Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth
anzustarren.
»Khemeis
Vanye«, sagte Merir schließlich, »dein Cousin bringt es fertig, das bißchen Seelenfrieden, das ich gefunden habe, gehörig durcheinanderzubringen. Was möchtest du, daß ich mit ihm anstelle?«
»Laß ihn gehen, wohin auch ich gehe!«
»Arrhel hat dir also gesagt, daß du aufbrichst.«
»Aber nicht, wohin, Lord.«
Merir runzelte die Stirn, lehnte sich zurück und faltete die Hände im Schoß. »Großes Unheil hat deine Lady über dieses Land gebracht. Großen Schaden. Die Situation dürfte noch schlimmer werden. Ich kann davor nicht einfach die Augen verschließen und mir wünschen, es möge fortgehen. Die Willenskraft aller Bewohner Shathans kann die Gefahr nicht aus der Welt schaffen. Trotzdem fürchte ich, daß du uns nicht alles gesagt hast, was du weißt, aber ich muß dennoch auf dich hören.« Sein Blick richtete sich kurz auf Roh und kehrte dann zu Vanye zurück. »Der Verbündete, den du mitzunehmen wünschst: wäre deine Lady mit ihm einverstanden?«
»Ich habe dir geschildert, unter welchen Umständen wir zu Verbündeten geworden sind.«
»Ja. Und doch meine ich, sie würde dich vor dieser Handlungsweise warnen. Und ich tue es ebenfalls. Arrhel sagt, sie wird um seinetwillen tagelang nicht richtig schlafen können, und sie warnt dich auch. Aber du willst darauf nicht hören.«
»Roh wird halten, was er mir versprochen hat.«
»Ach? Mag sein. Vielleicht weißt du es wirklich am besten.
Sieh zu, daß sich deine Erwartung als richtig erweist,
khemeis
Vanye! Wir werden ausziehen, deine Lady Morgaine zu suchen, und du wirst uns begleiten... Und er ebenfalls, da du darauf bestehst; ich behalte mir mein Urteil vor. Ich habe düstere Vorahnungen, hinsichtlich vieler Aspekte unseres Unternehmens, aber wir werden den Ritt unternehmen. Deine Waffen, deine Habseligkeiten, alles soll dir zurückgegeben werden. Deine Freiheit, auch dein Cousin soll sich wieder ungehindert bewegen können. Nur mußt du mir die Zusicherung geben, daß du unter meiner Autorität reitest und meine Befehle als Gesetz achtest.«
»Das kann ich nicht«, sagte Vanye heiser und richtete seine vernarbte Handfläche in Merirs Richtung. »Dies bedeutet, daß ich der Diener meiner Herrin bin – und niemandes sonst. Aber ich werde dir gehorchen, solange dieser Gehorsam ihr dient; ich bitte dich, dies als ausreichend zu akzeptieren.«
»Es soll mir genügen.«
Dankbar preßte Vanye die Stirn gegen die Matte und wagte erst jetzt zu glauben, daß sie wirklich frei waren.
»Trefft eure Vorbereitungen!« sagte Merir. »Wir reiten bald ab, obwohl der Tag schon fortgeschritten ist. Eure Sachen werden euch zurückgegeben.«
Solche Eile entsprach genau Vanyes Wünschen; und es war mehr, als er sich von dem alten Lord zu erhoffen gewagt hatte – und einen Augenblick lang wollte sich Mißtrauen in ihm ausbreiten. Aber dann verneigte er sich ein zweitesmal und stand auf, und Roh erwies dem alten Herrscher ebenfalls seinen Respekt.
Unbewacht durften sie ins Freie treten. Die
arrhendim
waren abgezogen worden.
In ihrem Zelt fanden sie die Dinge, die sie zuvor besessen hatten, wie Merir angekündigt hatte: Waffen und Rüstung, gereinigt und geölt. Roh griff nach seinem Bogen wie ein Mann, der einen verlorenen Freund wiedersieht.
Vanye zeigte sich besorgt von dem düsteren Gesicht seines Cousins. »Roh«, sagte er.
Roh hob den Kopf. Einen Augenblick lang war da der Fremde zu sehen, kalt und drohend angesichts der Kränkungen, die Lord Merir ihm zugefügt hatte.
Und ganz langsam legte Roh den Zorn ab, als wäre es sein Wille, und tat den Bogen auf die Schlafpelze. »Am besten ziehen wir die Rüstung erst am zweiten Tag unseres Rittes an. Du brauchst das Gewicht auf deinen schmerzenden Schultern noch nicht zu ertragen; zweifellos werden wir nicht sofort in der Reichweite unserer Feinde sein.«
»Roh, hintergeh mich nicht, dann will auch ich dich fair behandeln.«
Roh musterte ihn streng. »Du machst dir Sorgen, nicht wahr? Eine Schändlichkeit. Ich bin für sie eine Schändlichkeit. Nett von dir, dich so für mich zu verwenden.«
»Roh... «
»Hast du ihnen nichts über
sie
gesagt, über deine halb
qhalur-
Herrin? Was ist sie denn sonst? Keine reine
qhal.
Und kein reiner Mensch. Zweifellos hat sie genau dasselbe getan wie ich, nichts Edleres, nichts Würdigeres. Und ich glaube, das hast du schon immer gewußt.«
Beinahe hätte Vanye zugeschlagen – zitternd hielt er sich zurück. Es kostete ihn große
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