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Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Titel: Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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fragten sich vielleicht, ob sie nicht den Verstand verloren hatten – Vanye konnte sich vorstellen, was in ihren Köpfen los war. Ihre Blicke galten nur Morgaine, Blicke, die sie zornig erwiderte, in ihrer Hand eine Waffe, die schneller den Tod bringen konnte als ihre Bögen.
    Dabei würde sie natürlich umkommen, sofern sie dazu in der Lage war; doch vorher würde sie erheblichen Schaden anrichten, und ihr
ilin,
der ihr Schild war, würde auf jeden Fall sterben. Er kannte die Geschichte von dem Myya, der die Grenze überschritten hatte und mit drei Chya-Pfeilen im Herzen gefunden worden war, die sich an der Spitze berührten. Die Klan-Chya lebten in einem harten Land. Nur wenige Gefahren machten Eindruck auf sie. Typisch, daß sie den allgegenwärtigen Ungeheuern nicht nachgegeben und Schutz vor ihnen erfleht hatten, wie etliche andere Volksstämme; oder daß sie nicht an den Wesen gestorben waren, wie zwei andere Rassen. Sie benutzten Hjemurs wilde Tiere zur Jagd, patrouillierten die Grenze nach Hjemur ab und hielten Thiye aus reiner Chya-Sturheit in Schach.
    Vanye stemmte die Hände auf die Schenkel und verbeugte sich respektvoll; Morgaine tat es ihm nicht nach; sie bewegte sich überhaupt nicht, vielleicht wußten die Chya nicht, daß sie in Gefahr waren.
    »Ich bin Nhi Vanye i Chya«, sagte er,
»ilin
dieser Lady, die bei den Chya klanwillkommen ist.«
    Der Anführer, ein untersetzter Mann mit dem einfachen Zopf eines Zweiten
uyo
, verwandt mit dem Haupt-Klan, stemmte seinen Langbogen auf den Boden, legte beide Hände daran und blickte ihn an. »Nhi Vanye, Cousin Chya Rohs. Du bist i Chya, das stimmt, aber ich dachte, es wäre klar, daß du hier nicht klanwillkommen bist.«
    »Sie ist es aber«, sagte er, und das war die richtige Antwort; wenn er einem
liyo
diente, wurde ein
ilin
nicht nach seinem eigenen Gesetz beurteilt: er konnte verbotene Gebiete betreten und war dabei so sicher oder gefährdet wie sie. »Sie ist Morgaine kri Chya, sie hat ein Klanwillkommen, das nie zurückgezogen wurde.«
    Die Männer hatten Angst. Sie machten den Eindruck, als sähen sie ein Traumbild vor sich und versuchten nicht in den Traum gezogen zu werden. Aber dann blickten sie von ihr auf Siptah und wieder zurück, und die Schwerter blieben in den Scheiden, und die Bogen wurden gesenkt.
    »Wir bringen euch nach Ra-koris«, sagte der kleine Mann. »Ich bin Taomen,
tan-uyo.«
    Daraufhin verneigte sich Morgaine höflich vor ihm, und Vanye hielt den Mund, wie es sich für einen Diener gehört, dessen
liyo
sich schließlich doch dazu herabgelassen hat, ihr Geschick in die eigenen Hände zu nehmen.
    Die Chya waren nicht glücklich über die Begegnung. Das Klanwillkommen war formell nicht zurückgezogen worden, weil das eine sinnlose Rache gegenüber einer Toten gewesen wäre. Der junge Lord von Chya, Chya Roh, sein Cousin, den er noch nicht kannte, stand noch immer in Blutfehde mit den Nhi wegen der Entehrung seiner Mutter durch Rijan. Roh war vermutlich nicht weniger begierig darauf, ihn mit einem Pfeil zu durchlöchern, als Myya Gervaine – vermutlich schoß er sogar besser.
    Eine riesige Lichtung tat sich im Koriswald auf, im freundlichen Licht der Mittagssonne strahlend; die gesamte Fläche war gefüllt mit Hütten aus Baumstämmen und Flechtwerk – die Chya waren der einzige Klan ohne Steinburg. Vor langer Zeit hatte es das alte Ra-koris gegeben, ein herrlicher Bau, Sitz der Hochkönige; die Ruinen lagen in einiger Entfernung von diesem Ort und wurden angeblich von den Seelen der Verteidiger heimgesucht, die gegen Hjemur am längsten und mutigsten ausgehalten hatten. Die Enkel und Urenkel der Krieger aus Morgaines Zeit unterhielten nun lediglich diesen hölzernen Bau, ohne Schätze, ohne umfangreiche Besitztümer; zwischen ihnen und dem Hungertod standen lediglich der Bogen und ihre Jagdgeschicklichkeit. Allerdings wirkte keiner der hier Wohnenden krank; die Frauen und Kinder, die die Einreitenden beobachteten, waren aufrecht und groß gewachsen, wenn auch von schlichter Schönheit; dieses Volk besaß eine angenehme Art, die sich sehr von dem ungesunden Äußeren der Leth unterschied.
    Kleine Jungen liefen vor ihnen her; trotzdem ging der Einmarsch seltsam geräuschlos vor sich, als gälte die Disziplin des Jägers sogar zu Hause. Vor dem Torbogen der Haupthütte hatte sich die größte Gruppe versammelt, und hier stiegen sie ab, noch immer von Taomen und seinen Leuten begleitet. Ihre Waffen durften sie behalten, und man

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