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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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gewesen, als wir im letzten Winter ihren vierzigsten Geburtstag gefeiert hatten, kurz bevor Louis zur Welt kam. Ich mochte Pauline. Sie war frech und sah viel jünger aus, als sie tatsächlich war. Sie war klein und stämmig mit riesigen blauen Augen. Eine bodenständige Frau aus Newcastle, ohne die Mickey verloren war. Als ich anfing, im Büro zu arbeiten, jagte sie mir ein bisschen Angst ein. Später empfand ich sie als Konkurrenz, doch sobald ich anfing, mich privat mit Mickey zu treffen, merkte ich, dass die Beziehung zwischen den beiden, sosehr Mickey sich auf sie verließ, doch rein beruflicher Natur war. Denn Pauline war durch und durch Lesbe. Im Augenblick wohnte sie mit ihrer vornehmen, aber recht maskulinen Freundin Freddie und ihrem schlabbernden Mastiff Slobodan zusammen.
    Pauline wartete beim Lift auf mich, braun gebrannt und ausgeruht, eben wie frisch aus den Ferien. Sie umarmte mich, und ich fragte mich, ob ich mir nur einbildete, dass dabei ihre großen Püppchenaugen seltsam leer blieben. »Es tut mir so leid, Schätzchen.«
    Slobodan kam heraus, um mich mit seiner Sabberschnauze anzustupsen, aber Pauline schob ihn zurück in die Wohnung. »Aus, Slob. Ab ins Körbchen, okay?« Sie ging durch den offenen Raum voraus zur frei stehenden Küche. Die große Tür schloss sich hinter ihr. »Schieb ihn einfach weg, wenn er dich nervt. Er hat uns vermisst, der Ärmste. Wir sind erst seit heute Morgen wieder da.«
    Durch die offene Schlafzimmertür sah ich halb ausgepackte Koffer und Plastiktüten vom Duty-Free-Shop auf dem großen Bett. Im Hintergrund hörte ich die Dusche laufen.
    »Ich wollte dich schon anrufen, Jessica, aber du bist mir zuvorgekommen. Es tut mir alles so schrecklich leid. Ich habe auf dem Boot überhaupt nichts mitbekommen. Wir waren total von allem abgeschnitten. Ibiza – jederzeit, aber ein Segelboot … Freddie mag ja für die See geboren sein, aber ich …« Sie öffnete die Balkontür. »Lieber Himmel, hier ist es ja heißer als in Griechenland.«
    Sie setzte Kaffee auf, während ich mich auf einem verchromten Hocker niederließ und all meinen Mut zusammennahm, um ihr zu erklären, weshalb ich hier war. An der Wand hing eine Sammlung von Fotos, darunter eines von Mickey, ganz ungewohnt mit einem Partyhut aus Papier.
    »Er war darüber richtig sauer, Schätzchen.« Sie lächelte, als sie meinen sehnsüchtigen Blick sah. Und doch spürte ich eine gewisse Spannung in ihr wie das Surren einer Fliege.
    »Ich habs mir schon gedacht.«
    »Wie packst du denn das alles, Schätzchen?« Sie reichte mir eine Tasse mit dampfendem Kaffee.
    »Mir geht es gut«, antwortete ich automatisch. Ihre Stirn begann sich zu runzeln.
    »Wirklich?«
    »Nein, natürlich nicht. Mir geht es beschissen. Louis ist jetzt seit …« Ich schluckte. »Seit fünf Tagen ist er weg. Mickey liegt immer noch im Krankenhaus, es geht ihm nicht besonders. Ich bin wie versteinert.«
    »Ach, Kleines.« Sie tat einen Schritt auf mich zu. Da hielt ich es nicht mehr länger aus.
    »Pauline, bitte. Ich muss dich etwas fragen. Du weißt doch schon, worum es geht, oder?«
    Der gepiercte Smaragd in ihrer Nase glitzerte, als ein Sonnenstrahl darauf fiel. »Ja«, meinte sie und setzte ihre Kaffeetasse ab. »Ja, so ist es wohl. Und wahrscheinlich bist du auch nicht zufällig vorbeigekommen, oder?«
    »Hallo.«
    Ich sprang auf, als Freddie plötzlich, in ein riesiges, scharlachrotes Handtuch gehüllt, hinter mir auftauchte. Ihr von der Dusche noch feuchtes, kastanienbraunes Haar stand nach allen Seiten stachlig ab.
    »Wie geht’s dir?«, fragte sie. Sie hatte mir ihren großen, breiten Körper zugewandt und sah mich unverwandt an. »Ich … es tut mir so leid wegen des Babys.« Für eine Lesbe war Freddie wirklich sehr kinderlieb. Ich konnte mich noch erinnern, wie sie auf der Weihnachtsfeier, rührselig und betrunken, unter Paulines Christbaum saß und meinen dicken Bauch streichelte. Aus irgendeinem Grund hatte es mich nicht gestört, was seltsam war, da ich sie ja nicht besonders gut kannte. »Wir werden auch bald eines bekommen«, sagte sie mir und streichelte weiter, obwohl wir uns kaum kannten. »Ein Baby. Ich muss sie nur noch überreden.«
    Jetzt aber traute ich mich nicht mehr zu sprechen. Ich nickte Freddie freundlich zu, während sie sich Kaffee eingoss. Dann nahm sie ihren Tabak und die Blättchen von der Arbeitsplatte.
    »Ich lass euch Kids mal allein.« Sie deutete einen Kuss auf Paulines Scheitel an. Als ich Freddie und

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