Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan
Hügel in Sicht, umringt von Halblingen: die Pferde gingen schnaubend von allein langsamer, tänzelnd schritten sie aus, erschöpft.
Langsam legte es sich auf die Sinne, jenes bedrückende Gefühl, das Vanye in der Nähe von Toren schon erlebt hatte, jenes kribbelnde Unbehagen, das auf der Haut juckte und die Sinne überreizte. Es war beinahe greifbar, und dann wieder nicht.
Man glaubte es berühren zu können, und dann wieder nicht.
Er erkannte den Ort, der ihr Ziel war, an einem Tag, dessen pastellfarbene Wolken noch dunkel wirkten: Zelte, Pferde, und die Straße endeten an einem Ort, der von geneigten Felsnadeln beschattet wurde.
Der Brunnen.
Der Quell von Shivan.
Es war ein Kreis aus Stehenden Steinen wie in Hiuaj; kein einzelnes Tor, sondern eine ganze Gruppe, und sie waren aktiv. Opalisierende Farben zuckten darin, wie eine Illusion im Tageslicht, ein beständiges Wabern von Kräften, die die Luft mit Unbehagen füllten; doch ein Tor zeigte das Azurblau eines fremden Himmels, der eine schreckliche Tiefe verhieß, dessen Anblick die Augen schmerzen ließ.
Kithan fluchte.
»Es gibt sie wirklich«, sagte der
qujal.
»Es gibt sie
wirklich!«
Vanye zwang den widerstrebenden Wallach zum langsamen Weitergehen, nachdem Jhiruns Stute in plötzlichem Protest gegen ihn gelaufen war; er sah Jhiruns starrende Augen, die auf das Schrecknis der Tore gerichtet waren; die Hand hatte sie an die Brust gelegt, auf Metallstücke und weiße Federfetzen und das Steinkreuz, die ihren Glauben repräsentierten. Mit scharfer Stimme äußerte er ihren Namen, und sie riß den Blick vom Hang los und blieb an seiner Seite.
Das Lager am Fuße des Hügels war bereits in Bewegung geraten. Rufe begleiteten ihre Ankunft, Stimmen, die in der Schwere der Luft dünn und verloren klangen. Blonde Männer in Rüstung traten zusammen und blickten ihnen entgegen:
»Kithan l'Ohtija«,
hörte Vanye im Flüsterton: er löste sein Schwert und legte es vor sich in den Sattel, während sie langsam an bleichen grauäugigen Gesichtern vorbeiritten, sich vordrängend, bis der Druck zu stark wurde, als daß sie noch ohne Gewaltanwendung weiterkommen konnten.
Kithan stellte eine Frage in die Runde. Sie wurde sofort beantwortet, und Kithan hob den Blick zum Fuß des Hügels und wandte sich in diese Richtung. Vanye blieb hinter ihm, Jhirun neben sich, als sich die dichte Hecke der Waffen langsam öffnete und sie durchließ. Er hörte seinen und Bydarras Namen ausgesprochen, er sah die mürrischen, erstaunten Gesichter, die Blicke des Hasses, die Hände, die nach Waffen griffen: der Mann, dem man Bydarras Tod zur Last legte. Vanye hielt sein Gesicht starr und trieb sein Pferd hinter Kithans Tier her.
Reiter kamen durch die Menge, Männer in Dämonenhelmen und Rüstungen; sie bildeten eine Reihe und drängten die Menge zur Seite, schnitten ihnen den Weg ab. Ein Befehl wurde gebrüllt, und zwischen ihnen erschien in der Mitte einer Reihe Lanzenträger eine allzu bekannte Gestalt, mit silbernem Haar, mit der Schönheit eines
qujal
und den Augen eines Menschen.
Hetharu.
Vanye schrie los, zog sein Schwert blank und wollte auf den Mann zugaloppieren, der schützenden Lanzenmauer entgegen, die sein Pferd verwundet zurückscheuen ließ. Einer der Lanzenträger fiel; Vanye hieb auf einen anderen ein, zog das Pferd zur Seite und hieb nach anderen, die seine Flanke bedrohten. Er kam frei; Hetharus Gefolgsleute vergaßen ihre Würde und wichen zurück, eine schuppig gepanzerte Burgwache, die vor ihrem Herrn einen schützenden Bogen bildete.
Vanye holte tief Atem, bewegte die Hand am Schwertgriff, versuchte den schwächsten Kämpfer zu finden — und hörte andere Reiter von der Flanke näher kommen. Jhirun schrie auf; er zog das Tier zurück, riskierte einen Blick in die Richtung, hinter Jhirun, hinter Kithan — und sah den Mann, den er in seiner Verzweiflung zu sehen erwartet hatte.
Roh. Den Bogen auf der Schulter, das Schwert quer auf dem Sattel, hatte Roh sein Tier gezügelt. Ohtija und Sotharra machten ihm Platz, und langsam lenkte er die schwarze Stute in den freigewordenen Raum.
Vanye saß auf dem schwitzenden und verwundeten Wallach, den er am kürzesten Zügel hin und her führte.
Ein anderer Reiter kam herbei; er warf einen entsetzten Blick in die Richtung. Es war Hetharu, der das Schwert in der Hand hielt.
»Wo...«, fragte Roh und lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich, »wo ist Morgaine?«
Vanye zuckte die Achseln, eine kraftlose Bewegung, obgleich
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