Morgen des Zorns
dass das Problem bei Ihnen liegt, dann sagen Sie ihm, dass auch Männer unfruchtbar sein können …
Zu diesem Arzt bin ich nicht noch mal hingegangen. Am schlimmsten war es für mich, wenn ich hier vom Balkon unseres Hauses die auf den Dächern und Balkonen aufgehängte Wäsche der Frauen gesehen habe. Besonders wenn mein Blick auf die Kinderkleidung fiel, ihre bunten Hemdchen und die winzigen, einzeln mit einer Wäscheklammer befestigten Strümpfchen, ihre kleinen Handtücher und die Stoffwindeln. Damals hat man die Windeln noch gewaschen und zum Trocknen aufgehängt und nicht wie heute weggeworfen. Es waren schwere Zeiten.
Bevor ich schwanger wurde, bin ich, als dein Vater noch lebte, auf den Markt gegangen, nach Tripolis, und habe Windeln gekauft. Die habe ich gut versteckt, damit mich niemand damit sieht und mich auslacht. Jûssef hatte Angst, ich werde verrückt. Ich habe Kinderkleidung gekauft, kleine Schühchen und alles, was man braucht, ich hatte eine komplette Ausstattung. Manchmal, wenn mein Mann nicht da war, habe ich mich damit getröstet, sie vor mir auszubreiten, ich habe alles, was ich gekauft habe, im Schlafzimmer vor mich hingelegt und angeschaut. Schließlich habe ich sogar darauf bestanden, ein Bett zu kaufen. Ich habe mir gesagt, wenn ich kein Bett kaufe, werde ich kein Kind bekommen. Eine richtige Wiege aus Holz. Es war schwierig, sie unbemerkt ins Haus zu schaffen, mein Mann wollte nicht, dass wir zum Gespött der Leute werden, deshalb haben wir die Wiege nachts aus dem Auto geschleppt. Da steht sie, schau, da neben der Tür. Du bist groß geworden, Elia, du brauchst sie nicht mehr, deshalb habe ich Blumen hineingepflanzt.
Mein Leben wurde immer schwieriger. Vor Wut habe ich mir auf den Bauch geschlagen. Ich bin zu meiner Mutter gelaufen und habe geweint, während sie mir von Frauen erzählte, die schwanger geworden sind, nachdem sie die Hoffnung schon aufgegeben hatten. Die eine mit vierzig, die andere mit fünfundvierzig.
– Gib nicht auf, Kâmleh, lass nicht zu, dass dein Mann sich dir entzieht.
Irgendwann habe ich die Kinder der anderen gehasst. Ich habe es gehasst, wenn über sie gesprochen wurde, und ich habe es gehasst, sie zu sehen, und nach und nach haben meine Freundinnen es vermieden, in meiner Anwesenheit über Kinder zu reden. Früher haben sie lang und breit Neuigkeiten über ihre Kleinen ausgetauscht, als sie bei mir saßen. Anekdötchen aus der Schule, die Qualen der Kindererziehung, die ersten Worte und wie gescheit ihre Kleinen sind.
– Eine Menschenseele wird nur erwachsen, wenn eine andere sich für sie opfert!, stöhnten sie affektiert.
Dieses Stöhnen über die Qualen der Kindererziehung hat mich am meisten geschmerzt. Sicher haben sie mein Unbehagen gespürt, sobald das Gespräch auf die Kinder kam, und deshalb haben sie irgendwann nicht einmal mehr erwähnt, welche unserer Bekannten schwanger war und ein Baby erwartete. Und genauso haben sie es unterlassen, Geschichten übers Abstillen und über Schwangerschaftsgelüste und solche Sachen von sich zu geben. Ich habe beobachtet, wie sie sich hin und wieder zuzwinkerten, um aus Mitleid mit mir das Thema zu wechseln, wenn es mal wieder, wenn auch nur zufällig, um Schwangerschaft oder Geburt, um Taufe oder die Erstkommunion ging. Irgendwann haben sie sogar aufgehört, ihre Kinder mitzubringen, und dann haben sie aufgehört, mich zu besuchen. Meine Gesellschaft war ihnen unerträglich geworden. Die Menschen sind klug, die Frauen wussten, dass das Gerede über Kinder mir weh tat, dass ich fast erstickt bin. Schlimmer als das aber war, dass ich mich irgendwann mit Unglücksnachrichten getröstet habe. Selbst mit Unglücksfällen, die Leuten zustießen, die ich kannte. Meine Mutter aber hat immer fest daran geglaubt, dass ich ein Kind bekomme, und sie hat mir Dutzende Beispiele von späten Schwangerschaften aufgezählt. Jahrelang hat sie immer wieder gesagt: Du bist noch jung, Kâmleh, und mich angespornt, mit meinem Mann zu schlafen.
Tatsächlich haben wir die körperliche Liebe aber etwas vernachlässigt. Du bist ein Mann geworden, warum sollte ich dir das nicht alles erzählen? Dein Vater blieb nachts lange außer Haus. Sein ganzes Leben lang ist er gerne lange aufgeblieben, und ich bin immer früh schlafen gegangen. Einmal hat mir jemand erzählt, er gehe zu Frauen. Ich habe ihn geliebt, und deshalb war es mir egal. Ich habe mir gesagt, solange ich ihm keine Kinder schenke, ist es sein Recht, zu anderen Frauen zu
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