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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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Begehren hielt mich über Wasser, bis ich lernte, meinen stetig wachsenden Bauch um seiner selbst willen zu lieben.
    Schmerz und Lust dieser Tage waren tiefer als alles, was ich je empfunden hatte. Es war, als fühlte man ständig einen riesigen Knoten im Nacken. Oder als würde man so lange an einer Wunde am Knie herumpulen, bis sie rosig leuchtend unter dem dunklen, verkrusteten Blut wieder zum Vorschein kam. Je weniger ich an Mickey herankam, desto mehr klammerte ich mich an ihn, bis ich schließlich wie eine Nacktschnecke an ihm klebte und er mich nicht mehr abschütteln konnte. Obwohl er Stein und Bein schwor, dass er mich in seiner Nähe haben wollte, glaubte ich ihm wohl nie so ganz. Und als Louis sechs Monate alt war, als ich meinen Sohn über alles liebte, überfiel mich periodisch eine panische Angst, dass ich einen Riesenfehler gemacht und einen Mann geheiratet hatte, der mich nie so lieben würde wie ich ihn.
    Manchmal spürte ich, wie er mich ansah. Wenn ich dann aufblickte, lächelte er, und mein Herz machte einen Sprung. Dann glaubte ich, weitermachen zu können, doch tief, tief in mir drin fühlte ich mich wie eine Heuchlerin, weil ich ein Leben führte, das eigentlich nicht zu mir passte. Nicht zu mir gehörte.
    Und dann war da noch Agnes, wie ein Schatten im Flur, wie ein Gespenst, das durch die Räume geisterte, in denen sie einst gelebt, die sie eingerichtet hatte. Die Frau, die Mickey kaum je erwähnte, die er mit geradezu religiösem Eifer aus seinem Leben gestrichen hatte. Die es genauso gut nie gegeben haben könnte, wären da nicht jene dunklen Winternächte gewesen, in denen ich ihn hohläugig und Whisky trinkend auf der Hintertreppe fand, wo er wortlos in die Finsternis starrte. In diesen Augenblicken sagte ich nichts, sondern schmiegte mich nur an ihn, und er hob mich auf und trug mich ins Bett, wo er mich liebte, als hinge sein Leben davon ab. Und ich betete, er möge sich doch erinnern, dass ich es war, die sich im Dunkeln unter ihm bewegte, und dass er nicht etwa von ihr träumte. Nie ließ ich ihn die Tränen sehen, die ich in den frühen Morgenstunden weinte, wenn ich allein erwachte. Ich weinte noch über Louis’ flaumigem Köpfchen, weil mein Ehemann mich nicht so zu lieben schien, wie ich es nötig hatte. Doch da hatte ich wenigstens schon mein Baby. Ich fand Trost in der unglaublichen Liebe zu Louis, die – sobald sie sich eingestellt hatte – immer stärker wurde, bis ich das Gefühl hatte, sie müsse mich zerreißen.
    Und nun sah ich Pauline an, die so verlegen dasaß, fassungsloser, als ich sie je gesehen hatte. Und ich fragte mich, was von alldem noch übrig war. Ich hätte sie umarmen können, so greifbar waren ihre Schuldgefühle.
    »Ich nehme an, ich hätte es dir sagen sollen. Das mit Agnes meine ich.« Doch wir beide wussten, dass sie das nie getan hätte. Schließlich war sie Mickey treu ergeben. Sie liebte ihn so sehr, und ich hatte das immer respektiert.
    »Oh, Pauline, es ist doch nicht dein Fehler. Mickey macht sich nun mal seine eigenen Gesetze, wir beide wissen das doch.« Ich machte gute Miene zum bösen Spiel. »Überhaupt, vielleicht war ja gar nichts, wie du sagst. Vielleicht nur so juristischer Kram. Vielleicht wollte er ja nur, dass ich mir keine Sorgen mache.«
    Doch wir beide wussten, dass das, was ich sagte, nicht der Wahrheit entsprach.
    Plötzlich hatte ich das Gefühl, Freddie stünde hinter mir. Ich fuhr herum – Paulines Enthüllungen hatten mich einigermaßen verlegen gemacht –, doch Freddie war nicht da. Ich hatte mir das wohl nur eingebildet. Als ich ging, ließ Freddie sich nicht blicken, doch während ich mit Pauline auf den Lift zuging, sah ich aus den Augenwinkeln, wie die Schlafzimmertür sich leise schloss. Offensichtlich wollte Freddie mir nicht begegnen. Was mich seltsam berührte. Beunruhigt kehrte ich zurück zu Deb, die auf mich wartete. Irgendetwas stimmte hier nicht, ich war nur nicht sicher, was genau es war.

Kapitel 15
     
    Ich war betrunken. Nicht sturzbetrunken, aber auch nicht allzu weit davon entfernt. Ich war schwankbetrunken, getreu dem Motto: »Fußboden, schwank nicht!« Irgendwie schienen die Ecken runder als sonst. Und nichts lag dort, wo es sein sollte. Ich war biegsam und elastisch wie eine Weide im Sturm. Ich wollte mich anlehnen und immer weiter anlehnen. Ein Stehaufmännchen aus Gummi.
    Ich war nervenzusammenbruchsblau. Shirl war nicht ganz so betrunken, fand ich, aber meine Wirklichkeitswahrnehmung hatte stark

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