Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth
müde«, sagte Roh nach kurzem Schweigen. »Ihr jungen Herren, vielleicht solltet ihr später mit ihm reden.«
»Ja, Herr«, sagte Sin, stand auf, berührte Vanye sanft am Arm, verbeugte sich und verließ das Zelt, gefolgt von Ellur wie von einem kleinen, bleichen Gespenst.
Es war eine Gnade, wie Roh sie ihm noch nicht erwiesen hatte. Er spürte, wie dieser ihn drängte, sich hinzulegen, und er kam der Aufforderung nach. Urplötzlich zitterte er wieder am ganzen Körper. Roh warf eine Decke über ihn und sagte klugerweise nichts mehr.
Endlich döste Vanye ein und fand Erholung im Schlaf. Aber er blieb nicht lange ungestört. »Cousin!« flüsterte Roh und schüttelte ihn. »Vanye.«
Ein Schatten erschien im Zelteingang. Einer der
khemi
hockte in der Öffnung. »Ihr seid wach«, sagte er. »Gut. Dann kommt!«
Vanye antwortete auf Rohs fragenden Blick mit einem Nicken. Sie rafften sich auf, verließen die Enge des Zeltes und standen schließlich blinzelnd im hellen Tageslicht. Vier
arrhendim
erwarteten sie.
»Will Merir uns sofort sprechen?« fragte Vanye. »Vielleicht heute noch; wir wissen es nicht. Aber kommt, dann sorgen wir für euch!«
Roh blieb zweifelnd einige Schritte zurück. »Sie können tun, was sie wollen«, sagte Vanye in seiner Muttersprache, und Roh sah das ein und kam nach. Vanye humpelte sehr. Es behagte ihm nicht, auf den Füßen sein zu müssen, denn er litt Schmerzen und fühlte sich schwindlig vom Fieber; doch was er Roh gesagt hatte, stimmte: sie hatten keine andere Wahl.
So erreichten sie ein großes Zelt und traten ein. Vor sich erblickten sie eine alte
qhalur-
Frau in grauer Robe, die sie mit funkelnden, strengen Augen von oben bis unten musterte. Ihr entging der jämmerliche, verschmutzte Zustand der beiden nicht. »Ich bin Arrhel«, sagte sie mit einer Stimme, in der Autorität lag. »Wunden behandle ich, nicht Schmutz.« Sie gab dem jungen
qhal,
der im Hintergrund stand, ein Zeichen. »Nthien, bring sie hinaus und sieh zu, was du erreichen kannst.
Arrhendim,
ihr helft Nthien, soweit nötig.«
Der junge
qhal
hielt ihnen den Vorhang auf. Er schien nicht mit Widerstand zu rechnen. Vanye setzte sich in Bewegung und hielt kurz inne, um sich vor der alten Frau zu verbeugen. Roh folgte, und der Wächter bildete die Nachhut.
Heißes Wasser stand bereit. Dampfend wurde es durch eine Öffnung in der Hinterwand des Zelts hereingetragen. Auf Nthiens Veranlassung entkleideten sie sich und ließen eine Wäsche über sich ergehen, die sogar das Haar einschloß – Roh mußte das seine aufbinden, was für jeden Menschen eine Schande war; aber ebenso schändlich wäre es gewesen, das Haar nicht mitzuwaschen, und so gab er sein Mißvergnügen durch ein Stirnrunzeln zu verstehen, wehrte sich aber ansonsten nicht. Vanye kannte solchen Stolz schon längst nicht mehr.
Das Wasser schmerzte in seinen Wunden, und Vanye spürte ein Fieber in sich, das behandelt werden mußte; auch Nthien erkannte das nach einem Blick und einer kurzen Berührung und traf in dieser Richtung seine Vorbereitungen. Vanye beobachtete ihn angstvoll, denn vermutlich mußten die schlimmsten Stellen ausgebrannt werden. Roh hatte nur leichte Verletzungen davongetragen, für die ein wenig Salbe genügte, darüber eine Leinenbandage, um den Schmutz abzuhalten; als das vorüber war, setzte sich Roh, in ein sauberes Tuch gehüllt, auf eine Matte, flocht sein Haar wieder zu dem gewohnten Kriegerknoten und verfolgte Nthiens Vorbereitungen nicht minder mißtrauisch als Vanye.
»Setz dich!« sagte Nthien schließlich zu Vanye und deutete auf die Bank, an der er seine Gefäße und Instrumente abgestellt hatte. Aber es ging ohne Ausbrennen ab. Nthiens sanfte Hände bereiteten jede Wunde mit einer betäubenden Salbe vor; einige mußte er öffnen und schickte die anderen
arrhendim
immer wieder mit Instrumenten fort, die gewaschen und zurückgebracht werden mußten, doch seine Behandlung schmerzte kaum. Vanye schloß lediglich die Augen und entspannte sich, nachdem einige schlimme Stellen versorgt worden waren; vertrauensvoll verließ er sich auf die Rücksicht und die Geschicklichkeit des
qhal.
Die schmerzstillende Betäubung dehnte sich von den unangenehmsten Wunden auf die weniger betroffenen Stellen aus, und schließlich blutete nichts mehr; saubere Verbände schützten alles.
Dann untersuchte Nthien das Knie – zu Vanyes Verblüffung rief er Arrhel zu Hilfe, die die faltigen Hände auf das Gelenk legte und fühlte, wie das Gelenk bewegt
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