auf. Das wird noch böse enden.« Rüdiger sah ihn mit Tränen in den Augenwinkeln vorwurfsvoll von der Seite her an.
»Ja, ja. Sicher, guter Mann«, erwiderte Max. »Aber vorher bringen wir dich aufs Revier, und du wirst uns ganz genau erzählen, wie das alles passiert ist. Und jetzt erst mal her mit der geklauten Brieftasche von Herrn Huber.«
»Hab ich nicht.«
»Red keinen Schmarrn.«
»Na gut, in meiner Gesäßtasche.« Max zog das Lederetui heraus und steckte es selbst ein. Dann rief er Franzi an, teilte ihm kurz den Erfolg seiner Verfolgungsjagd mit und legte wieder auf.
»Und jetzt Abmarsch. Vorwärts.« Wie einem widerspenstigen Esel schlug er seinem durchgeknallten Gefangenen mit der flachen Hand auf den Rücken.
Franz hatte die Schlüssel für Gerds Handschellen, gleich nachdem Max verschwunden war, in dem großzügigen Blumenbeet unter dem Schlafzimmerfenster gefunden und Schorsch Hubers Witwer befreit. Als Max und Rüdiger sich ihnen jetzt näherten, saßen sie auf der Terrasse hinter dem Haus.
Natürlich hatte Gerd sich angezogen. Sobald er Rüdiger von Weitem erkannte, begann er wie eine Furie loszuschreien: »Du Schwein! Du hast Schorsch umbringen lassen, und mich hättest du beinahe auch umgebracht. Ich will dich nie wieder sehen. Nie wieder! Hast du gehört. Du bist ja total krank. Du abgrundhässlicher Vogel!«
»Lächerlicher Vasall, deine Stimme wird nicht gehört«, entgegnete ihm Rüdiger mit einem debilen Grinsen im Gesicht.
»Gut gemacht, Max«, begrüßte Franz seinen alten Freund und Exkollegen. »Hast du ihm auf den Kopf gehauen? Ich meine bloß, weil er gar so blöd dreinschaut.«
»Nein, ich glaube, er hat sie nicht mehr alle. Oder er zieht eine Riesenshow ab, damit er einen Paragrafen bekommt. Hier ist Ihre Brieftasche, Herr Huber. Schauen Sie am besten gleich nach, ob noch alles drin ist.« Max überreichte das Corpus Delicti seinem Eigentümer, der ihn mit einem sehr dankbaren und sehr bewundernden Blick belohnte.
»Einen Paragrafen?«, erkundigte sich Gerd, während er schnell nach seinen Karten und dem Geld schaute.
»Das nennt man so, wenn Leute wegen einer psychischen Krankheit nicht straffähig sind und ins Irrenhaus kommen statt ins Gefängnis«, antwortete Max.
»Nervenheilanstalt«, berichtigte Franz.
»Von mir aus«, meinte Max. »Auf jeden Fall machen die auf gaga, damit sie ihrer gerechten Strafe entgehen.«
»Ich, der Herrscher über das Universum, werde euch alle richten«, verkündete Rüdiger wie zur Bestätigung. »So wie ich den Immobilienfürsten gerichtet habe.«
»Na also, da haben wir sein Geständnis.
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