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Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Titel: Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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zurückgelegt hatte, konnte sie jetzt überholen.
    »Seid Ihr schwerverletzt?« fragte sie.
    »Nein.«
    »Was hat er getan? Hat er die Waffe gegen dich erhoben?« 
    »Er versuchte mich aufzuhalten – wollte mich dazu bringen, meinen Schwur zu brechen.«
    Die andere Sache wollte er ihr nicht sagen, das Drängen und dann das unangenehme Gefühl, das Liells Blick in ihm ausgelöst hatte, ein fiebriges Beharren, das Gefühl, daß Liell irgend etwas von ihm gewollt hatte, seine Finger, die sich zweimal grausam in seinen Arm gegraben hatten, eine Gier, die dem Hunger in seinen Augen entsprach.
    Das konnte er niemandem anvertrauen: er wußte nicht, wie er es beschreiben sollte oder womit er diese Reaktion ausgelöst hatte oder worauf sie abzielte – nur daß er lieber stürbe, als in die Hände der Leth zu fallen – und vor allem in die von Liell.
    Er hatte dem anderen den Rücken zugewendet; sein Gegner hätte ihm mühelos einen Hieb in die Kniekehlen versetzen können - die schnellste Methode, einen ansonsten durch Rüstung geschützten Mann kampfunfähig zu machen –, um ihn dann sofort umzubringen. Statt dessen hatte er ihm einen Hieb über den Schädel versetzt, hatte riskiert, ihn im Nahkampf besiegen zu müssen, obgleich er ihn sicher hätte töten können: also hatte er Vanye lebendig gefangennehmen wollen.
    Er konnte nicht ohne Erschaudern daran zurückdenken. Er wollte nichts von dem Mann. Abscheu erfüllte ihn bei dem Gedanken, daß er nun Zaumzeug und Pferd des Mannes besaß; gestohlen. Der unruhige Schwarze war ein prachtvolleres, aber weniger geradliniges Wesen als seine kleine Mai, und die Stute in solchen Händen zurückzulassen, bekümmerte ihn.
    Dichter Wald schloß sich um die beiden Reiter, richtige, gerade gewachsene Bäume, und sie ließen die Pferde im Trott gehen, bis sie keinen Himmel mehr über sich sahen, nur noch das Gewirr der Äste. Die Pferde waren ausgepumpt, und die Reiter blind vor Erschöpfung.
    »Dies ist kein Platz zum Rasten«, protestierte er, als Morgaine die Zügel anzog. »Lady, wir wollen heute nacht in den Sätteln schlafen und die Pferde gehen lassen, solange sie noch mögen. Dies ist der Koriswald, den du anders in Erinnerung haben magst - aber hier ist er am dichtesten. Bitte!«
    Sie seufzte bedrückt, doch endlich hörte sie einmal auf seine Worte und stimmte mit einem Kopfnicken zu. Er stieg ab, nahm die Zügel der Pferde, die inzwischen zu müde waren, um sich miteinander anzulegen, und führte sie.
    Morgaine döste eine Zeitlang im Sattel, dann beugte sie sich vor, hieß ihn anhalten und bot ihm an, die Zügel zu nehmen und die Pferde zu führen. Er blickte erschöpft zu ihr empor und brachte nicht die Kraft auf, mit ihr zu diskutieren. Er wandte sich um und marschierte weiter, und ihr Schweigen war Zustimmung genug.
    Später schlief sie nach Art der Kurshin im Sattel.
    Er ging so lange er konnte, lange Stunden hindurch, bis er vor Übermüdung zu stolpern begann. Da endlich blieb er stehen und legte Siptah die Hand an den Hals.
    »Lady«, sagte er leise, denn er wollte die Stille des lauschenden Waldes nicht stören. »Lady, jetzt mußt du aufwachen, denn ich muß schlafen. Es ist alles ruhig.«
    »Richtig«, sagte sie und ließ sich vom Pferd gleiten. »Ich kenne den Weg, auch wenn das Land damals nicht so wild war.«
    »Ich muß dir eins sagen«, fuhr er heiser fort. »Ich glaube, Chya Liell wird uns folgen, sobald er seine Truppe sammeln kann. Ich glaube, er hat uns sehr belogen,
liyo.«
    »Was ist denn hinter meinem Rücken geschehen, Vanye?« Er versuchte es ihr zu erzählen. Er suchte nach den richtigen Worten, fand sie aber nicht. »Er ist ein seltsamer Mann«, sagte er, »und war sehr dahinter her, daß ich dich verließe. Zweimal versuchte er mich dazu zu bringen – beim letztenmal mit ganz eindeutigen Worten.«
    Sie blickte ihn stirnrunzelnd an. »So so. Und in welcher Form wurde dieser Vorschlag geäußert?«
    »Ich sollte meinen Eid vergessen und ihn begleiten.« 
    »Wohin?«
    »Das weiß ich nicht.« In der Erinnerung zitterte seine Stimme; er vermutete, Morgaine würde seine Regung spüren, nahm hastig die Zügel des Schwarzen und sprang in den Sattel.
    »Beim erstenmal – wäre ich ihm beinahe gefolgt. Beim zweitenmal war mir deine Gesellschaft irgendwie lieber.«
    Ihr seltsam bleiches Gesicht starrte ihn im Sternenlicht an. »Viele Angehörige des Hauses Leth sind in jenem See ertrunken. Oder dort zumindest verschwunden. Ich wußte gar nicht, daß

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