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Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel

Titel: Morgaine 1 - Das Tor von Ivrel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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welchen Eid er halten würde.
    Und daß er seinen Bruder töten würde, so wie er schon ein Drittel der Nhi umgebracht hatte. Er hatte dies für seine
liyo
getan, in ihrem Dienst: der
ilin
-Eid zwang ihn dazu, er hatte seine eigenen Angehörigen getötet. Zu etwas Schlimmerem, so war ihm vorgekommen, hätte ihn seine Pflicht nicht treiben können.
    Bis jetzt, bis zu dieser Aufforderung, den Eid zu brechen – und durch sein Schweigen den Bruder zu ermorden.
    Ich bin dir Offenheit schuldig: wenn du
Wechselbalg
einsetzt, wie ich es dir gesagt habe, wirst du sterben.
    Wechselbalg
war nicht wählerisch darin, wen es umbrachte. »Los, hoch mit dir«, sagte Erij. Er befestigte das Schwert am Sattelknopf und hängte seine eigene Waffe auf die rechte Seite, wo sie ihm nicht nützen konnte. Dann ergriff er die Zügel, stieg auf und wartete auf den Bruder.
    Vanye rappelte sich auf und ging zu dem Schwarzen, der mit herabhängenden Zügeln ein Stück entfernt auf der Lichtung stand. Er stellte den Fuß in den Steigbügel und stieg unter heftigem Protest seiner erschöpften Muskeln in den Sattel.
    »Du führst mich«, sagte Erij. »Reite voraus. Und denk an deinen Eid.«
    Vanye ritt auf dem Weg zurück, den sie gekommen waren. Schließlich bog er nach Norden ab, in der Absicht, zur großen Straße zurückzukehren, wenn auch nicht an der Stelle, an der sie sie verlassen hatten. Als sie zwischen den Bäumen auftauchte, stellte er erleichtert fest, daß sich auf dem Schnee noch keine Spuren abzeichneten.
    Plötzlich flatterte etwas aufgescheucht zwischen den Bäumen davon – schneller Flügelschlag in der Dunkelheit. Erij blickte mit haßerfülltem Blick hinterher, der aufrechte Ekel eines Menschen gegenüber den Wesen, die in diesen Wäldern hausten.
    Vanye reagierte schon gar nicht mehr auf solche Geschöpfe. Er legte ein gutes Tempo vor, wohl wissend, daß sie Liell und seinen Männern eine klare Fährte hinterließen; aber daran konnte man nichts ändern. Es gab nur einen schnellen Weg ins Zentrum Hjemurs, und das war diese Straße.
    Der Schwarze war am Ende seiner Kräfte; er hielt das Tempo nicht mehr lange durch, nach all den Mühen auf dem Weg nach Ivrel. Endlich zog Vanye die Zügel an, warf einen Blick über die Schulter und spielte mit dem Gedanken, eine Rast einzulegen. Es war ein ungemütlicher Platz. Auf einer Seite Wald, auf der anderen hohe Felsen.
    »Weiter«, sagte Erij.
    »Ich habe nicht die Absicht, mein Tier umzubringen«, widersprach Vanye, ließ das Tier aber im Schritt weitergehen.
    Dann spornte Erij sein Pferd an, und der Schwarze paßte sich gehorsam dem Tempo an. Vanye unterdrückte seinen Jähzorn und hoffte, daß das Tier bis zu den Toren Ra-hjemurs durchhalten würde.
    Gleich darauf fanden sie Spuren im Schnee – überraschend kreuzte eine Straße, schräg von Ivrel kommend, ihren Weg. Fußabdrücke und Pferdehufe – die Fährten kleingewachsener Nordländer, Hjemurn, vermengt mit den größeren Abdrücken von Menschen: Andurin.
    Und Blut im Schnee, und Tote auf der Straße. Entgegen der Aufforderung seines Bruders stieg Vanye vom Pferd: er ignorierte Erij und ging hastig von einem Toten zum anderen, drehte sie um und sah sich die Gesichter an. Zwei waren Leth. Die anderen drei waren kleine, dunkelhaarige Hjemurn, einer war blond, wie
qujal.
Erleichterung durchströmte ihn.
    Erij zischte, lenkte ihn von der schlimmen Szene ab: plötzlich regte sich etwas, Schnee knirschte, Felsbrocken polterten herab.
    Vanye riß sich aus seinen Gedanken, hob den Kopf und sah einen dunklen Schatten am Felsrand über der Straße hocken.
    Er spurtete los, sprang gegen das Pferd, zerrte sich in den Sattel, als das erschreckte Tier bereits zu galoppieren begann; ungeschickt fischte er nach den Zügeln und bückte sich nach dem Vorbild seines Bruders.
    »Erij!« keuchte er, sobald er wieder zu sich kam. »Hinter uns sind Hjemurn, aber Chya Liell und die Leth sind vor uns – die Hjemurn konnten sie nicht aufhalten. Langsamer, langsamer, sonst holen wir sie noch ein!«
    »Dann hätten wir nur einen Gegner weniger«, meinte Erij. Das galt auch für Morgaine und Roh, wenn sie noch am Leben waren: Erij, der das Schwert führte, würde beide ebenso leichten Herzens umbringen wie Chya Liell und die Leth: Nhis Blutfehde mit den Chya war alt und ereignisreich, während die mit Morgaine seit Irn-Svejur bestand und noch ganz frisch und schmerzhaft war.
    »Gib mir ein Schwert«, wandte sich Vanye an seinen Bruder; er hatte nicht

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